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Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905.

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nicht nur, sich neue Berufsfelder zu öffnen, es galt den Be-
weis zu erbringen, daß sie keineswegs, wie man behaup-
tete, ein unentwickeltes schwachsinniges Geschöpf sei, sondern
dem Manne, auch betreffs ihrer Geisteskräfte, durchaus
nebengeordnet. Es galt zu zeigen, daß die Frau bil-
dungsfähig sei, so gut wie der Mann
, daß es
wenig logisches Denken verriet, wenn man ihr die Bil-
dungsmöglichkeiten, die man dem Manne ge-
währte, verschloß,
ihre Talente und Anlagen verkümmern
ließ und dann hinterher über ihr geistiges Unvermögen, ihre
Unwissenheit die Achseln zuckte.

Und noch ein anderes bedeutete der Kampf:

Dem Manne, der, ohne nach Frauenwünschen zu fragen,
für sich selbst trefflich sorgte, der nahm, so viel ihm gefiel,
der Gymnasien und Hochschulen für sich schuf zu freiem unge-
hinderten Lernen und Forschen, der die Frauen dagegen -
auch die Ausnahmenaturen unter ihnen - auf Bildungswege
hinwies, die ihm für sein eigenes Geschlecht verächtlich vorge-
kommen wären, galt es, die Frage vorzulegen: "Mit welchem
Rechte beschränkst und bevormundest du uns? Mit welchem
Rechte hinderst du uns, die wir doch auch eine nach Erkenntnis
strebende Seele empfangen, in freier Entwicklung? Und wenn
es tausendmal wahr wäre, daß - bei Eröffnung der Univer-
sitäten - hie und da mittelmäßig begabte Frauen sich zum Stu-
dium herandrängen sollten (auch mittelmäßig begabte Männer
tun das gleiche) und wenn auch die Frauen - selbst die besten
unter ihnen - vielleicht niemals soviel zu leisten vermöchten,
wie die wenigen Auserwählten unter den Männern, die aber
doch auch nur vereinzelt die Menge überragen, in dem
allem liegt kein Grund, die Frau auszuschließen von dem, was
auch ihr Freude und Erquickung sein würde. Warum hindert

nicht nur, sich neue Berufsfelder zu öffnen, es galt den Be-
weis zu erbringen, daß sie keineswegs, wie man behaup-
tete, ein unentwickeltes schwachsinniges Geschöpf sei, sondern
dem Manne, auch betreffs ihrer Geisteskräfte, durchaus
nebengeordnet. Es galt zu zeigen, daß die Frau bil-
dungsfähig sei, so gut wie der Mann
, daß es
wenig logisches Denken verriet, wenn man ihr die Bil-
dungsmöglichkeiten, die man dem Manne ge-
währte, verschloß,
ihre Talente und Anlagen verkümmern
ließ und dann hinterher über ihr geistiges Unvermögen, ihre
Unwissenheit die Achseln zuckte.

Und noch ein anderes bedeutete der Kampf:

Dem Manne, der, ohne nach Frauenwünschen zu fragen,
für sich selbst trefflich sorgte, der nahm, so viel ihm gefiel,
der Gymnasien und Hochschulen für sich schuf zu freiem unge-
hinderten Lernen und Forschen, der die Frauen dagegen –
auch die Ausnahmenaturen unter ihnen – auf Bildungswege
hinwies, die ihm für sein eigenes Geschlecht verächtlich vorge-
kommen wären, galt es, die Frage vorzulegen: „Mit welchem
Rechte beschränkst und bevormundest du uns? Mit welchem
Rechte hinderst du uns, die wir doch auch eine nach Erkenntnis
strebende Seele empfangen, in freier Entwicklung? Und wenn
es tausendmal wahr wäre, daß – bei Eröffnung der Univer-
sitäten – hie und da mittelmäßig begabte Frauen sich zum Stu-
dium herandrängen sollten (auch mittelmäßig begabte Männer
tun das gleiche) und wenn auch die Frauen – selbst die besten
unter ihnen – vielleicht niemals soviel zu leisten vermöchten,
wie die wenigen Auserwählten unter den Männern, die aber
doch auch nur vereinzelt die Menge überragen, in dem
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auch ihr Freude und Erquickung sein würde. Warum hindert

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[72/0082] nicht nur, sich neue Berufsfelder zu öffnen, es galt den Be- weis zu erbringen, daß sie keineswegs, wie man behaup- tete, ein unentwickeltes schwachsinniges Geschöpf sei, sondern dem Manne, auch betreffs ihrer Geisteskräfte, durchaus nebengeordnet. Es galt zu zeigen, daß die Frau bil- dungsfähig sei, so gut wie der Mann, daß es wenig logisches Denken verriet, wenn man ihr die Bil- dungsmöglichkeiten, die man dem Manne ge- währte, verschloß, ihre Talente und Anlagen verkümmern ließ und dann hinterher über ihr geistiges Unvermögen, ihre Unwissenheit die Achseln zuckte. Und noch ein anderes bedeutete der Kampf: Dem Manne, der, ohne nach Frauenwünschen zu fragen, für sich selbst trefflich sorgte, der nahm, so viel ihm gefiel, der Gymnasien und Hochschulen für sich schuf zu freiem unge- hinderten Lernen und Forschen, der die Frauen dagegen – auch die Ausnahmenaturen unter ihnen – auf Bildungswege hinwies, die ihm für sein eigenes Geschlecht verächtlich vorge- kommen wären, galt es, die Frage vorzulegen: „Mit welchem Rechte beschränkst und bevormundest du uns? Mit welchem Rechte hinderst du uns, die wir doch auch eine nach Erkenntnis strebende Seele empfangen, in freier Entwicklung? Und wenn es tausendmal wahr wäre, daß – bei Eröffnung der Univer- sitäten – hie und da mittelmäßig begabte Frauen sich zum Stu- dium herandrängen sollten (auch mittelmäßig begabte Männer tun das gleiche) und wenn auch die Frauen – selbst die besten unter ihnen – vielleicht niemals soviel zu leisten vermöchten, wie die wenigen Auserwählten unter den Männern, die aber doch auch nur vereinzelt die Menge überragen, in dem allem liegt kein Grund, die Frau auszuschließen von dem, was auch ihr Freude und Erquickung sein würde. Warum hindert

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-11-13T13:59:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-08-20T13:59:15Z)
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Zitationshilfe: Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krukenberg_frauenbewegung_1905/82>, abgerufen am 24.11.2024.