Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.äußerte diese in einer bei ihm ungewöhnlichen heitern Ausgelassenheit. Durch ein zufälliges Geräusch war er mit Mehreren zu dem Fenster gelockt, stieß es auf und starrte in den großen Hof, der mit einem glänzenden Teppich von neugefallenem Schnee bedeckt war, hinunter; aber alles war ruhig. Die Uebrigen kehrten zurück, er allein blieb nachdenkend stehen; einige Aeußerungen waren mitten in der allgemeinen Freude gefallen, welche ihn verstimmt hatten. -- War es wirklich so, oder täuschte ihn eine innere Stimme. die ihm zuzuflüstern schien, daß dieser auserwählte Kreis ihn nicht mit gleicher Würdigung ansehe? In seiner durch Wein aufgeregten Laune tolldreist geworden, erst aus Verzweiflung, später aus Gewohnheit, sann er darauf, wie er durch irgend einen tollen Streich sichin der Meinung, in der er wähnte, verloren zu haben, wieder erheben könnte. In diesem Augenblicke wurde er gefragt: warum er so in sich versunken stünde. Unwillkürlich auf das dreiviertel Ellen breite Gesims, das unter den Fenstern den ganzen Palast entlang hinlief, niederstarrend, sagte er lächelnd und übermüthig: In dem äußersten Cabinet in dieser Zimmerreihe schläft, wie ihr wißt, das hübsche Kammermädchen der Gemahlin unsers Chefs. -- Wir haben dem Blitzmädel so oft einen Besuch angekündigt, welcher doch auf dem richtigen Wege dahin unmöglich ist, weil das Schlafzimmer ihrer Herrschaft dazwischen ist und die äußerte diese in einer bei ihm ungewöhnlichen heitern Ausgelassenheit. Durch ein zufälliges Geräusch war er mit Mehreren zu dem Fenster gelockt, stieß es auf und starrte in den großen Hof, der mit einem glänzenden Teppich von neugefallenem Schnee bedeckt war, hinunter; aber alles war ruhig. Die Uebrigen kehrten zurück, er allein blieb nachdenkend stehen; einige Aeußerungen waren mitten in der allgemeinen Freude gefallen, welche ihn verstimmt hatten. — War es wirklich so, oder täuschte ihn eine innere Stimme. die ihm zuzuflüstern schien, daß dieser auserwählte Kreis ihn nicht mit gleicher Würdigung ansehe? In seiner durch Wein aufgeregten Laune tolldreist geworden, erst aus Verzweiflung, später aus Gewohnheit, sann er darauf, wie er durch irgend einen tollen Streich sichin der Meinung, in der er wähnte, verloren zu haben, wieder erheben könnte. In diesem Augenblicke wurde er gefragt: warum er so in sich versunken stünde. Unwillkürlich auf das dreiviertel Ellen breite Gesims, das unter den Fenstern den ganzen Palast entlang hinlief, niederstarrend, sagte er lächelnd und übermüthig: In dem äußersten Cabinet in dieser Zimmerreihe schläft, wie ihr wißt, das hübsche Kammermädchen der Gemahlin unsers Chefs. — Wir haben dem Blitzmädel so oft einen Besuch angekündigt, welcher doch auf dem richtigen Wege dahin unmöglich ist, weil das Schlafzimmer ihrer Herrschaft dazwischen ist und die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0022"/> äußerte diese in einer bei ihm ungewöhnlichen heitern Ausgelassenheit.</p><lb/> <p>Durch ein zufälliges Geräusch war er mit Mehreren zu dem Fenster gelockt, stieß es auf und starrte in den großen Hof, der mit einem glänzenden Teppich von neugefallenem Schnee bedeckt war, hinunter; aber alles war ruhig. Die Uebrigen kehrten zurück, er allein blieb nachdenkend stehen; einige Aeußerungen waren mitten in der allgemeinen Freude gefallen, welche ihn verstimmt hatten. — War es wirklich so, oder täuschte ihn eine innere Stimme. die ihm zuzuflüstern schien, daß dieser auserwählte Kreis ihn nicht mit gleicher Würdigung ansehe? In seiner durch Wein aufgeregten Laune tolldreist geworden, erst aus Verzweiflung, später aus Gewohnheit, sann er darauf, wie er durch irgend einen tollen Streich sichin der Meinung, in der er wähnte, verloren zu haben, wieder erheben könnte. In diesem Augenblicke wurde er gefragt: warum er so in sich versunken stünde.</p><lb/> <p>Unwillkürlich auf das dreiviertel Ellen breite Gesims, das unter den Fenstern den ganzen Palast entlang hinlief, niederstarrend, sagte er lächelnd und übermüthig: In dem äußersten Cabinet in dieser Zimmerreihe schläft, wie ihr wißt, das hübsche Kammermädchen der Gemahlin unsers Chefs. — Wir haben dem Blitzmädel so oft einen Besuch angekündigt, welcher doch auf dem richtigen Wege dahin unmöglich ist, weil das Schlafzimmer ihrer Herrschaft dazwischen ist und die<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0022]
äußerte diese in einer bei ihm ungewöhnlichen heitern Ausgelassenheit.
Durch ein zufälliges Geräusch war er mit Mehreren zu dem Fenster gelockt, stieß es auf und starrte in den großen Hof, der mit einem glänzenden Teppich von neugefallenem Schnee bedeckt war, hinunter; aber alles war ruhig. Die Uebrigen kehrten zurück, er allein blieb nachdenkend stehen; einige Aeußerungen waren mitten in der allgemeinen Freude gefallen, welche ihn verstimmt hatten. — War es wirklich so, oder täuschte ihn eine innere Stimme. die ihm zuzuflüstern schien, daß dieser auserwählte Kreis ihn nicht mit gleicher Würdigung ansehe? In seiner durch Wein aufgeregten Laune tolldreist geworden, erst aus Verzweiflung, später aus Gewohnheit, sann er darauf, wie er durch irgend einen tollen Streich sichin der Meinung, in der er wähnte, verloren zu haben, wieder erheben könnte. In diesem Augenblicke wurde er gefragt: warum er so in sich versunken stünde.
Unwillkürlich auf das dreiviertel Ellen breite Gesims, das unter den Fenstern den ganzen Palast entlang hinlief, niederstarrend, sagte er lächelnd und übermüthig: In dem äußersten Cabinet in dieser Zimmerreihe schläft, wie ihr wißt, das hübsche Kammermädchen der Gemahlin unsers Chefs. — Wir haben dem Blitzmädel so oft einen Besuch angekündigt, welcher doch auf dem richtigen Wege dahin unmöglich ist, weil das Schlafzimmer ihrer Herrschaft dazwischen ist und die
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Zitationshilfe: | Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kruse_freundschaft_1910/22>, abgerufen am 16.07.2024. |