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Kürnberger, Ferdinand: Der Amerika-Müde. Frankfurt (Main), 1855.

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will ich verschmerzen, wenn nur die Philadelphier kommen! Selbe
Schützen sind die richtigen noch aus dem Freiheitskrieg her, was die
ganze Welt weiß. Das ist der Dank jetzt! Engländer und Hessen
haben sie aus dem Land getrieben, -- ich begreif' gar nicht, warum
die Yankees allein die Herren im Lande spielen wollen. -- Aus dieser
weittragenden Reflexion wandte sich das Mädchen dann wieder an die
nächste Gegenwart, indem sie sich nach einer jungen Frau umkehrte,
die in einem Winkel des überfüllten Hauses auf einer Treppenstufe
saß und Ströme von Thränen in ihren Schooß niederfließen ließ.
Laßt's gut sein, lieb Fraule, tröstete sie mit einer naiven Herzlichkeit, eure
Bäckle blieben doch schön, verderbt sie euch mit dem abscheulichen
Kummerwasser nicht. Es wird euch kein Mensch darum Schlechtes
nachsagen. Gewiß nicht. Wär' so ein Haderlump an euch gekommen
wie an mich, ihr hättet ihn wägerle überwältigt. Guck, was für ein
Hutzelmännchen um die Macht mit mir rang! Das war ein Kerl wie
aus Mehl und Wasser gebacken, sein Gesicht sah aus wie ein Restchen
Schmierseife. Es ist merkwürdig daß sich solche Buben noch fühlen.
Aber der wird denken an eine Schwabenhand! Ich fuhr ihm mit
einem groben Kamm über den Kopf. Ich ohrfeigte ihn in die tiefste
Schand hinunter.

So fand Moorfeld die Residenz seines Gesandten. Daß er seine
Angelegenheit im Flug, oder vielmehr gar nicht austrug, brauchen wir
bei dieser fürchterlichen Gestalt der Umstände kaum zu erwähnen. Ein
ziemlich jugendlicher Secretär empfing ihn, mit welchem sich Moorfeld
nicht einmal zuerst über seine Sache, sondern über das öffentliche Un¬
glück des Tages unterhielt. Die jungen Männer blickten sich bald in
ihre Parteiverwandtschaft, und ohne Umstände berichtete der Secretär
die Abwesenheit seines Chefs mit folgenden Worten: Se. Excellenz
sind auf dem Stadthause. Wir protestiren, wir machen verantwortlich
und thun, was wir vermögen, das heißt, Nichts. Wer sollte auch im
Stande sein, ohne Kriegsflotte einem Seevolk zu imponiren?! -- Seinen
Proceß führte Moorfeld später von Europa aus durch den Hof- und
Gerichtsadvocaten B * *, den ihm der Secretär der Newyorker Legation
mit tiefer Hochachtung empfahl. Dieser ausgezeichnete Jurist führte
ihn zu einem Ende, welches der Ungunst der Umstände die möglichst
günstige Seite abgewann. --

D. B. VIII . Der Amerika-Müde. 33

will ich verſchmerzen, wenn nur die Philadelphier kommen! Selbe
Schützen ſind die richtigen noch aus dem Freiheitskrieg her, was die
ganze Welt weiß. Das iſt der Dank jetzt! Engländer und Heſſen
haben ſie aus dem Land getrieben, — ich begreif' gar nicht, warum
die Yankees allein die Herren im Lande ſpielen wollen. — Aus dieſer
weittragenden Reflexion wandte ſich das Mädchen dann wieder an die
nächſte Gegenwart, indem ſie ſich nach einer jungen Frau umkehrte,
die in einem Winkel des überfüllten Hauſes auf einer Treppenſtufe
ſaß und Ströme von Thränen in ihren Schooß niederfließen ließ.
Laßt's gut ſein, lieb Fraule, tröſtete ſie mit einer naiven Herzlichkeit, eure
Bäckle blieben doch ſchön, verderbt ſie euch mit dem abſcheulichen
Kummerwaſſer nicht. Es wird euch kein Menſch darum Schlechtes
nachſagen. Gewiß nicht. Wär' ſo ein Haderlump an euch gekommen
wie an mich, ihr hättet ihn wägerle überwältigt. Guck, was für ein
Hutzelmännchen um die Macht mit mir rang! Das war ein Kerl wie
aus Mehl und Waſſer gebacken, ſein Geſicht ſah aus wie ein Reſtchen
Schmierſeife. Es iſt merkwürdig daß ſich ſolche Buben noch fühlen.
Aber der wird denken an eine Schwabenhand! Ich fuhr ihm mit
einem groben Kamm über den Kopf. Ich ohrfeigte ihn in die tiefſte
Schand hinunter.

So fand Moorfeld die Reſidenz ſeines Geſandten. Daß er ſeine
Angelegenheit im Flug, oder vielmehr gar nicht austrug, brauchen wir
bei dieſer fürchterlichen Geſtalt der Umſtände kaum zu erwähnen. Ein
ziemlich jugendlicher Secretär empfing ihn, mit welchem ſich Moorfeld
nicht einmal zuerſt über ſeine Sache, ſondern über das öffentliche Un¬
glück des Tages unterhielt. Die jungen Männer blickten ſich bald in
ihre Parteiverwandtſchaft, und ohne Umſtände berichtete der Secretär
die Abweſenheit ſeines Chefs mit folgenden Worten: Se. Excellenz
ſind auf dem Stadthauſe. Wir proteſtiren, wir machen verantwortlich
und thun, was wir vermögen, das heißt, Nichts. Wer ſollte auch im
Stande ſein, ohne Kriegsflotte einem Seevolk zu imponiren?! — Seinen
Proceß führte Moorfeld ſpäter von Europa aus durch den Hof- und
Gerichtsadvocaten B * *, den ihm der Secretär der Newyorker Legation
mit tiefer Hochachtung empfahl. Dieſer ausgezeichnete Juriſt führte
ihn zu einem Ende, welches der Ungunſt der Umſtände die möglichſt
günſtige Seite abgewann. —

D. B. VIII . Der Amerika-Müde. 33
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[501/0519] will ich verſchmerzen, wenn nur die Philadelphier kommen! Selbe Schützen ſind die richtigen noch aus dem Freiheitskrieg her, was die ganze Welt weiß. Das iſt der Dank jetzt! Engländer und Heſſen haben ſie aus dem Land getrieben, — ich begreif' gar nicht, warum die Yankees allein die Herren im Lande ſpielen wollen. — Aus dieſer weittragenden Reflexion wandte ſich das Mädchen dann wieder an die nächſte Gegenwart, indem ſie ſich nach einer jungen Frau umkehrte, die in einem Winkel des überfüllten Hauſes auf einer Treppenſtufe ſaß und Ströme von Thränen in ihren Schooß niederfließen ließ. Laßt's gut ſein, lieb Fraule, tröſtete ſie mit einer naiven Herzlichkeit, eure Bäckle blieben doch ſchön, verderbt ſie euch mit dem abſcheulichen Kummerwaſſer nicht. Es wird euch kein Menſch darum Schlechtes nachſagen. Gewiß nicht. Wär' ſo ein Haderlump an euch gekommen wie an mich, ihr hättet ihn wägerle überwältigt. Guck, was für ein Hutzelmännchen um die Macht mit mir rang! Das war ein Kerl wie aus Mehl und Waſſer gebacken, ſein Geſicht ſah aus wie ein Reſtchen Schmierſeife. Es iſt merkwürdig daß ſich ſolche Buben noch fühlen. Aber der wird denken an eine Schwabenhand! Ich fuhr ihm mit einem groben Kamm über den Kopf. Ich ohrfeigte ihn in die tiefſte Schand hinunter. So fand Moorfeld die Reſidenz ſeines Geſandten. Daß er ſeine Angelegenheit im Flug, oder vielmehr gar nicht austrug, brauchen wir bei dieſer fürchterlichen Geſtalt der Umſtände kaum zu erwähnen. Ein ziemlich jugendlicher Secretär empfing ihn, mit welchem ſich Moorfeld nicht einmal zuerſt über ſeine Sache, ſondern über das öffentliche Un¬ glück des Tages unterhielt. Die jungen Männer blickten ſich bald in ihre Parteiverwandtſchaft, und ohne Umſtände berichtete der Secretär die Abweſenheit ſeines Chefs mit folgenden Worten: Se. Excellenz ſind auf dem Stadthauſe. Wir proteſtiren, wir machen verantwortlich und thun, was wir vermögen, das heißt, Nichts. Wer ſollte auch im Stande ſein, ohne Kriegsflotte einem Seevolk zu imponiren?! — Seinen Proceß führte Moorfeld ſpäter von Europa aus durch den Hof- und Gerichtsadvocaten B * *, den ihm der Secretär der Newyorker Legation mit tiefer Hochachtung empfahl. Dieſer ausgezeichnete Juriſt führte ihn zu einem Ende, welches der Ungunſt der Umſtände die möglichſt günſtige Seite abgewann. — D. B. VIII . Der Amerika-Müde. 33

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Zitationshilfe: Kürnberger, Ferdinand: Der Amerika-Müde. Frankfurt (Main), 1855, S. 501. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kuernberger_amerikamuede_1855/519>, abgerufen am 21.11.2024.