beinigen Rothhaare sind wie ungeleckte Bären. Da ist kein Sinn und Begriff drin. Was hilft der Kuh die Muskate? heißt's da. Wir schrieen uns die Ohren taub wie bei'm babylonischen Thurm und fuhren uns vor den Augen herum wie in der ägyptischen Finsterniß; sie spuckten mir ihre Tabaksknülle ein paar tausendmal vor die Füße, das war all ihre Kunst. Garstig becomplimentirten wir uns aus einander.
Danken Sie Gott, rief Benthal, Sie haben sich ein Capital ge¬ rettet. Wie in aller Welt wandelt Sie die Großmuth an, Herr Bertling, daß Sie den Schwarz'schen Brennapparat so ohne Weiters zum Besten geben? Werden Sie nicht selbst Ihr Hauptgeschäft damit machen, wenn Ihr Vorspann, wie Sie sagen, anlangt? O Deutschland, wann wirst du aufhören, die Welt auszustatten, und anfangen, an dich selbst zu denken! Anstatt die eigenen Kunstgriffe für sich zu be¬ halten und fremde dazu zu lernen, machen Sie's umgekehrt; den Schwarz'schen Apparat geben Sie hintan und tauschen nichts ein dafür von der hiesigen Technik. Herrn Ludlow auf Brooklyn kenne ich nicht, wie ich mir überhaupt in drei Tagen nichts Amerikanisches kennen zu lernen getraue, aber lassen Sie die Fabrik Carrey ja nicht ungesehen als Fachmann. Sehen Sie sich die großen Arbeiten für die südlichen Zuckersiedereien an, das kommt uns in Deutschland doch nicht vor. Was sag' ich? Betrachten Sie den nächst besten amerikanischen Nagel! Er hat an seinen vier Ecken feine scharfe Widerhacken, die ihn unaus¬ reißbar mit dem Holze verbinden, ist auch gegossen, nicht geschmiedet. Ich wollte, es läge auf allen deutschen Agenturen nur ein einziger solcher Nagel auf, daß wir bis in's Kleinste ein Bild davon bekämen, wie verschieden von uns hier fabricirt wird. Mancher deutsche Pro¬ fessionist wäre dann weniger rasch, auf seine Profession auszuwandern.
Der Rector magnificus hat Recht, sagt ein Berliner Maschinen¬ bauer; ich kam herüber in der Meinung, wenigstens Werkführer oder Factor zu werden mit meinen Kenntnissen. Es ist mir auch nicht bange, daß ich's in einigen Jahren bin, für den Anfang aber muß ich froh sein, auf halben Sold einen halben Lehrling zu machen. Es sind ganz andere Constructionen hier. Es ist ein Unterschied, wie Feuersteinschloß und Percussionsschloß; jedes Stift wird hier anders
D.B. VII. Der Amerika-Müde. 8
beinigen Rothhaare ſind wie ungeleckte Bären. Da iſt kein Sinn und Begriff drin. Was hilft der Kuh die Muskate? heißt's da. Wir ſchrieen uns die Ohren taub wie bei'm babyloniſchen Thurm und fuhren uns vor den Augen herum wie in der ägyptiſchen Finſterniß; ſie ſpuckten mir ihre Tabaksknülle ein paar tauſendmal vor die Füße, das war all ihre Kunſt. Garſtig becomplimentirten wir uns aus einander.
Danken Sie Gott, rief Benthal, Sie haben ſich ein Capital ge¬ rettet. Wie in aller Welt wandelt Sie die Großmuth an, Herr Bertling, daß Sie den Schwarz'ſchen Brennapparat ſo ohne Weiters zum Beſten geben? Werden Sie nicht ſelbſt Ihr Hauptgeſchäft damit machen, wenn Ihr Vorſpann, wie Sie ſagen, anlangt? O Deutſchland, wann wirſt du aufhören, die Welt auszuſtatten, und anfangen, an dich ſelbſt zu denken! Anſtatt die eigenen Kunſtgriffe für ſich zu be¬ halten und fremde dazu zu lernen, machen Sie's umgekehrt; den Schwarz'ſchen Apparat geben Sie hintan und tauſchen nichts ein dafür von der hieſigen Technik. Herrn Ludlow auf Brooklyn kenne ich nicht, wie ich mir überhaupt in drei Tagen nichts Amerikaniſches kennen zu lernen getraue, aber laſſen Sie die Fabrik Carrey ja nicht ungeſehen als Fachmann. Sehen Sie ſich die großen Arbeiten für die ſüdlichen Zuckerſiedereien an, das kommt uns in Deutſchland doch nicht vor. Was ſag' ich? Betrachten Sie den nächſt beſten amerikaniſchen Nagel! Er hat an ſeinen vier Ecken feine ſcharfe Widerhacken, die ihn unaus¬ reißbar mit dem Holze verbinden, iſt auch gegoſſen, nicht geſchmiedet. Ich wollte, es läge auf allen deutſchen Agenturen nur ein einziger ſolcher Nagel auf, daß wir bis in's Kleinſte ein Bild davon bekämen, wie verſchieden von uns hier fabricirt wird. Mancher deutſche Pro¬ feſſioniſt wäre dann weniger raſch, auf ſeine Profeſſion auszuwandern.
Der Rector magnificus hat Recht, ſagt ein Berliner Maſchinen¬ bauer; ich kam herüber in der Meinung, wenigſtens Werkführer oder Factor zu werden mit meinen Kenntniſſen. Es iſt mir auch nicht bange, daß ich's in einigen Jahren bin, für den Anfang aber muß ich froh ſein, auf halben Sold einen halben Lehrling zu machen. Es ſind ganz andere Conſtructionen hier. Es iſt ein Unterſchied, wie Feuerſteinſchloß und Percuſſionsſchloß; jedes Stift wird hier anders
D.B. VII. Der Amerika-Müde. 8
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0131"n="113"/>
beinigen Rothhaare ſind wie ungeleckte Bären. Da iſt kein Sinn und<lb/>
Begriff drin. Was hilft der Kuh die Muskate? heißt's da. Wir<lb/>ſchrieen uns die Ohren taub wie bei'm babyloniſchen Thurm und<lb/>
fuhren uns vor den Augen herum wie in der ägyptiſchen Finſterniß;<lb/>ſie ſpuckten mir ihre Tabaksknülle ein paar tauſendmal vor die Füße,<lb/>
das war all ihre Kunſt. Garſtig becomplimentirten wir uns aus<lb/>
einander.</p><lb/><p>Danken Sie Gott, rief Benthal, Sie haben ſich ein Capital ge¬<lb/>
rettet. Wie in aller Welt wandelt Sie die Großmuth an, Herr<lb/>
Bertling, daß Sie den Schwarz'ſchen Brennapparat ſo ohne Weiters<lb/>
zum Beſten geben? Werden Sie nicht ſelbſt Ihr Hauptgeſchäft damit<lb/>
machen, wenn Ihr Vorſpann, wie Sie ſagen, anlangt? O Deutſchland,<lb/>
wann wirſt du aufhören, die Welt auszuſtatten, und anfangen, an<lb/>
dich ſelbſt zu denken! Anſtatt die eigenen Kunſtgriffe für ſich zu be¬<lb/>
halten und fremde dazu zu lernen, machen Sie's umgekehrt; den<lb/>
Schwarz'ſchen Apparat geben Sie hintan und tauſchen nichts ein dafür<lb/>
von der hieſigen Technik. Herrn Ludlow auf Brooklyn kenne ich nicht,<lb/>
wie ich mir überhaupt in drei Tagen nichts Amerikaniſches kennen zu<lb/>
lernen getraue, aber laſſen Sie die Fabrik Carrey ja nicht ungeſehen<lb/>
als Fachmann. Sehen Sie ſich die großen Arbeiten für die ſüdlichen<lb/>
Zuckerſiedereien an, das kommt uns in Deutſchland doch nicht vor.<lb/>
Was ſag' ich? Betrachten Sie den nächſt beſten amerikaniſchen Nagel!<lb/>
Er hat an ſeinen vier Ecken feine ſcharfe Widerhacken, die ihn unaus¬<lb/>
reißbar mit dem Holze verbinden, iſt auch gegoſſen, nicht geſchmiedet.<lb/>
Ich wollte, es läge auf allen deutſchen Agenturen nur ein einziger<lb/>ſolcher Nagel auf, daß wir bis in's Kleinſte ein Bild davon bekämen,<lb/>
wie verſchieden von uns hier fabricirt wird. Mancher deutſche Pro¬<lb/>
feſſioniſt wäre dann weniger raſch, auf ſeine Profeſſion auszuwandern.</p><lb/><p>Der <hirendition="#aq">Rector magnificus</hi> hat Recht, ſagt ein Berliner Maſchinen¬<lb/>
bauer; ich kam herüber in der Meinung, wenigſtens Werkführer oder<lb/>
Factor zu werden mit meinen Kenntniſſen. Es iſt mir auch nicht<lb/>
bange, daß ich's in einigen Jahren bin, für den Anfang aber muß<lb/>
ich froh ſein, auf halben Sold einen halben Lehrling zu machen. Es<lb/>ſind ganz andere Conſtructionen hier. Es iſt ein Unterſchied, wie<lb/>
Feuerſteinſchloß und Percuſſionsſchloß; jedes Stift wird hier anders</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">D.B. <hirendition="#aq #b">VII</hi>. Der Amerika-Müde. 8<lb/></fw></div></div></body></text></TEI>
[113/0131]
beinigen Rothhaare ſind wie ungeleckte Bären. Da iſt kein Sinn und
Begriff drin. Was hilft der Kuh die Muskate? heißt's da. Wir
ſchrieen uns die Ohren taub wie bei'm babyloniſchen Thurm und
fuhren uns vor den Augen herum wie in der ägyptiſchen Finſterniß;
ſie ſpuckten mir ihre Tabaksknülle ein paar tauſendmal vor die Füße,
das war all ihre Kunſt. Garſtig becomplimentirten wir uns aus
einander.
Danken Sie Gott, rief Benthal, Sie haben ſich ein Capital ge¬
rettet. Wie in aller Welt wandelt Sie die Großmuth an, Herr
Bertling, daß Sie den Schwarz'ſchen Brennapparat ſo ohne Weiters
zum Beſten geben? Werden Sie nicht ſelbſt Ihr Hauptgeſchäft damit
machen, wenn Ihr Vorſpann, wie Sie ſagen, anlangt? O Deutſchland,
wann wirſt du aufhören, die Welt auszuſtatten, und anfangen, an
dich ſelbſt zu denken! Anſtatt die eigenen Kunſtgriffe für ſich zu be¬
halten und fremde dazu zu lernen, machen Sie's umgekehrt; den
Schwarz'ſchen Apparat geben Sie hintan und tauſchen nichts ein dafür
von der hieſigen Technik. Herrn Ludlow auf Brooklyn kenne ich nicht,
wie ich mir überhaupt in drei Tagen nichts Amerikaniſches kennen zu
lernen getraue, aber laſſen Sie die Fabrik Carrey ja nicht ungeſehen
als Fachmann. Sehen Sie ſich die großen Arbeiten für die ſüdlichen
Zuckerſiedereien an, das kommt uns in Deutſchland doch nicht vor.
Was ſag' ich? Betrachten Sie den nächſt beſten amerikaniſchen Nagel!
Er hat an ſeinen vier Ecken feine ſcharfe Widerhacken, die ihn unaus¬
reißbar mit dem Holze verbinden, iſt auch gegoſſen, nicht geſchmiedet.
Ich wollte, es läge auf allen deutſchen Agenturen nur ein einziger
ſolcher Nagel auf, daß wir bis in's Kleinſte ein Bild davon bekämen,
wie verſchieden von uns hier fabricirt wird. Mancher deutſche Pro¬
feſſioniſt wäre dann weniger raſch, auf ſeine Profeſſion auszuwandern.
Der Rector magnificus hat Recht, ſagt ein Berliner Maſchinen¬
bauer; ich kam herüber in der Meinung, wenigſtens Werkführer oder
Factor zu werden mit meinen Kenntniſſen. Es iſt mir auch nicht
bange, daß ich's in einigen Jahren bin, für den Anfang aber muß
ich froh ſein, auf halben Sold einen halben Lehrling zu machen. Es
ſind ganz andere Conſtructionen hier. Es iſt ein Unterſchied, wie
Feuerſteinſchloß und Percuſſionsſchloß; jedes Stift wird hier anders
D.B. VII. Der Amerika-Müde. 8
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Kürnberger, Ferdinand: Der Amerika-Müde. Frankfurt (Main), 1855, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kuernberger_amerikamuede_1855/131>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.