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Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905.

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pflegt. Nur wenn die Frauen überall, wo Gesetze gemacht
werden, mit zur Stelle sein dürfen, wird das Gewissen des
Mannes auch ihnen gegenüber wach genug bleiben, um
Frauenwünsche neben Männerwünschen zu berücksichtigen
und Wohl und Wehe von Mann und von Frau gerecht ab-
zuwägen.

Wir müssen, wenn wir von Gegnern des Frauenstimmrechtes
sprechen, eigentlich von solchen absehen, die nur aus tak-
tischen
Gründen Gegner sind. Zu diesen gehören Männer,
die das Frauenstimmrecht nur fürchten, weil sie die Frauen
der oberen Klassen, auch die Frauen der bürgerlichen Frauen-
bewegung für viel zu bequem und uninteressiert und eng-
denkend halten, als daß sie ein ihnen verliehenes Wahlrecht
ausüben könnten. Sie fürchten deswegen, daß nur die Sozial-
demokratie Vorteil von dem Frauenstimmrecht haben könnten,
vielleicht auch das Zentrum, dem die Frauen von Geistlichen
sicher geführt Stimmenzuwachs bringen würde. Nicht aus
Prinzip, sondern um solcher Nebengründe willen verwerfen sie
z. Z. das Frauenstimmrecht.

Jn gleicher Weise fürchten - auf dem Gebiete des kirch-
lichen Wahlrechtes - Positive die Stärkung der Liberalen,
Liberale das Verstärken konservativ-orthodoxer Strömungen
durch mitwählende Frauen. Könnten sie Stärkung der eigenen
Ansichten erwarten, so würden sie das Stimmrecht nicht be-
kämpfen.

Auch unter Frauen, ja selbst unter Frauenrechtlerinnen,
werden solche politische oder auch kirchlich-religiöse Beden-
ken laut.

Die so sprechen, sind also, wenn auch schwere Hemmnisse
jeglichen Fortschritts, doch eigentlich nicht Gegner des Frauen-
stimmrechtes, für das sie vielmehr, wenn sie - wie z. B.

pflegt. Nur wenn die Frauen überall, wo Gesetze gemacht
werden, mit zur Stelle sein dürfen, wird das Gewissen des
Mannes auch ihnen gegenüber wach genug bleiben, um
Frauenwünsche neben Männerwünschen zu berücksichtigen
und Wohl und Wehe von Mann und von Frau gerecht ab-
zuwägen.

Wir müssen, wenn wir von Gegnern des Frauenstimmrechtes
sprechen, eigentlich von solchen absehen, die nur aus tak-
tischen
Gründen Gegner sind. Zu diesen gehören Männer,
die das Frauenstimmrecht nur fürchten, weil sie die Frauen
der oberen Klassen, auch die Frauen der bürgerlichen Frauen-
bewegung für viel zu bequem und uninteressiert und eng-
denkend halten, als daß sie ein ihnen verliehenes Wahlrecht
ausüben könnten. Sie fürchten deswegen, daß nur die Sozial-
demokratie Vorteil von dem Frauenstimmrecht haben könnten,
vielleicht auch das Zentrum, dem die Frauen von Geistlichen
sicher geführt Stimmenzuwachs bringen würde. Nicht aus
Prinzip, sondern um solcher Nebengründe willen verwerfen sie
z. Z. das Frauenstimmrecht.

Jn gleicher Weise fürchten – auf dem Gebiete des kirch-
lichen Wahlrechtes – Positive die Stärkung der Liberalen,
Liberale das Verstärken konservativ-orthodoxer Strömungen
durch mitwählende Frauen. Könnten sie Stärkung der eigenen
Ansichten erwarten, so würden sie das Stimmrecht nicht be-
kämpfen.

Auch unter Frauen, ja selbst unter Frauenrechtlerinnen,
werden solche politische oder auch kirchlich-religiöse Beden-
ken laut.

Die so sprechen, sind also, wenn auch schwere Hemmnisse
jeglichen Fortschritts, doch eigentlich nicht Gegner des Frauen-
stimmrechtes, für das sie vielmehr, wenn sie – wie z. B.

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[265/0275] pflegt. Nur wenn die Frauen überall, wo Gesetze gemacht werden, mit zur Stelle sein dürfen, wird das Gewissen des Mannes auch ihnen gegenüber wach genug bleiben, um Frauenwünsche neben Männerwünschen zu berücksichtigen und Wohl und Wehe von Mann und von Frau gerecht ab- zuwägen. Wir müssen, wenn wir von Gegnern des Frauenstimmrechtes sprechen, eigentlich von solchen absehen, die nur aus tak- tischen Gründen Gegner sind. Zu diesen gehören Männer, die das Frauenstimmrecht nur fürchten, weil sie die Frauen der oberen Klassen, auch die Frauen der bürgerlichen Frauen- bewegung für viel zu bequem und uninteressiert und eng- denkend halten, als daß sie ein ihnen verliehenes Wahlrecht ausüben könnten. Sie fürchten deswegen, daß nur die Sozial- demokratie Vorteil von dem Frauenstimmrecht haben könnten, vielleicht auch das Zentrum, dem die Frauen von Geistlichen sicher geführt Stimmenzuwachs bringen würde. Nicht aus Prinzip, sondern um solcher Nebengründe willen verwerfen sie z. Z. das Frauenstimmrecht. Jn gleicher Weise fürchten – auf dem Gebiete des kirch- lichen Wahlrechtes – Positive die Stärkung der Liberalen, Liberale das Verstärken konservativ-orthodoxer Strömungen durch mitwählende Frauen. Könnten sie Stärkung der eigenen Ansichten erwarten, so würden sie das Stimmrecht nicht be- kämpfen. Auch unter Frauen, ja selbst unter Frauenrechtlerinnen, werden solche politische oder auch kirchlich-religiöse Beden- ken laut. Die so sprechen, sind also, wenn auch schwere Hemmnisse jeglichen Fortschritts, doch eigentlich nicht Gegner des Frauen- stimmrechtes, für das sie vielmehr, wenn sie – wie z. B.

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Zitationshilfe: Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krukenberg_frauenbewegung_1905/275>, abgerufen am 26.11.2024.