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Kürnberger, Ferdinand: Der Amerika-Müde. Frankfurt (Main), 1855.

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glaubt, schlage das Wunderweben des Doms zu den farbigen Spitz¬
bogenfenstern heraus, und Orgelton und Glockenklang und flammende
Kerzen und beseeltes Bildwerk werfe den Zunder eines höheren Le¬
bens in sein Herz, daß er vom Gerüst herabkomme, ausgebaut in
seinem Innern, wie Sie im Aeußern. -- Ja, meine Herren, halten
Sie Ihre Nationalität fest: Sie sind es dem Lande schuldig; aber
fügen Sie ihr vom Yankeethum das brauchbarste Stück ein: Sie sind
es sich selbst schuldig. -- Gute Nacht, meine Herren, ich empfehle
mich Ihnen. --

Kleindeutschland saß noch lange um seine Lichter herum, als Ben¬
thal mit einem raschen Verschwinden zur Thüre hinaus war. Vor
der Thüre aber fühlte er eine Hand auf seiner Schulter und eine
klangvolle Männerstimme sprach: Ich danke Ihnen für diese deutsche
-- That!


Siebentes Kapitel.

Benthal wendete sich dem Sprecher dieser Worte zu, und erkannte
denselben schneller, als es zuvor umgekehrt der Fall gewesen. Freudig
erstaunt lüftete er den Hut, womit er sich eben bedeckt hatte, und er¬
wiederte Worte wie diese oder ähnliche: Herr Doctor, die Ehre Sie
wieder zu sehen ist mir eine unschätzbare. Moorfeld antwortete leb¬
haft: Nicht so, mein Bester! Lassen wir diese Sprache, wenn's beliebt.
Die Höflichkeit kommt mir vor wie die Mönchsschrift auf alten Per¬
gamenten: sie erbaut, so lang nichts bessers da ist, aber man beseitigt
sie, wenn ein guter Dichter unter ihr entdeckt wird. -- Ich wette, Sie
sind selbst Dichter, erwiederte Benthal auf dieses Bild. Moorfeld
lächelte schalkhaft: Um Verzeihung! keine Wette ohne Gegenwette; aber
eine solche wünschte ich nicht.

Die beiden jungen Männer nahmen sich unter den Arm. Benthal
behielt seinen Hut in der Hand, trocknete sich die Stirn und lüftete
der geringen Nachtkühle ein paar Knöpfchen. Moorfeld sagte: Klopstock

glaubt, ſchlage das Wunderweben des Doms zu den farbigen Spitz¬
bogenfenſtern heraus, und Orgelton und Glockenklang und flammende
Kerzen und beſeeltes Bildwerk werfe den Zunder eines höheren Le¬
bens in ſein Herz, daß er vom Gerüſt herabkomme, ausgebaut in
ſeinem Innern, wie Sie im Aeußern. — Ja, meine Herren, halten
Sie Ihre Nationalität feſt: Sie ſind es dem Lande ſchuldig; aber
fügen Sie ihr vom Yankeethum das brauchbarſte Stück ein: Sie ſind
es ſich ſelbſt ſchuldig. — Gute Nacht, meine Herren, ich empfehle
mich Ihnen. —

Kleindeutſchland ſaß noch lange um ſeine Lichter herum, als Ben¬
thal mit einem raſchen Verſchwinden zur Thüre hinaus war. Vor
der Thüre aber fühlte er eine Hand auf ſeiner Schulter und eine
klangvolle Männerſtimme ſprach: Ich danke Ihnen für dieſe deutſche
That!


Siebentes Kapitel.

Benthal wendete ſich dem Sprecher dieſer Worte zu, und erkannte
denſelben ſchneller, als es zuvor umgekehrt der Fall geweſen. Freudig
erſtaunt lüftete er den Hut, womit er ſich eben bedeckt hatte, und er¬
wiederte Worte wie dieſe oder ähnliche: Herr Doctor, die Ehre Sie
wieder zu ſehen iſt mir eine unſchätzbare. Moorfeld antwortete leb¬
haft: Nicht ſo, mein Beſter! Laſſen wir dieſe Sprache, wenn's beliebt.
Die Höflichkeit kommt mir vor wie die Mönchsſchrift auf alten Per¬
gamenten: ſie erbaut, ſo lang nichts beſſers da iſt, aber man beſeitigt
ſie, wenn ein guter Dichter unter ihr entdeckt wird. — Ich wette, Sie
ſind ſelbſt Dichter, erwiederte Benthal auf dieſes Bild. Moorfeld
lächelte ſchalkhaft: Um Verzeihung! keine Wette ohne Gegenwette; aber
eine ſolche wünſchte ich nicht.

Die beiden jungen Männer nahmen ſich unter den Arm. Benthal
behielt ſeinen Hut in der Hand, trocknete ſich die Stirn und lüftete
der geringen Nachtkühle ein paar Knöpfchen. Moorfeld ſagte: Klopſtock

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[133/0151] glaubt, ſchlage das Wunderweben des Doms zu den farbigen Spitz¬ bogenfenſtern heraus, und Orgelton und Glockenklang und flammende Kerzen und beſeeltes Bildwerk werfe den Zunder eines höheren Le¬ bens in ſein Herz, daß er vom Gerüſt herabkomme, ausgebaut in ſeinem Innern, wie Sie im Aeußern. — Ja, meine Herren, halten Sie Ihre Nationalität feſt: Sie ſind es dem Lande ſchuldig; aber fügen Sie ihr vom Yankeethum das brauchbarſte Stück ein: Sie ſind es ſich ſelbſt ſchuldig. — Gute Nacht, meine Herren, ich empfehle mich Ihnen. — Kleindeutſchland ſaß noch lange um ſeine Lichter herum, als Ben¬ thal mit einem raſchen Verſchwinden zur Thüre hinaus war. Vor der Thüre aber fühlte er eine Hand auf ſeiner Schulter und eine klangvolle Männerſtimme ſprach: Ich danke Ihnen für dieſe deutſche — That! Siebentes Kapitel. Benthal wendete ſich dem Sprecher dieſer Worte zu, und erkannte denſelben ſchneller, als es zuvor umgekehrt der Fall geweſen. Freudig erſtaunt lüftete er den Hut, womit er ſich eben bedeckt hatte, und er¬ wiederte Worte wie dieſe oder ähnliche: Herr Doctor, die Ehre Sie wieder zu ſehen iſt mir eine unſchätzbare. Moorfeld antwortete leb¬ haft: Nicht ſo, mein Beſter! Laſſen wir dieſe Sprache, wenn's beliebt. Die Höflichkeit kommt mir vor wie die Mönchsſchrift auf alten Per¬ gamenten: ſie erbaut, ſo lang nichts beſſers da iſt, aber man beſeitigt ſie, wenn ein guter Dichter unter ihr entdeckt wird. — Ich wette, Sie ſind ſelbſt Dichter, erwiederte Benthal auf dieſes Bild. Moorfeld lächelte ſchalkhaft: Um Verzeihung! keine Wette ohne Gegenwette; aber eine ſolche wünſchte ich nicht. Die beiden jungen Männer nahmen ſich unter den Arm. Benthal behielt ſeinen Hut in der Hand, trocknete ſich die Stirn und lüftete der geringen Nachtkühle ein paar Knöpfchen. Moorfeld ſagte: Klopſtock

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Zitationshilfe: Kürnberger, Ferdinand: Der Amerika-Müde. Frankfurt (Main), 1855, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kuernberger_amerikamuede_1855/151>, abgerufen am 24.11.2024.