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Kunckel, Johann: Ars Vitraria Experimentalis, Oder Vollkommene Glasmacher-Kunst. Frankfurt (Main) u. a., 1679.

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Von der Glasmacher-Kunst.
aus dem Rabbi Levi Kimchi nennets einen Stein/ der köstlicher als Gold.

Jn dem Targo wird das Wort Spiegel gebrauchet; vielleicht
darumb/ dieweiln dazumahln die Spiegel erst neu erfunden/ und in ho-
hen Werth waren/ auch aus einer kostbaren Materia bereitet wurden:
also hatsauch Münzerus in der Ubersetzung gegeben. Die Compluten-
ser nennen es ein Crystallinisch Glaß; Vatablus, einen Beryll: Rabbi
Abraham
einen Diamant/ wie auch Rabbi Mardochai, Pagninus, Ca-
jetanus;
ingleichen die Jtalienische/ Spanische/ Frantzösische/ Hollän-
dische und Teutsche Version: Pineda gebrauchee das Wort Pyrop oder
Carbunckel/ oder einen dergleichen schönen und köstlichen Edelgestrin:
Es sind aber alle diese Nahmen nur Benennungen eines eintzigen Edel-
gesteins/ der/ wie unser Vorfahren davor gehalten/ bey der Nacht
leuchten soll/ solchen aber wird man heute allenthalben vergeblich su-
chen: Die neuern Schreiber nehmen an stat dieses leuchtenden Edelge-
steins/ den Rubin.

Die Ursach des Unterscheids unter den Auslegern ist diese: dieweil
das Hebreische Stammwort Zechuchih, entspringet aus der Wurtzel
Zachah/ welches so viel bedeutet/ als rein machen/ säubern/ leuchten/
weiß und durchscheinend seyn. Eben dieses Wort wird Exod. 30, v. 24.
vom Rauchwerck gebrauchet/ und ist von den 70. Dollmetschern/ hell/ ge-
geben worden.

Hieraus erhellet die mißstimmige Dollmetschung dieses Textes;
denn dieweil dieses Wort alles dasjenige/ was durchsichtig und schön
ist/ bedeutet; als haben es die Ubersetzer solchen Dingen zugeeignet/
welche schön/ köstlich und in hohen Werth/ auch nach Erheischung des
Textes und des Grundworts durchsichtig waren.

Nach meiner Meinung/ so wird allhier/ weder Diamant/ noch
Carbunckel oder Hyacinth gemeinet; denn es wird solcher Steine/ bey
dem Brustschildlein Aaronis/ Exod. 28 gedacht; es befindet sich aber obi-
ges Wort nicht in solchen Capitel; ingleichen weder das Wort Glaß/
noch Crystall; denn es wäre ungereimbt/ daß solche Dinge von solgerin-
gen Werthe solten in Vergleichung solcher Sachen kommen/ indeme
das Glaß und Crystall von einer gemeinen und schlechten Materia her-
kommet; dieses aber soll etwas ungemeines seyn.

Ferner/ so scheinet es/ daß dieses Wort nur zum Uberfluß dem
Golde sey beygefüget worden; denn es wird des Glases in dem gantzen
Alten Testament niemahls/ hingegen aber in dem Neuen/ zum öfftern

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Von der Glasmacher-Kunſt.
aus dem Rabbi Levi Kimchi nennets einen Stein/ der koͤſtlicher als Gold.

Jn dem Targo wird das Wort Spiegel gebrauchet; vielleicht
darumb/ dieweiln dazumahln die Spiegel erſt neu erfunden/ und in ho-
hen Werth waren/ auch aus einer koſtbaren Materia bereitet wurden:
alſo hatsauch Münzerus in der Uberſetzung gegeben. Die Compluten-
ſer nennen es ein Cryſtalliniſch Glaß; Vatablus, einen Beryll: Rabbi
Abraham
einen Diamant/ wie auch Rabbi Mardochai, Pagninus, Ca-
jetanus;
ingleichen die Jtalieniſche/ Spaniſche/ Frantzoͤſiſche/ Hollaͤn-
diſche und Teutſche Verſion: Pineda gebrauchee das Wort Pyrop oder
Carbunckel/ oder einen dergleichen ſchoͤnen und koͤſtlichen Edelgeſtrin:
Es ſind aber alle dieſe Nahmen nur Benennungen eines eintzigen Edel-
geſteins/ der/ wie unſer Vorfahren davor gehalten/ bey der Nacht
leuchten ſoll/ ſolchen aber wird man heute allenthalben vergeblich ſu-
chen: Die neuern Schreiber nehmen an ſtat dieſes leuchtenden Edelge-
ſteins/ den Rubin.

Die Urſach des Unterſcheids unter den Auslegern iſt dieſe: dieweil
das Hebreiſche Stammwort Zechuchih, entſpringet aus der Wurtzel
Zachah/ welches ſo viel bedeutet/ als rein machen/ ſaͤubern/ leuchten/
weiß und durchſcheinend ſeyn. Eben dieſes Wort wird Exod. 30, v. 24.
vom Rauchwerck gebrauchet/ und iſt von den 70. Dollmetſchern/ hell/ ge-
geben worden.

Hieraus erhellet die mißſtimmige Dollmetſchung dieſes Textes;
denn dieweil dieſes Wort alles dasjenige/ was durchſichtig und ſchoͤn
iſt/ bedeutet; als haben es die Uberſetzer ſolchen Dingen zugeeignet/
welche ſchoͤn/ koͤſtlich und in hohen Werth/ auch nach Erheiſchung des
Textes und des Grundworts durchſichtig waren.

Nach meiner Meinung/ ſo wird allhier/ weder Diamant/ noch
Carbunckel oder Hyacinth gemeinet; denn es wird ſolcher Steine/ bey
dem Bruſtſchildlein Aaronis/ Exod. 28 gedacht; es befindet ſich aber obi-
ges Wort nicht in ſolchen Capitel; ingleichen weder das Wort Glaß/
noch Cryſtall; denn es waͤre ungereimbt/ daß ſolche Dinge von ſolgerin-
gen Werthe ſolten in Vergleichung ſolcher Sachen kommen/ indeme
das Glaß und Cryſtall von einer gemeinen und ſchlechten Materia her-
kommet; dieſes aber ſoll etwas ungemeines ſeyn.

Ferner/ ſo ſcheinet es/ daß dieſes Wort nur zum Uberfluß dem
Golde ſey beygefuͤget worden; denn es wird des Glaſes in dem gantzen
Alten Teſtament niemahls/ hingegen aber in dem Neuen/ zum oͤfftern

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[223/0267] Von der Glasmacher-Kunſt. aus dem Rabbi Levi Kimchi nennets einen Stein/ der koͤſtlicher als Gold. Jn dem Targo wird das Wort Spiegel gebrauchet; vielleicht darumb/ dieweiln dazumahln die Spiegel erſt neu erfunden/ und in ho- hen Werth waren/ auch aus einer koſtbaren Materia bereitet wurden: alſo hatsauch Münzerus in der Uberſetzung gegeben. Die Compluten- ſer nennen es ein Cryſtalliniſch Glaß; Vatablus, einen Beryll: Rabbi Abraham einen Diamant/ wie auch Rabbi Mardochai, Pagninus, Ca- jetanus; ingleichen die Jtalieniſche/ Spaniſche/ Frantzoͤſiſche/ Hollaͤn- diſche und Teutſche Verſion: Pineda gebrauchee das Wort Pyrop oder Carbunckel/ oder einen dergleichen ſchoͤnen und koͤſtlichen Edelgeſtrin: Es ſind aber alle dieſe Nahmen nur Benennungen eines eintzigen Edel- geſteins/ der/ wie unſer Vorfahren davor gehalten/ bey der Nacht leuchten ſoll/ ſolchen aber wird man heute allenthalben vergeblich ſu- chen: Die neuern Schreiber nehmen an ſtat dieſes leuchtenden Edelge- ſteins/ den Rubin. Die Urſach des Unterſcheids unter den Auslegern iſt dieſe: dieweil das Hebreiſche Stammwort Zechuchih, entſpringet aus der Wurtzel Zachah/ welches ſo viel bedeutet/ als rein machen/ ſaͤubern/ leuchten/ weiß und durchſcheinend ſeyn. Eben dieſes Wort wird Exod. 30, v. 24. vom Rauchwerck gebrauchet/ und iſt von den 70. Dollmetſchern/ hell/ ge- geben worden. Hieraus erhellet die mißſtimmige Dollmetſchung dieſes Textes; denn dieweil dieſes Wort alles dasjenige/ was durchſichtig und ſchoͤn iſt/ bedeutet; als haben es die Uberſetzer ſolchen Dingen zugeeignet/ welche ſchoͤn/ koͤſtlich und in hohen Werth/ auch nach Erheiſchung des Textes und des Grundworts durchſichtig waren. Nach meiner Meinung/ ſo wird allhier/ weder Diamant/ noch Carbunckel oder Hyacinth gemeinet; denn es wird ſolcher Steine/ bey dem Bruſtſchildlein Aaronis/ Exod. 28 gedacht; es befindet ſich aber obi- ges Wort nicht in ſolchen Capitel; ingleichen weder das Wort Glaß/ noch Cryſtall; denn es waͤre ungereimbt/ daß ſolche Dinge von ſolgerin- gen Werthe ſolten in Vergleichung ſolcher Sachen kommen/ indeme das Glaß und Cryſtall von einer gemeinen und ſchlechten Materia her- kommet; dieſes aber ſoll etwas ungemeines ſeyn. Ferner/ ſo ſcheinet es/ daß dieſes Wort nur zum Uberfluß dem Golde ſey beygefuͤget worden; denn es wird des Glaſes in dem gantzen Alten Teſtament niemahls/ hingegen aber in dem Neuen/ zum oͤfftern ge- E e iij

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Zitationshilfe: Kunckel, Johann: Ars Vitraria Experimentalis, Oder Vollkommene Glasmacher-Kunst. Frankfurt (Main) u. a., 1679, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kunckel_glasmacher_1679/267>, abgerufen am 24.11.2024.