deutschen Studenten aber haben solches Gerede Lügen gestraft. Die Frauen, die die Hochschulen besuchen, sind nicht etwa, wie man voraussagte, durch und mit den Studenten verroht, eher haben sie - wenn man Studierenden und Professoren, die ja beide kompetente Beurteiler sind, Glauben schenken will - veredelnd, sittigend eingewirkt auf den Ton in und außer dem Hörsaal.
Auch vor der Wahlurne, daran zweifle ich nicht, würde der deutsche Mann Frauen mit Achtung zu begegnen lernen.
Aber, so hört man nun wieder, die Frauen wollen doch selbst gar nicht wählen, sie sind mit dem jetzigen Zustand durchaus zufrieden.
Jst das der Fall, und ich weiß, daß es oft genug zu- trifft, so erklärt es sich durch die Ahnungslosigkeit oder auch die Gewissenlosigkeit vieler Frauen, ich denke dabei be- sonders an die Mütter, den Dingen des öffentlichen Lebens gegenüber. Sie schicken ihre Söhne in die Welt hinaus. Mit welch unlauteren Einflüssen Jünglinge draußen zu kämpfen haben, das kümmert sie nicht. Sie lassen ihre Töchter einen Beruf ergreifen. Wie schwer die Jnteresselosigkeit der be- rufslosen Frauen auf der Ausgestaltung der Frauenberufe lastet, das wollen oder können sie nicht einsehen. Sie sprechen gern und viel von Mutterpflichten, aber ihr Pflichtge- fühl hört auf, sobald die Kinder die Schwelle des Hauses überschritten haben. Daß die Frau aus Eigeninteresse aber auch kraft ihres Amtes als Mutter teilnehmen muß an der Gestaltung des öffentlichen Lebens, wenn ihr Sorgen und Mühen für ihre Kinder nicht vergeblich oder vom Zufall abhängig bleiben soll, das können viele Frauen noch immer nicht einsehen. Lieber lassen sie ihre Kinder schweren Kampf kämpfen, sie klagen lieber untätig
deutschen Studenten aber haben solches Gerede Lügen gestraft. Die Frauen, die die Hochschulen besuchen, sind nicht etwa, wie man voraussagte, durch und mit den Studenten verroht, eher haben sie – wenn man Studierenden und Professoren, die ja beide kompetente Beurteiler sind, Glauben schenken will – veredelnd, sittigend eingewirkt auf den Ton in und außer dem Hörsaal.
Auch vor der Wahlurne, daran zweifle ich nicht, würde der deutsche Mann Frauen mit Achtung zu begegnen lernen.
Aber, so hört man nun wieder, die Frauen wollen doch selbst gar nicht wählen, sie sind mit dem jetzigen Zustand durchaus zufrieden.
Jst das der Fall, und ich weiß, daß es oft genug zu- trifft, so erklärt es sich durch die Ahnungslosigkeit oder auch die Gewissenlosigkeit vieler Frauen, ich denke dabei be- sonders an die Mütter, den Dingen des öffentlichen Lebens gegenüber. Sie schicken ihre Söhne in die Welt hinaus. Mit welch unlauteren Einflüssen Jünglinge draußen zu kämpfen haben, das kümmert sie nicht. Sie lassen ihre Töchter einen Beruf ergreifen. Wie schwer die Jnteresselosigkeit der be- rufslosen Frauen auf der Ausgestaltung der Frauenberufe lastet, das wollen oder können sie nicht einsehen. Sie sprechen gern und viel von Mutterpflichten, aber ihr Pflichtge- fühl hört auf, sobald die Kinder die Schwelle des Hauses überschritten haben. Daß die Frau aus Eigeninteresse aber auch kraft ihres Amtes als Mutter teilnehmen muß an der Gestaltung des öffentlichen Lebens, wenn ihr Sorgen und Mühen für ihre Kinder nicht vergeblich oder vom Zufall abhängig bleiben soll, das können viele Frauen noch immer nicht einsehen. Lieber lassen sie ihre Kinder schweren Kampf kämpfen, sie klagen lieber untätig
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0282"n="272"/>
deutschen Studenten aber haben solches Gerede Lügen gestraft.<lb/>
Die Frauen, die die Hochschulen besuchen, sind nicht etwa, wie<lb/>
man voraussagte, durch und mit den Studenten verroht, eher<lb/>
haben sie – wenn man Studierenden und Professoren, die ja<lb/>
beide kompetente Beurteiler sind, Glauben schenken will –<lb/>
veredelnd, sittigend eingewirkt auf den Ton in und außer dem<lb/>
Hörsaal.</p><lb/><p>Auch vor der Wahlurne, daran zweifle ich nicht, würde<lb/>
der deutsche Mann Frauen mit Achtung zu begegnen lernen.</p><lb/><p>Aber, so hört man nun wieder, die Frauen wollen<lb/>
doch selbst gar nicht wählen, sie sind mit dem jetzigen Zustand<lb/>
durchaus zufrieden.</p><lb/><p>Jst das der Fall, und ich weiß, daß es oft genug zu-<lb/>
trifft, so erklärt es sich durch die Ahnungslosigkeit oder<lb/>
auch die Gewissenlosigkeit vieler Frauen, ich denke dabei be-<lb/>
sonders an die Mütter, den Dingen des öffentlichen Lebens<lb/>
gegenüber. Sie schicken ihre Söhne in die Welt hinaus. Mit<lb/>
welch unlauteren Einflüssen Jünglinge draußen zu kämpfen<lb/>
haben, das kümmert sie nicht. Sie lassen ihre Töchter einen<lb/>
Beruf ergreifen. Wie schwer die Jnteresselosigkeit der be-<lb/>
rufslosen Frauen auf der Ausgestaltung der Frauenberufe<lb/>
lastet, das wollen oder können sie nicht einsehen. Sie sprechen<lb/>
gern und viel von Mutterpflichten, aber <hirendition="#g">ihr Pflichtge-<lb/>
fühl hört auf, sobald die Kinder die Schwelle<lb/>
des Hauses überschritten haben</hi>. Daß die Frau<lb/>
aus Eigeninteresse aber auch <hirendition="#g">kraft ihres Amtes als<lb/>
Mutter</hi> teilnehmen muß an der Gestaltung des öffentlichen<lb/>
Lebens, wenn ihr Sorgen und Mühen für ihre Kinder nicht<lb/>
vergeblich oder vom Zufall abhängig bleiben soll, das können<lb/>
viele Frauen noch immer nicht einsehen. Lieber lassen sie ihre<lb/>
Kinder schweren Kampf kämpfen, sie klagen lieber untätig<lb/></p></div></body></text></TEI>
[272/0282]
deutschen Studenten aber haben solches Gerede Lügen gestraft.
Die Frauen, die die Hochschulen besuchen, sind nicht etwa, wie
man voraussagte, durch und mit den Studenten verroht, eher
haben sie – wenn man Studierenden und Professoren, die ja
beide kompetente Beurteiler sind, Glauben schenken will –
veredelnd, sittigend eingewirkt auf den Ton in und außer dem
Hörsaal.
Auch vor der Wahlurne, daran zweifle ich nicht, würde
der deutsche Mann Frauen mit Achtung zu begegnen lernen.
Aber, so hört man nun wieder, die Frauen wollen
doch selbst gar nicht wählen, sie sind mit dem jetzigen Zustand
durchaus zufrieden.
Jst das der Fall, und ich weiß, daß es oft genug zu-
trifft, so erklärt es sich durch die Ahnungslosigkeit oder
auch die Gewissenlosigkeit vieler Frauen, ich denke dabei be-
sonders an die Mütter, den Dingen des öffentlichen Lebens
gegenüber. Sie schicken ihre Söhne in die Welt hinaus. Mit
welch unlauteren Einflüssen Jünglinge draußen zu kämpfen
haben, das kümmert sie nicht. Sie lassen ihre Töchter einen
Beruf ergreifen. Wie schwer die Jnteresselosigkeit der be-
rufslosen Frauen auf der Ausgestaltung der Frauenberufe
lastet, das wollen oder können sie nicht einsehen. Sie sprechen
gern und viel von Mutterpflichten, aber ihr Pflichtge-
fühl hört auf, sobald die Kinder die Schwelle
des Hauses überschritten haben. Daß die Frau
aus Eigeninteresse aber auch kraft ihres Amtes als
Mutter teilnehmen muß an der Gestaltung des öffentlichen
Lebens, wenn ihr Sorgen und Mühen für ihre Kinder nicht
vergeblich oder vom Zufall abhängig bleiben soll, das können
viele Frauen noch immer nicht einsehen. Lieber lassen sie ihre
Kinder schweren Kampf kämpfen, sie klagen lieber untätig
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-11-13T13:59:15Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-08-20T13:59:15Z)
Anna Pfundt: Konvertierung nach DTA-Basisformat.
(2015-08-06T11:00:00Z)
Weitere Informationen:
Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.
Bogensignaturen: gekennzeichnet;
Druckfehler: gekennzeichnet;
fremdsprachliches Material: keine Angabe;
Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage;
i/j in Fraktur: keine Angabe;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: keine Angabe;
Kustoden: wie Vorlage;
langes s (ſ): als s transkribiert;
Normalisierungen: keine Angabe;
rundes r (ꝛ): keine Angabe;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: wie Vorlage;
u/v bzw. U/V: keine Angabe;
Vokale mit übergest. e: keine Angabe;
Vollständigkeit: vollständig erfasst;
Zeichensetzung: keine Angabe;
Zeilenumbrüche markiert: ja;
Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krukenberg_frauenbewegung_1905/282>, abgerufen am 18.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.