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Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905.

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dem Rauchzimmer oftmals kaum herauszubringenden Herren.
"Wir laden jetzt zu Tanzdiners" sagte mir vor wenigen Jahren
eine Hamburger Dame. "Ohne Diner kommt uns kein Herr."
Aber dann, nachdem sie gut gespeist haben, Kaffee und Jm-
portierte genommen, lassen die Herren sich allenfalls herbei, die
jungen Damen ein wenig zu bewegen. - Weniger blasierte
Herren übrigens - das muß man, um gerecht zu sein, doch er-
wähnen - sprechen sich schroff darüber aus, daß ihnen ekelt, wenn
sie sehen müssen, daß oft die an Abenteuer und pikanten Ge-
schichten reichsten Herren auf junge Mädchen und auf deren
Mütter besondere Anziehungskraft üben, während ein nicht
zu den Lebemännern zählender Mann in Gesellschaft weit we-
niger gilt.

Umgekehrt üben ja freilich auch nicht die innerlich tüch-
tigsten, charaktervollsten Mädchen die meiste Anziehungskraft
auf die Männerwelt aus. Neben Anmut und Schönheit, ein
ja tatsächlich jedes Auge erfreuender Besitz, spielen Rang und
Stellung, spielt vor allem auch der Geldbeutel des dazugehö-
renden Vaters eine große Rolle. Gar mancher junge Mann
wie übrigens auch manches junge Mädchen sehen in der
Heirat nur eine bequeme Art Karriere zu machen, sich ange-
nehme äußere Lebensverhältnisse zu schaffen. Wie sie sich
durch solche Art von Ehegemeinschaft für ihr ganzes Leben
entweihen, kommt ihnen nicht in den Sinn.

Man redet so viel von der oft unwürdigen Stellung der
Frau in der Ehe. Unwürdig aber ist die Stellung der Frau
in der Ehe vielfach nur deshalb, weil die Ehe von vornherein
würdelos geschlossen wurde. Wenn Frauen, die ja, wie man
sagt, tonangebend sind in unseren Gesellschaftssitten und
Anschauungen, sich selbst so niedrig einschätzen, daß sie gleich-
viel um welchen Preis nur vor allem zu heiraten suchen,

Krukenberg, Frauenbewegung. 13

dem Rauchzimmer oftmals kaum herauszubringenden Herren.
„Wir laden jetzt zu Tanzdiners“ sagte mir vor wenigen Jahren
eine Hamburger Dame. „Ohne Diner kommt uns kein Herr.“
Aber dann, nachdem sie gut gespeist haben, Kaffee und Jm-
portierte genommen, lassen die Herren sich allenfalls herbei, die
jungen Damen ein wenig zu bewegen. – Weniger blasierte
Herren übrigens – das muß man, um gerecht zu sein, doch er-
wähnen – sprechen sich schroff darüber aus, daß ihnen ekelt, wenn
sie sehen müssen, daß oft die an Abenteuer und pikanten Ge-
schichten reichsten Herren auf junge Mädchen und auf deren
Mütter besondere Anziehungskraft üben, während ein nicht
zu den Lebemännern zählender Mann in Gesellschaft weit we-
niger gilt.

Umgekehrt üben ja freilich auch nicht die innerlich tüch-
tigsten, charaktervollsten Mädchen die meiste Anziehungskraft
auf die Männerwelt aus. Neben Anmut und Schönheit, ein
ja tatsächlich jedes Auge erfreuender Besitz, spielen Rang und
Stellung, spielt vor allem auch der Geldbeutel des dazugehö-
renden Vaters eine große Rolle. Gar mancher junge Mann
wie übrigens auch manches junge Mädchen sehen in der
Heirat nur eine bequeme Art Karriere zu machen, sich ange-
nehme äußere Lebensverhältnisse zu schaffen. Wie sie sich
durch solche Art von Ehegemeinschaft für ihr ganzes Leben
entweihen, kommt ihnen nicht in den Sinn.

Man redet so viel von der oft unwürdigen Stellung der
Frau in der Ehe. Unwürdig aber ist die Stellung der Frau
in der Ehe vielfach nur deshalb, weil die Ehe von vornherein
würdelos geschlossen wurde. Wenn Frauen, die ja, wie man
sagt, tonangebend sind in unseren Gesellschaftssitten und
Anschauungen, sich selbst so niedrig einschätzen, daß sie gleich-
viel um welchen Preis nur vor allem zu heiraten suchen,

Krukenberg, Frauenbewegung. 13
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[193/0203] dem Rauchzimmer oftmals kaum herauszubringenden Herren. „Wir laden jetzt zu Tanzdiners“ sagte mir vor wenigen Jahren eine Hamburger Dame. „Ohne Diner kommt uns kein Herr.“ Aber dann, nachdem sie gut gespeist haben, Kaffee und Jm- portierte genommen, lassen die Herren sich allenfalls herbei, die jungen Damen ein wenig zu bewegen. – Weniger blasierte Herren übrigens – das muß man, um gerecht zu sein, doch er- wähnen – sprechen sich schroff darüber aus, daß ihnen ekelt, wenn sie sehen müssen, daß oft die an Abenteuer und pikanten Ge- schichten reichsten Herren auf junge Mädchen und auf deren Mütter besondere Anziehungskraft üben, während ein nicht zu den Lebemännern zählender Mann in Gesellschaft weit we- niger gilt. Umgekehrt üben ja freilich auch nicht die innerlich tüch- tigsten, charaktervollsten Mädchen die meiste Anziehungskraft auf die Männerwelt aus. Neben Anmut und Schönheit, ein ja tatsächlich jedes Auge erfreuender Besitz, spielen Rang und Stellung, spielt vor allem auch der Geldbeutel des dazugehö- renden Vaters eine große Rolle. Gar mancher junge Mann wie übrigens auch manches junge Mädchen sehen in der Heirat nur eine bequeme Art Karriere zu machen, sich ange- nehme äußere Lebensverhältnisse zu schaffen. Wie sie sich durch solche Art von Ehegemeinschaft für ihr ganzes Leben entweihen, kommt ihnen nicht in den Sinn. Man redet so viel von der oft unwürdigen Stellung der Frau in der Ehe. Unwürdig aber ist die Stellung der Frau in der Ehe vielfach nur deshalb, weil die Ehe von vornherein würdelos geschlossen wurde. Wenn Frauen, die ja, wie man sagt, tonangebend sind in unseren Gesellschaftssitten und Anschauungen, sich selbst so niedrig einschätzen, daß sie gleich- viel um welchen Preis nur vor allem zu heiraten suchen, Krukenberg, Frauenbewegung. 13

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-11-13T13:59:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-08-20T13:59:15Z)
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Zitationshilfe: Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krukenberg_frauenbewegung_1905/203>, abgerufen am 22.11.2024.