Moorfeld lobte das Häubchen im elegantesten Englisch. Er zeich¬ nete der Lady Morgan sogleich auf ein Pergamentblättchen seines Notizbuches das Muster eines Bonnets von Madame Dasse in Paris vor, welches kurz vor seiner Abreise nach Ohio den Ton der dies¬ jährigen Saison angegeben. Der Stoff glatter Tüll, erklärte er seine Zeichnung, rechts eine Bausche mit einigen Rosen, links zwei Mara¬ bouts an die Wange herabfallend, hinten eine weiße Atlasschleife. Der Fond recht tief am Scheitel zu tragen, mit einer Neigung gegen die Stirn wäre es provinziell.
Die Lady Morgan maß ihren Gast mit erstaunten Blicken. Aber Moorfeld beherrschte seine Miene vollkommen. Die Dame merkte nichts und war ehrlich genug zu seufzen, das reizende Modenbild werde sich in dieser "verdammten Wildniß" leider nicht wohl präsen¬ tiren lassen. Moorfeld seufzte mit. Er heftete sein Auge mit einem bedeutungsvollen Ausdruck auf die arme Leidende, und warf, gleichsam vom Mitgefühl abgepreßt, das Wort hin: Es könnte in Kurzem sich Vieles ändern in dieser Wildniß. Mrs. Brubacker blickte aufmerksam. Es ist wahr, es werden neuester Zeit starke Landkäufe hier gemacht, sagte sie, zweifelhaft was sie eigentlich zu sagen habe. Mein Ankauf ist nicht der Rede werth, antwortete Moorfeld, ohne Umstände das Wort auf sich beziehend, und mit der vornehmsten Gleichgiltigkeit. Aber für eine Probe, fuhr er fort, bedurfte es einstweilen nicht mehr. -- Für eine Probe? Von welcher Probe sprechen Sie, Sir? fragte Mrs. Brubacker, indem sie anfing ganz so gespannt zu werden, wie Moor¬ feld beabsichtigte. Moorfeld schien zerstreut und tändelte mit dem Bonnet. Wie hübsch sich das in einem elegant decorirten Salon, unter strahlenden Girandolen und Candelabern, zur Tanzmusik eines guten deutschen Orchesters ausnehmen wird! fantasirte er wie im Traume vor sich hin. Die Farmersfrau machte ungeduldige Bewegun¬ gen. Ihr Geist ist bei deutschen Geigen und Flöten, mein Herr! sagte sie empfindlich, aber doch nicht ohne ahnungsvolle Aufregung. Ah, Madame, Sie sind nicht für den Urwald geboren! fuhr Moorfeld plötzlich auf und sah seine Wirthin mit jener Dreistigkeit an, die den Cavalier als Galan der Bürgersfrau auszuzeichnen pflegt. Die New¬ yorker Kaufmannstochter hatte darüber auch, wenn nicht ein deutliches Gefühl, doch eine dunkle Ahnung und versuchte eine Miene aus den
Moorfeld lobte das Häubchen im eleganteſten Engliſch. Er zeich¬ nete der Lady Morgan ſogleich auf ein Pergamentblättchen ſeines Notizbuches das Muſter eines Bonnets von Madame Daſſe in Paris vor, welches kurz vor ſeiner Abreiſe nach Ohio den Ton der dies¬ jährigen Saiſon angegeben. Der Stoff glatter Tüll, erklärte er ſeine Zeichnung, rechts eine Bauſche mit einigen Roſen, links zwei Mara¬ bouts an die Wange herabfallend, hinten eine weiße Atlasſchleife. Der Fond recht tief am Scheitel zu tragen, mit einer Neigung gegen die Stirn wäre es provinziell.
Die Lady Morgan maß ihren Gaſt mit erſtaunten Blicken. Aber Moorfeld beherrſchte ſeine Miene vollkommen. Die Dame merkte nichts und war ehrlich genug zu ſeufzen, das reizende Modenbild werde ſich in dieſer „verdammten Wildniß“ leider nicht wohl präſen¬ tiren laſſen. Moorfeld ſeufzte mit. Er heftete ſein Auge mit einem bedeutungsvollen Ausdruck auf die arme Leidende, und warf, gleichſam vom Mitgefühl abgepreßt, das Wort hin: Es könnte in Kurzem ſich Vieles ändern in dieſer Wildniß. Mrs. Brubacker blickte aufmerkſam. Es iſt wahr, es werden neueſter Zeit ſtarke Landkäufe hier gemacht, ſagte ſie, zweifelhaft was ſie eigentlich zu ſagen habe. Mein Ankauf iſt nicht der Rede werth, antwortete Moorfeld, ohne Umſtände das Wort auf ſich beziehend, und mit der vornehmſten Gleichgiltigkeit. Aber für eine Probe, fuhr er fort, bedurfte es einſtweilen nicht mehr. — Für eine Probe? Von welcher Probe ſprechen Sie, Sir? fragte Mrs. Brubacker, indem ſie anfing ganz ſo geſpannt zu werden, wie Moor¬ feld beabſichtigte. Moorfeld ſchien zerſtreut und tändelte mit dem Bonnet. Wie hübſch ſich das in einem elegant decorirten Salon, unter ſtrahlenden Girandolen und Candelabern, zur Tanzmuſik eines guten deutſchen Orcheſters ausnehmen wird! fantaſirte er wie im Traume vor ſich hin. Die Farmersfrau machte ungeduldige Bewegun¬ gen. Ihr Geiſt iſt bei deutſchen Geigen und Flöten, mein Herr! ſagte ſie empfindlich, aber doch nicht ohne ahnungsvolle Aufregung. Ah, Madame, Sie ſind nicht für den Urwald geboren! fuhr Moorfeld plötzlich auf und ſah ſeine Wirthin mit jener Dreiſtigkeit an, die den Cavalier als Galan der Bürgersfrau auszuzeichnen pflegt. Die New¬ yorker Kaufmannstochter hatte darüber auch, wenn nicht ein deutliches Gefühl, doch eine dunkle Ahnung und verſuchte eine Miene aus den
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Moorfeld lobte das Häubchen im eleganteſten Engliſch. Er zeich¬
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Notizbuches das Muſter eines Bonnets von Madame Daſſe in Paris
vor, welches kurz vor ſeiner Abreiſe nach Ohio den Ton der dies¬
jährigen Saiſon angegeben. Der Stoff glatter Tüll, erklärte er ſeine
Zeichnung, rechts eine Bauſche mit einigen Roſen, links zwei Mara¬
bouts an die Wange herabfallend, hinten eine weiße Atlasſchleife.
Der Fond recht tief am Scheitel zu tragen, mit einer Neigung gegen
die Stirn wäre es provinziell.
Die Lady Morgan maß ihren Gaſt mit erſtaunten Blicken. Aber
Moorfeld beherrſchte ſeine Miene vollkommen. Die Dame merkte
nichts und war ehrlich genug zu ſeufzen, das reizende Modenbild
werde ſich in dieſer „verdammten Wildniß“ leider nicht wohl präſen¬
tiren laſſen. Moorfeld ſeufzte mit. Er heftete ſein Auge mit einem
bedeutungsvollen Ausdruck auf die arme Leidende, und warf, gleichſam
vom Mitgefühl abgepreßt, das Wort hin: Es könnte in Kurzem ſich
Vieles ändern in dieſer Wildniß. Mrs. Brubacker blickte aufmerkſam.
Es iſt wahr, es werden neueſter Zeit ſtarke Landkäufe hier gemacht,
ſagte ſie, zweifelhaft was ſie eigentlich zu ſagen habe. Mein Ankauf
iſt nicht der Rede werth, antwortete Moorfeld, ohne Umſtände das
Wort auf ſich beziehend, und mit der vornehmſten Gleichgiltigkeit. Aber
für eine Probe, fuhr er fort, bedurfte es einſtweilen nicht mehr. —
Für eine Probe? Von welcher Probe ſprechen Sie, Sir? fragte Mrs.
Brubacker, indem ſie anfing ganz ſo geſpannt zu werden, wie Moor¬
feld beabſichtigte. Moorfeld ſchien zerſtreut und tändelte mit dem
Bonnet. Wie hübſch ſich das in einem elegant decorirten Salon,
unter ſtrahlenden Girandolen und Candelabern, zur Tanzmuſik eines
guten deutſchen Orcheſters ausnehmen wird! fantaſirte er wie im
Traume vor ſich hin. Die Farmersfrau machte ungeduldige Bewegun¬
gen. Ihr Geiſt iſt bei deutſchen Geigen und Flöten, mein Herr! ſagte
ſie empfindlich, aber doch nicht ohne ahnungsvolle Aufregung. Ah,
Madame, Sie ſind nicht für den Urwald geboren! fuhr Moorfeld
plötzlich auf und ſah ſeine Wirthin mit jener Dreiſtigkeit an, die den
Cavalier als Galan der Bürgersfrau auszuzeichnen pflegt. Die New¬
yorker Kaufmannstochter hatte darüber auch, wenn nicht ein deutliches
Gefühl, doch eine dunkle Ahnung und verſuchte eine Miene aus den
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Kürnberger, Ferdinand: Der Amerika-Müde. Frankfurt (Main), 1855, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kuernberger_amerikamuede_1855/360>, abgerufen am 24.11.2024.
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