mittheilen. Es ist in Briefform an Benthal geschrieben, also in der unbefangensten, die wir wünschen mögen. Mit Soratoga hingegen wird vorläufig noch kein Briefwechsel gepflogen, und zwar aus gutem Grunde. Moorfeld's Stellung zu Cöleste lag im Gebiete der reinen Ahnung, sie gehörte den Göttern des Schweigens. Diese Anfänge waren zu anfänglich, als daß das geschriebene Wort sie ausbilden konnte, zumal den Schicklichkeitsgesetzen einer amerikanischen Lady gegenüber. Moorfeld fühlte, der Briefstyl könne hinter das vielleicht stillschweigend Vorhandene nur zurückgehen, nicht aber es weiterführen. Er war also klug genug, ein Correspondenzversprechen, das Höflichkeit ohne Zweifel gewechselt, eben nicht wörtlich zu nehmen.
Mit Benthal aber reist er gleichsam wie mit einem gestigen Wander¬ gesellen. Reist er doch fast nur für ihn, ein natürlicher Zug seines Gemüthes ist's, daß er mit ihm reist. Alles, was der Tag Neues, Charakteristisches, Eindrucksvolles bringt, erlebt er zugleich in der un¬ sichtbaren Gesellschaft Benthal's, und indem er es aufschreibt, nimmt es von selbst die Adresse dieses Freundes an. Die äußere Briefform dabei ist Nebensache, Ort und Tag gleichgiltig, nur daß sich ein Wanderzug durch Pennsylvanien gleichsam unwillkürlich um die drei Hauptstädte Pennsylvaniens: Philadelphia, Harrisburg, Pittsburg grup¬ pirt und entweder in oder dahin der äußerliche Anhaltspunkt des Datums wird. Diese Ortsangaben fehlen nicht. --
Das schien uns in Kürze die nothwendigste Verständigung, die wir den nachfolgenden Blättern vorauszuschicken hatten. Mögen wir uns gestimmt finden, ihnen mit Antheil und Aufmerksamkeit zu folgen.
Mo'orfeld's Reisetagebuch von Newyork nach Ohio.
Nach Philadelphia. -- Die Locomotive braust durch New-Jersey. Das Land ist flach und bietet dem Auge wenig Beschäftigung. So weit von den Alleghanen und so nahe am Meere erwarte ich es nicht anders. Dagegen stiegen prächtige Wälder vorüber, die mich auf so altem Culturboden überraschen. Der Urwald, scheints, liegt noch überall näher, als man glaubt. Aber der Anblick der Bäume setzt mich in Verwirrung. Ich kenne sie nicht. Die europäischen Bäume
mittheilen. Es iſt in Briefform an Benthal geſchrieben, alſo in der unbefangenſten, die wir wünſchen mögen. Mit Soratoga hingegen wird vorläufig noch kein Briefwechſel gepflogen, und zwar aus gutem Grunde. Moorfeld's Stellung zu Cöleſte lag im Gebiete der reinen Ahnung, ſie gehörte den Göttern des Schweigens. Dieſe Anfänge waren zu anfänglich, als daß das geſchriebene Wort ſie ausbilden konnte, zumal den Schicklichkeitsgeſetzen einer amerikaniſchen Lady gegenüber. Moorfeld fühlte, der Briefſtyl könne hinter das vielleicht ſtillſchweigend Vorhandene nur zurückgehen, nicht aber es weiterführen. Er war alſo klug genug, ein Correſpondenzverſprechen, das Höflichkeit ohne Zweifel gewechſelt, eben nicht wörtlich zu nehmen.
Mit Benthal aber reiſt er gleichſam wie mit einem geſtigen Wander¬ geſellen. Reiſt er doch faſt nur für ihn, ein natürlicher Zug ſeines Gemüthes iſt's, daß er mit ihm reist. Alles, was der Tag Neues, Charakteriſtiſches, Eindrucksvolles bringt, erlebt er zugleich in der un¬ ſichtbaren Geſellſchaft Benthal's, und indem er es aufſchreibt, nimmt es von ſelbſt die Adreſſe dieſes Freundes an. Die äußere Briefform dabei iſt Nebenſache, Ort und Tag gleichgiltig, nur daß ſich ein Wanderzug durch Pennſylvanien gleichſam unwillkürlich um die drei Hauptſtädte Pennſylvaniens: Philadelphia, Harrisburg, Pittsburg grup¬ pirt und entweder in oder dahin der äußerliche Anhaltspunkt des Datums wird. Dieſe Ortsangaben fehlen nicht. —
Das ſchien uns in Kürze die nothwendigſte Verſtändigung, die wir den nachfolgenden Blättern vorauszuſchicken hatten. Mögen wir uns geſtimmt finden, ihnen mit Antheil und Aufmerkſamkeit zu folgen.
Mo'orfeld's Reiſetagebuch von Newyork nach Ohio.
Nach Philadelphia. — Die Locomotive brauſt durch New-Jerſey. Das Land iſt flach und bietet dem Auge wenig Beſchäftigung. So weit von den Alleghanen und ſo nahe am Meere erwarte ich es nicht anders. Dagegen ſtiegen prächtige Wälder vorüber, die mich auf ſo altem Culturboden überraſchen. Der Urwald, ſcheints, liegt noch überall näher, als man glaubt. Aber der Anblick der Bäume ſetzt mich in Verwirrung. Ich kenne ſie nicht. Die europäiſchen Bäume
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mittheilen. Es iſt in Briefform an Benthal geſchrieben, alſo in der
unbefangenſten, die wir wünſchen mögen. Mit Soratoga hingegen
wird vorläufig noch kein Briefwechſel gepflogen, und zwar aus gutem
Grunde. Moorfeld's Stellung zu Cöleſte lag im Gebiete der reinen
Ahnung, ſie gehörte den Göttern des Schweigens. Dieſe Anfänge
waren zu anfänglich, als daß das geſchriebene Wort ſie ausbilden
konnte, zumal den Schicklichkeitsgeſetzen einer amerikaniſchen Lady
gegenüber. Moorfeld fühlte, der Briefſtyl könne hinter das vielleicht
ſtillſchweigend Vorhandene nur zurückgehen, nicht aber es weiterführen.
Er war alſo klug genug, ein Correſpondenzverſprechen, das Höflichkeit
ohne Zweifel gewechſelt, eben nicht wörtlich zu nehmen.
Mit Benthal aber reiſt er gleichſam wie mit einem geſtigen Wander¬
geſellen. Reiſt er doch faſt nur für ihn, ein natürlicher Zug ſeines
Gemüthes iſt's, daß er mit ihm reist. Alles, was der Tag Neues,
Charakteriſtiſches, Eindrucksvolles bringt, erlebt er zugleich in der un¬
ſichtbaren Geſellſchaft Benthal's, und indem er es aufſchreibt, nimmt
es von ſelbſt die Adreſſe dieſes Freundes an. Die äußere Briefform
dabei iſt Nebenſache, Ort und Tag gleichgiltig, nur daß ſich ein
Wanderzug durch Pennſylvanien gleichſam unwillkürlich um die drei
Hauptſtädte Pennſylvaniens: Philadelphia, Harrisburg, Pittsburg grup¬
pirt und entweder in oder dahin der äußerliche Anhaltspunkt des
Datums wird. Dieſe Ortsangaben fehlen nicht. —
Das ſchien uns in Kürze die nothwendigſte Verſtändigung, die wir
den nachfolgenden Blättern vorauszuſchicken hatten. Mögen wir uns
geſtimmt finden, ihnen mit Antheil und Aufmerkſamkeit zu folgen.
Mo'orfeld's Reiſetagebuch von Newyork nach Ohio.
Nach Philadelphia. — Die Locomotive brauſt durch New-Jerſey.
Das Land iſt flach und bietet dem Auge wenig Beſchäftigung. So
weit von den Alleghanen und ſo nahe am Meere erwarte ich es nicht
anders. Dagegen ſtiegen prächtige Wälder vorüber, die mich auf ſo
altem Culturboden überraſchen. Der Urwald, ſcheints, liegt noch
überall näher, als man glaubt. Aber der Anblick der Bäume ſetzt
mich in Verwirrung. Ich kenne ſie nicht. Die europäiſchen Bäume
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Kürnberger, Ferdinand: Der Amerika-Müde. Frankfurt (Main), 1855, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kuernberger_amerikamuede_1855/279>, abgerufen am 22.11.2024.
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