Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.als blicke ein siegender Muth durch seinen stillen Ernst hervor. Sie erfuhr, daß er die Tage in großer Thätigkeit verbrachte, daß er nicht allein über die Batterie, sondern auch über den beschädigten Schooner wachte, welcher, oder auch ein anderer, ihm bald übergeben werden würde. Auch für Holger's Verwundete sorgte er mit treuer Sorgfalt; es war als hätte er alle seine Sorgen und Pflichten übernommen, und er ordnete mit rascher Umsicht Alles, was der Augenblick erheischte; aber dann war es auch, als wenn die ganze Schwere seines Verlustes ihn zu Boden drückte, in den ruhigen Stunden, die er ernst, sehr oft in einer trüben feierlichen Stimmung, bei seiner Braut verlebte. Sie suchte ihn zu erheitern, aber es gelang ihr nur, seinen stillen Ernst in eine bei ihm befremdende weiche Wehmuth aufzulösen. Schnell nahete indeß der Tag, der zu Holger's höchst feierlichem Begräbniß bestimmt war. Den Abend vorher wurde er, der Landessitte gemäß, in voller Uniform in dem offenen Sarge liegend in seiner Wohnung öffentlich zur Schau ausgestellt. Fast die ganze Stadt strömte zusammen, um den gefeierten Heros zu sehen, von dessen durch die Verherrlichung seiner Flagge erkämpfter Glorie sie entfernt Zeuge gewesen. Woldemar allein ging nicht hin. Ja er hatte nicht einmal die Leiche seit jener Nacht sehen wollen. Er blieb diesen Abend, in vorher erwähnter Stimmung, länger als gewöhnlich beii seiner Braut; denn er hatte auf als blicke ein siegender Muth durch seinen stillen Ernst hervor. Sie erfuhr, daß er die Tage in großer Thätigkeit verbrachte, daß er nicht allein über die Batterie, sondern auch über den beschädigten Schooner wachte, welcher, oder auch ein anderer, ihm bald übergeben werden würde. Auch für Holger's Verwundete sorgte er mit treuer Sorgfalt; es war als hätte er alle seine Sorgen und Pflichten übernommen, und er ordnete mit rascher Umsicht Alles, was der Augenblick erheischte; aber dann war es auch, als wenn die ganze Schwere seines Verlustes ihn zu Boden drückte, in den ruhigen Stunden, die er ernst, sehr oft in einer trüben feierlichen Stimmung, bei seiner Braut verlebte. Sie suchte ihn zu erheitern, aber es gelang ihr nur, seinen stillen Ernst in eine bei ihm befremdende weiche Wehmuth aufzulösen. Schnell nahete indeß der Tag, der zu Holger's höchst feierlichem Begräbniß bestimmt war. Den Abend vorher wurde er, der Landessitte gemäß, in voller Uniform in dem offenen Sarge liegend in seiner Wohnung öffentlich zur Schau ausgestellt. Fast die ganze Stadt strömte zusammen, um den gefeierten Heros zu sehen, von dessen durch die Verherrlichung seiner Flagge erkämpfter Glorie sie entfernt Zeuge gewesen. Woldemar allein ging nicht hin. Ja er hatte nicht einmal die Leiche seit jener Nacht sehen wollen. Er blieb diesen Abend, in vorher erwähnter Stimmung, länger als gewöhnlich beii seiner Braut; denn er hatte auf <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0100"/> als blicke ein siegender Muth durch seinen stillen Ernst hervor. Sie erfuhr, daß er die Tage in großer Thätigkeit verbrachte, daß er nicht allein über die Batterie, sondern auch über den beschädigten Schooner wachte, welcher, oder auch ein anderer, ihm bald übergeben werden würde. Auch für Holger's Verwundete sorgte er mit treuer Sorgfalt; es war als hätte er alle seine Sorgen und Pflichten übernommen, und er ordnete mit rascher Umsicht Alles, was der Augenblick erheischte; aber dann war es auch, als wenn die ganze Schwere seines Verlustes ihn zu Boden drückte, in den ruhigen Stunden, die er ernst, sehr oft in einer trüben feierlichen Stimmung, bei seiner Braut verlebte. Sie suchte ihn zu erheitern, aber es gelang ihr nur, seinen stillen Ernst in eine bei ihm befremdende weiche Wehmuth aufzulösen.</p><lb/> <p>Schnell nahete indeß der Tag, der zu Holger's höchst feierlichem Begräbniß bestimmt war. Den Abend vorher wurde er, der Landessitte gemäß, in voller Uniform in dem offenen Sarge liegend in seiner Wohnung öffentlich zur Schau ausgestellt. Fast die ganze Stadt strömte zusammen, um den gefeierten Heros zu sehen, von dessen durch die Verherrlichung seiner Flagge erkämpfter Glorie sie entfernt Zeuge gewesen. Woldemar allein ging nicht hin. Ja er hatte nicht einmal die Leiche seit jener Nacht sehen wollen. Er blieb diesen Abend, in vorher erwähnter Stimmung, länger als gewöhnlich beii seiner Braut; denn er hatte auf<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0100]
als blicke ein siegender Muth durch seinen stillen Ernst hervor. Sie erfuhr, daß er die Tage in großer Thätigkeit verbrachte, daß er nicht allein über die Batterie, sondern auch über den beschädigten Schooner wachte, welcher, oder auch ein anderer, ihm bald übergeben werden würde. Auch für Holger's Verwundete sorgte er mit treuer Sorgfalt; es war als hätte er alle seine Sorgen und Pflichten übernommen, und er ordnete mit rascher Umsicht Alles, was der Augenblick erheischte; aber dann war es auch, als wenn die ganze Schwere seines Verlustes ihn zu Boden drückte, in den ruhigen Stunden, die er ernst, sehr oft in einer trüben feierlichen Stimmung, bei seiner Braut verlebte. Sie suchte ihn zu erheitern, aber es gelang ihr nur, seinen stillen Ernst in eine bei ihm befremdende weiche Wehmuth aufzulösen.
Schnell nahete indeß der Tag, der zu Holger's höchst feierlichem Begräbniß bestimmt war. Den Abend vorher wurde er, der Landessitte gemäß, in voller Uniform in dem offenen Sarge liegend in seiner Wohnung öffentlich zur Schau ausgestellt. Fast die ganze Stadt strömte zusammen, um den gefeierten Heros zu sehen, von dessen durch die Verherrlichung seiner Flagge erkämpfter Glorie sie entfernt Zeuge gewesen. Woldemar allein ging nicht hin. Ja er hatte nicht einmal die Leiche seit jener Nacht sehen wollen. Er blieb diesen Abend, in vorher erwähnter Stimmung, länger als gewöhnlich beii seiner Braut; denn er hatte auf
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Zitationshilfe: | Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kruse_freundschaft_1910/100>, abgerufen am 16.07.2024. |