ihr und was Auguste Schmidt so natürlich war, auch mit der Frau aus arbeitendem Stande (wie wir uns selbst herabsetzend diesen Stand zu nennen pflegen) einfach und ohne Herab- lassung als Mensch zum Menschen zu sprechen.
Jn ihren Gedichten, die als Spiegelbild ihres Lebens und Denkens anziehend und fesselnd bleiben, auch wenn sie künst- lerisch nicht immer auf der Höhe stehen, hat Luise Otto allem, was sie bewegte und so auch ihrem Empfinden für das Volk Ausdruck gegeben:
Seht Jhr sie sitzen am Klöppelkissen Die Wangen bleich und die Augen rot! Sie mühen sich ab für einen Bissen, Für einen Bissen schwarzes Brot! Die Kinder regen die kleinen Hände, Die Klöppel fliegen hinab, hinauf, Der Müh und Sorge kein Ende, kein Ende! Das ist ihr künftiger Lebenslauf.
Seht Jhr sie sitzen am Klöppelkissen, Seht Jhr die Spitzen, die sie gewebt: Jhr Reichen, Großen - hat das Gewissen Euch nie in innerster Seele gebebt?"
Aber nicht nur durch solche Verse, auch anderweitig suchte sie für die Arbeiterinnen Sympathien zu erwecken, suchte den Gedanken der Organisation der Arbeit auch auf die Frauen auszudehnen. 1848 richtete sie an die Kommission zur Erör- terung der Gewerbs- und Arbeitsverhältnisse und an den Mi- nister eine Adresse, in der sie Arbeitsgelegenheit für die Frauen verlangte, auf die sittlichen Gefahren bei unzureichender Löh- nung der Arbeiterinnen hinwies. Sie schloß mit den Worten: "Glauben Sie nicht, meine Herren, daß Sie die Arbeit genü- gend organisieren können, wenn Sie nur die Arbeit der Män-
ihr und was Auguste Schmidt so natürlich war, auch mit der Frau aus arbeitendem Stande (wie wir uns selbst herabsetzend diesen Stand zu nennen pflegen) einfach und ohne Herab- lassung als Mensch zum Menschen zu sprechen.
Jn ihren Gedichten, die als Spiegelbild ihres Lebens und Denkens anziehend und fesselnd bleiben, auch wenn sie künst- lerisch nicht immer auf der Höhe stehen, hat Luise Otto allem, was sie bewegte und so auch ihrem Empfinden für das Volk Ausdruck gegeben:
Seht Jhr sie sitzen am Klöppelkissen Die Wangen bleich und die Augen rot! Sie mühen sich ab für einen Bissen, Für einen Bissen schwarzes Brot! Die Kinder regen die kleinen Hände, Die Klöppel fliegen hinab, hinauf, Der Müh und Sorge kein Ende, kein Ende! Das ist ihr künftiger Lebenslauf.
Seht Jhr sie sitzen am Klöppelkissen, Seht Jhr die Spitzen, die sie gewebt: Jhr Reichen, Großen – hat das Gewissen Euch nie in innerster Seele gebebt?“
Aber nicht nur durch solche Verse, auch anderweitig suchte sie für die Arbeiterinnen Sympathien zu erwecken, suchte den Gedanken der Organisation der Arbeit auch auf die Frauen auszudehnen. 1848 richtete sie an die Kommission zur Erör- terung der Gewerbs- und Arbeitsverhältnisse und an den Mi- nister eine Adresse, in der sie Arbeitsgelegenheit für die Frauen verlangte, auf die sittlichen Gefahren bei unzureichender Löh- nung der Arbeiterinnen hinwies. Sie schloß mit den Worten: „Glauben Sie nicht, meine Herren, daß Sie die Arbeit genü- gend organisieren können, wenn Sie nur die Arbeit der Män-
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ihr und was Auguste Schmidt so natürlich war, auch mit der
Frau aus arbeitendem Stande (wie wir uns selbst herabsetzend
diesen Stand zu nennen pflegen) einfach und ohne Herab-
lassung als Mensch zum Menschen zu sprechen.
Jn ihren Gedichten, die als Spiegelbild ihres Lebens und
Denkens anziehend und fesselnd bleiben, auch wenn sie künst-
lerisch nicht immer auf der Höhe stehen, hat Luise Otto allem,
was sie bewegte und so auch ihrem Empfinden für das Volk
Ausdruck gegeben:
Seht Jhr sie sitzen am Klöppelkissen
Die Wangen bleich und die Augen rot!
Sie mühen sich ab für einen Bissen,
Für einen Bissen schwarzes Brot!
Die Kinder regen die kleinen Hände,
Die Klöppel fliegen hinab, hinauf,
Der Müh und Sorge kein Ende, kein Ende!
Das ist ihr künftiger Lebenslauf.
Seht Jhr sie sitzen am Klöppelkissen,
Seht Jhr die Spitzen, die sie gewebt:
Jhr Reichen, Großen – hat das Gewissen
Euch nie in innerster Seele gebebt?“
Aber nicht nur durch solche Verse, auch anderweitig suchte
sie für die Arbeiterinnen Sympathien zu erwecken, suchte den
Gedanken der Organisation der Arbeit auch auf die Frauen
auszudehnen. 1848 richtete sie an die Kommission zur Erör-
terung der Gewerbs- und Arbeitsverhältnisse und an den Mi-
nister eine Adresse, in der sie Arbeitsgelegenheit für die Frauen
verlangte, auf die sittlichen Gefahren bei unzureichender Löh-
nung der Arbeiterinnen hinwies. Sie schloß mit den Worten:
„Glauben Sie nicht, meine Herren, daß Sie die Arbeit genü-
gend organisieren können, wenn Sie nur die Arbeit der Män-
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Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krukenberg_frauenbewegung_1905/261>, abgerufen am 18.06.2024.
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