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Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905.

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Unterrichtswesen u. a. m. - Wissen, was treues Zusammen-
stehen von Mann und Weib in Staat und Kirche, in Haus
und Familie, aber auch im öffentlichen Leben bedeutet. Sie
alle heißen die Frau als Mitarbeiterin gern willkommen.

Uns Frauen aber, die wir mit den Besten, den Führen-
den unter den Männern, auf großen Versammlungen zusam-
menarbeiten dürfen, berührt es ganz eigen, berührt es traurig
oder auch wohl humoristisch, je nach Anlage, wenn wir sehen,
wie wenig der Durchschnittsmann mit seiner Zeit vorzuschreiten
versteht, wie unfähig er ist, sich in neue Verhältnisse zu fin-
den, einzusehen, daß Gemeinschaftsarbeit von Mann und Weib
immer dringenderes Bedürfnis wird. Es berührt uns traurig,
in Einzelvereinen, hie Männer hie Frauen, die Trennung der
Geschlechter, die vorübergehend notwendig sein mochte, krampf-
haft aufrecht erhalten zu sehen. Daß angesichts solcher noch weit
verbreiteter Trennung das Frauenstimmrecht wenig Freunde
hat, liegt auf der Hand.

Der Mann stellt aber auch die Behauptung auf, Frauen-
stimmrecht sei unmöglich, weil der Wahlkampf alles "echt
Weibliche" ertöten, die Zartheit der Frau verletzen, sie zum
Mannweibe machen würde.

Eine eigentümliche Erscheinung: vor dem gleich harten,
rücksichtslosen Konkurrenzkampf schützt niemand die Frauen.
Als wenn es leichter für sie wäre, Schulter an Schulter mit
dem Manne in der Berufsarbeit zu stehen, als einen Zettel
zur Wahlurne zu tragen!

Und fühlt denn der Mann, der solches behauptet, nicht,
wie niedrig er sich selber wertet, wenn er meint, Frauen
könnten unmöglich am Wahlgange teilnehmen? So behauptete
er auch einst, Frauen könnten unmöglich zwischen unseren sich
viel zu frei und burschikos benehmenden Studenten sitzen. Die

Unterrichtswesen u. a. m. – Wissen, was treues Zusammen-
stehen von Mann und Weib in Staat und Kirche, in Haus
und Familie, aber auch im öffentlichen Leben bedeutet. Sie
alle heißen die Frau als Mitarbeiterin gern willkommen.

Uns Frauen aber, die wir mit den Besten, den Führen-
den unter den Männern, auf großen Versammlungen zusam-
menarbeiten dürfen, berührt es ganz eigen, berührt es traurig
oder auch wohl humoristisch, je nach Anlage, wenn wir sehen,
wie wenig der Durchschnittsmann mit seiner Zeit vorzuschreiten
versteht, wie unfähig er ist, sich in neue Verhältnisse zu fin-
den, einzusehen, daß Gemeinschaftsarbeit von Mann und Weib
immer dringenderes Bedürfnis wird. Es berührt uns traurig,
in Einzelvereinen, hie Männer hie Frauen, die Trennung der
Geschlechter, die vorübergehend notwendig sein mochte, krampf-
haft aufrecht erhalten zu sehen. Daß angesichts solcher noch weit
verbreiteter Trennung das Frauenstimmrecht wenig Freunde
hat, liegt auf der Hand.

Der Mann stellt aber auch die Behauptung auf, Frauen-
stimmrecht sei unmöglich, weil der Wahlkampf alles „echt
Weibliche“ ertöten, die Zartheit der Frau verletzen, sie zum
Mannweibe machen würde.

Eine eigentümliche Erscheinung: vor dem gleich harten,
rücksichtslosen Konkurrenzkampf schützt niemand die Frauen.
Als wenn es leichter für sie wäre, Schulter an Schulter mit
dem Manne in der Berufsarbeit zu stehen, als einen Zettel
zur Wahlurne zu tragen!

Und fühlt denn der Mann, der solches behauptet, nicht,
wie niedrig er sich selber wertet, wenn er meint, Frauen
könnten unmöglich am Wahlgange teilnehmen? So behauptete
er auch einst, Frauen könnten unmöglich zwischen unseren sich
viel zu frei und burschikos benehmenden Studenten sitzen. Die

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[271/0281] Unterrichtswesen u. a. m. – Wissen, was treues Zusammen- stehen von Mann und Weib in Staat und Kirche, in Haus und Familie, aber auch im öffentlichen Leben bedeutet. Sie alle heißen die Frau als Mitarbeiterin gern willkommen. Uns Frauen aber, die wir mit den Besten, den Führen- den unter den Männern, auf großen Versammlungen zusam- menarbeiten dürfen, berührt es ganz eigen, berührt es traurig oder auch wohl humoristisch, je nach Anlage, wenn wir sehen, wie wenig der Durchschnittsmann mit seiner Zeit vorzuschreiten versteht, wie unfähig er ist, sich in neue Verhältnisse zu fin- den, einzusehen, daß Gemeinschaftsarbeit von Mann und Weib immer dringenderes Bedürfnis wird. Es berührt uns traurig, in Einzelvereinen, hie Männer hie Frauen, die Trennung der Geschlechter, die vorübergehend notwendig sein mochte, krampf- haft aufrecht erhalten zu sehen. Daß angesichts solcher noch weit verbreiteter Trennung das Frauenstimmrecht wenig Freunde hat, liegt auf der Hand. Der Mann stellt aber auch die Behauptung auf, Frauen- stimmrecht sei unmöglich, weil der Wahlkampf alles „echt Weibliche“ ertöten, die Zartheit der Frau verletzen, sie zum Mannweibe machen würde. Eine eigentümliche Erscheinung: vor dem gleich harten, rücksichtslosen Konkurrenzkampf schützt niemand die Frauen. Als wenn es leichter für sie wäre, Schulter an Schulter mit dem Manne in der Berufsarbeit zu stehen, als einen Zettel zur Wahlurne zu tragen! Und fühlt denn der Mann, der solches behauptet, nicht, wie niedrig er sich selber wertet, wenn er meint, Frauen könnten unmöglich am Wahlgange teilnehmen? So behauptete er auch einst, Frauen könnten unmöglich zwischen unseren sich viel zu frei und burschikos benehmenden Studenten sitzen. Die

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-11-13T13:59:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krukenberg_frauenbewegung_1905/281>, abgerufen am 25.11.2024.