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Kürnberger, Ferdinand: Der Amerika-Müde. Frankfurt (Main), 1855.

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nimmermehr. Herumzukollern wie eine Kugel im Roulett, auf dem
Boden, an der Decke, in allen Ecken, Schwindel im Kopf, das jüngste
Gericht im Magen, die Lucken voll Seewasser, sämmtliche Passagiere
sprudelnde Fontainen -- hinweg davon, auch im entferntesten Andenken!
wir wollen dieser appetitlichen Theekanne ihren Beruf nicht sauer machen!

Auf dieses Signal setzte sich die Gesellschaft zu Tische. Moorfeld
konnte bald sehen, daß seine lebhafte unmittelbare Natur gefiel. Die
Unterhaltung nahm einen frischen Gang, Wirth und Gast fanden sich
schnell und angenehm in einander.

Im Flusse des liebenswürdigsten Beisammenseins hatte natürlich
Moorfeld's Frage an Benthal der günstigen Gelegenheit zu harren.
Dieses diplomatische Apropos spannte ihn keineswegs unangenehm,
nur war er nicht geduldig genug, es lange auszuhalten. Er suchte
bald nach einem Anknüpfungspunkte. Beim Niedersetzen der kleinen
Theegesellschaft war eine Mappe mit Manuscripten vom Tische ent¬
fernt worden. Moorfeld erinnerte sich an den Bäcker Sallmann aus
Kleindeutschland, und bat sich dringend aus, das Pamphlet zu hören,
welches Benthal demselben versprochen, wenn es dort vielleicht eben unterm
Ambos liege. Aber die Mappe enthielt es nicht mehr. Benthal hatte
es bereits geschrieben und in die Druckerei geschickt. Es beschäftige
ihn ein anderer Aufsatz, erklärte er auf Moorfeld's Bewunderung dieser
raschen Thätigkeit, und wie er diesen ebenfalls gerne schon druckreif sähe,
so treibe eines das andere. Moorfeld erstreckte seine Bitte natürlich
auch auf Mittheilung dieses zweiten Artikels. Benthal machte Ein¬
wände und ließ sich lebhafter nöthigen, bis er die Lectüre nach dem
Thee zusagte.

Der Name Kleindeutschland, der jetzt genannt worden war, gab
Moorfelden die Gelegenheit, die er suchte. Er bewegte sich ein paar
Augenblicke um dieses Thema, und wie im Vorbeigehen bat er dann
den Rector magnificus, ob er ihm ein paar tüchtige deutsche Arme
verschaffen könne -- einen Zimmermann und einige Ackerleute; er denke
nämlich ernstlich daran, demnächst seine Ansiedlung in Ohio zu be¬
gründen. Bei dieser vorläufigen Ankündigung hielt er inne, und er¬
wartete den nächsten Eindruck derselben.

Der Eindruck war ein bedeutender. Zwar erwiederte Benthal
das Geschäftsmäßige von Moorfeld's Frage mit der rücksichtsvollen

nimmermehr. Herumzukollern wie eine Kugel im Roulett, auf dem
Boden, an der Decke, in allen Ecken, Schwindel im Kopf, das jüngſte
Gericht im Magen, die Lucken voll Seewaſſer, ſämmtliche Paſſagiere
ſprudelnde Fontainen — hinweg davon, auch im entfernteſten Andenken!
wir wollen dieſer appetitlichen Theekanne ihren Beruf nicht ſauer machen!

Auf dieſes Signal ſetzte ſich die Geſellſchaft zu Tiſche. Moorfeld
konnte bald ſehen, daß ſeine lebhafte unmittelbare Natur gefiel. Die
Unterhaltung nahm einen friſchen Gang, Wirth und Gaſt fanden ſich
ſchnell und angenehm in einander.

Im Fluſſe des liebenswürdigſten Beiſammenſeins hatte natürlich
Moorfeld's Frage an Benthal der günſtigen Gelegenheit zu harren.
Dieſes diplomatiſche Apropos ſpannte ihn keineswegs unangenehm,
nur war er nicht geduldig genug, es lange auszuhalten. Er ſuchte
bald nach einem Anknüpfungspunkte. Beim Niederſetzen der kleinen
Theegeſellſchaft war eine Mappe mit Manuſcripten vom Tiſche ent¬
fernt worden. Moorfeld erinnerte ſich an den Bäcker Sallmann aus
Kleindeutſchland, und bat ſich dringend aus, das Pamphlet zu hören,
welches Benthal demſelben verſprochen, wenn es dort vielleicht eben unterm
Ambos liege. Aber die Mappe enthielt es nicht mehr. Benthal hatte
es bereits geſchrieben und in die Druckerei geſchickt. Es beſchäftige
ihn ein anderer Aufſatz, erklärte er auf Moorfeld's Bewunderung dieſer
raſchen Thätigkeit, und wie er dieſen ebenfalls gerne ſchon druckreif ſähe,
ſo treibe eines das andere. Moorfeld erſtreckte ſeine Bitte natürlich
auch auf Mittheilung dieſes zweiten Artikels. Benthal machte Ein¬
wände und ließ ſich lebhafter nöthigen, bis er die Lectüre nach dem
Thee zuſagte.

Der Name Kleindeutſchland, der jetzt genannt worden war, gab
Moorfelden die Gelegenheit, die er ſuchte. Er bewegte ſich ein paar
Augenblicke um dieſes Thema, und wie im Vorbeigehen bat er dann
den Rector magnificus, ob er ihm ein paar tüchtige deutſche Arme
verſchaffen könne — einen Zimmermann und einige Ackerleute; er denke
nämlich ernſtlich daran, demnächſt ſeine Anſiedlung in Ohio zu be¬
gründen. Bei dieſer vorläufigen Ankündigung hielt er inne, und er¬
wartete den nächſten Eindruck derſelben.

Der Eindruck war ein bedeutender. Zwar erwiederte Benthal
das Geſchäftsmäßige von Moorfeld's Frage mit der rückſichtsvollen

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[160/0178] nimmermehr. Herumzukollern wie eine Kugel im Roulett, auf dem Boden, an der Decke, in allen Ecken, Schwindel im Kopf, das jüngſte Gericht im Magen, die Lucken voll Seewaſſer, ſämmtliche Paſſagiere ſprudelnde Fontainen — hinweg davon, auch im entfernteſten Andenken! wir wollen dieſer appetitlichen Theekanne ihren Beruf nicht ſauer machen! Auf dieſes Signal ſetzte ſich die Geſellſchaft zu Tiſche. Moorfeld konnte bald ſehen, daß ſeine lebhafte unmittelbare Natur gefiel. Die Unterhaltung nahm einen friſchen Gang, Wirth und Gaſt fanden ſich ſchnell und angenehm in einander. Im Fluſſe des liebenswürdigſten Beiſammenſeins hatte natürlich Moorfeld's Frage an Benthal der günſtigen Gelegenheit zu harren. Dieſes diplomatiſche Apropos ſpannte ihn keineswegs unangenehm, nur war er nicht geduldig genug, es lange auszuhalten. Er ſuchte bald nach einem Anknüpfungspunkte. Beim Niederſetzen der kleinen Theegeſellſchaft war eine Mappe mit Manuſcripten vom Tiſche ent¬ fernt worden. Moorfeld erinnerte ſich an den Bäcker Sallmann aus Kleindeutſchland, und bat ſich dringend aus, das Pamphlet zu hören, welches Benthal demſelben verſprochen, wenn es dort vielleicht eben unterm Ambos liege. Aber die Mappe enthielt es nicht mehr. Benthal hatte es bereits geſchrieben und in die Druckerei geſchickt. Es beſchäftige ihn ein anderer Aufſatz, erklärte er auf Moorfeld's Bewunderung dieſer raſchen Thätigkeit, und wie er dieſen ebenfalls gerne ſchon druckreif ſähe, ſo treibe eines das andere. Moorfeld erſtreckte ſeine Bitte natürlich auch auf Mittheilung dieſes zweiten Artikels. Benthal machte Ein¬ wände und ließ ſich lebhafter nöthigen, bis er die Lectüre nach dem Thee zuſagte. Der Name Kleindeutſchland, der jetzt genannt worden war, gab Moorfelden die Gelegenheit, die er ſuchte. Er bewegte ſich ein paar Augenblicke um dieſes Thema, und wie im Vorbeigehen bat er dann den Rector magnificus, ob er ihm ein paar tüchtige deutſche Arme verſchaffen könne — einen Zimmermann und einige Ackerleute; er denke nämlich ernſtlich daran, demnächſt ſeine Anſiedlung in Ohio zu be¬ gründen. Bei dieſer vorläufigen Ankündigung hielt er inne, und er¬ wartete den nächſten Eindruck derſelben. Der Eindruck war ein bedeutender. Zwar erwiederte Benthal das Geſchäftsmäßige von Moorfeld's Frage mit der rückſichtsvollen

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Zitationshilfe: Kürnberger, Ferdinand: Der Amerika-Müde. Frankfurt (Main), 1855, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kuernberger_amerikamuede_1855/178>, abgerufen am 24.11.2024.