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Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855.

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schon noch fertig zu werden; er schreibe ohnehin heute noch einen Be¬
richt über Mehreres nach Göppingen, und wolle in denselben einflie¬
ßen lassen, daß der junge Mensch, der dem löblichen Oberamt auch
schon mehr als billig zu schaffen gemacht, mit seiner Erlaubniß in
die Fremde gehe.

Darauf empfahl sich der Sonnenwirth nebst seinem Schwiegersohne
unter vielen Danksagungen und berief zu Hause sogleich seinen Sohn
zu einer Unterredung in Ernst und Güte, nach welcher Friedrich mit
väterlicher Einwilligung in das Haus des Hirschbauern ging, um von
Christinen Abschied zu nehmen. Nur unter dieser Bedingung hatte er
sich dem Willen seines Vaters gefügt. Bei dieser Fügsamkeit waren aller¬
dings die Drohungen des Amtmanns, von welchen ihn sein Vater in
Kenntniß zu setzen für geeignet befunden hatte, der natürlichen Gutmüthig¬
keit seiner vom Glück der Liebe befriedigten und deßhalb auch für die
Mahnungen der Kindespflicht zugänglichen Seele zu Hilfe gekommen;
aber keine Rücksicht hatte ihn zur Nachgiebigkeit gegen den Wunsch
seines Vaters bewegen können, sogleich und ohne Abschied von Chri¬
stinen abzureisen, und der Sonnenwirth war genöthigt gewesen, von
diesem Begehren abzustehen, wenn nicht sein ganzes Vorhaben daran
scheitern sollte. Friedrich erklärte seinem Vater, daß er morgen früh
vor Tag den Stab ergreifen wolle, und sagte ihm deshalb auf der
Stelle Lebewohl. Von der Stiefmutter nahm er keinen Abschied. Da¬
gegen verabschiedete er sich freundlich vom Chirurgen, welchem er bei
seiner Bewerbung und nachher seine Abneigung mehr als einmal in
nicht gar feiner Weise gezeigt hatte, und in welchem er nun einen
gutgesinnten Schwager gefunden zu haben glaubte. Derselbe gestand
ihm zwar nicht, daß er der Urheber dieser Trennung sei, in welcher
er das auflösende Mittel erblickte, das er dem Sonnenwirth empfohlen
hatte; doch sagte er ihm offen, er sei mit dem Entschlusse seines Va¬
ters einverstanden und halte diese Reise für die beste Art von einer
Sache los zu kommen, die nun eben einmal nicht sein könne, worauf
Friedrich erwiderte, es sei ihm zwar leid, daß seine Standhaftigkeit
auf diese Probe gesetzt werde, aber es freue ihn auch wieder, weil er
hoffe, daß er die Probe bestehen werde. Der Chirurgus und seine
Frau schüttelten über diese Erklärung den Kopf, ließen es aber hie¬
bei bewenden, weil sie der jugendlichen Festigkeit in Durchführung

ſchon noch fertig zu werden; er ſchreibe ohnehin heute noch einen Be¬
richt über Mehreres nach Göppingen, und wolle in denſelben einflie¬
ßen laſſen, daß der junge Menſch, der dem löblichen Oberamt auch
ſchon mehr als billig zu ſchaffen gemacht, mit ſeiner Erlaubniß in
die Fremde gehe.

Darauf empfahl ſich der Sonnenwirth nebſt ſeinem Schwiegerſohne
unter vielen Dankſagungen und berief zu Hauſe ſogleich ſeinen Sohn
zu einer Unterredung in Ernſt und Güte, nach welcher Friedrich mit
väterlicher Einwilligung in das Haus des Hirſchbauern ging, um von
Chriſtinen Abſchied zu nehmen. Nur unter dieſer Bedingung hatte er
ſich dem Willen ſeines Vaters gefügt. Bei dieſer Fügſamkeit waren aller¬
dings die Drohungen des Amtmanns, von welchen ihn ſein Vater in
Kenntniß zu ſetzen für geeignet befunden hatte, der natürlichen Gutmüthig¬
keit ſeiner vom Glück der Liebe befriedigten und deßhalb auch für die
Mahnungen der Kindespflicht zugänglichen Seele zu Hilfe gekommen;
aber keine Rückſicht hatte ihn zur Nachgiebigkeit gegen den Wunſch
ſeines Vaters bewegen können, ſogleich und ohne Abſchied von Chri¬
ſtinen abzureiſen, und der Sonnenwirth war genöthigt geweſen, von
dieſem Begehren abzuſtehen, wenn nicht ſein ganzes Vorhaben daran
ſcheitern ſollte. Friedrich erklärte ſeinem Vater, daß er morgen früh
vor Tag den Stab ergreifen wolle, und ſagte ihm deshalb auf der
Stelle Lebewohl. Von der Stiefmutter nahm er keinen Abſchied. Da¬
gegen verabſchiedete er ſich freundlich vom Chirurgen, welchem er bei
ſeiner Bewerbung und nachher ſeine Abneigung mehr als einmal in
nicht gar feiner Weiſe gezeigt hatte, und in welchem er nun einen
gutgeſinnten Schwager gefunden zu haben glaubte. Derſelbe geſtand
ihm zwar nicht, daß er der Urheber dieſer Trennung ſei, in welcher
er das auflöſende Mittel erblickte, das er dem Sonnenwirth empfohlen
hatte; doch ſagte er ihm offen, er ſei mit dem Entſchluſſe ſeines Va¬
ters einverſtanden und halte dieſe Reiſe für die beſte Art von einer
Sache los zu kommen, die nun eben einmal nicht ſein könne, worauf
Friedrich erwiderte, es ſei ihm zwar leid, daß ſeine Standhaftigkeit
auf dieſe Probe geſetzt werde, aber es freue ihn auch wieder, weil er
hoffe, daß er die Probe beſtehen werde. Der Chirurgus und ſeine
Frau ſchüttelten über dieſe Erklärung den Kopf, ließen es aber hie¬
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[143/0159] ſchon noch fertig zu werden; er ſchreibe ohnehin heute noch einen Be¬ richt über Mehreres nach Göppingen, und wolle in denſelben einflie¬ ßen laſſen, daß der junge Menſch, der dem löblichen Oberamt auch ſchon mehr als billig zu ſchaffen gemacht, mit ſeiner Erlaubniß in die Fremde gehe. Darauf empfahl ſich der Sonnenwirth nebſt ſeinem Schwiegerſohne unter vielen Dankſagungen und berief zu Hauſe ſogleich ſeinen Sohn zu einer Unterredung in Ernſt und Güte, nach welcher Friedrich mit väterlicher Einwilligung in das Haus des Hirſchbauern ging, um von Chriſtinen Abſchied zu nehmen. Nur unter dieſer Bedingung hatte er ſich dem Willen ſeines Vaters gefügt. Bei dieſer Fügſamkeit waren aller¬ dings die Drohungen des Amtmanns, von welchen ihn ſein Vater in Kenntniß zu ſetzen für geeignet befunden hatte, der natürlichen Gutmüthig¬ keit ſeiner vom Glück der Liebe befriedigten und deßhalb auch für die Mahnungen der Kindespflicht zugänglichen Seele zu Hilfe gekommen; aber keine Rückſicht hatte ihn zur Nachgiebigkeit gegen den Wunſch ſeines Vaters bewegen können, ſogleich und ohne Abſchied von Chri¬ ſtinen abzureiſen, und der Sonnenwirth war genöthigt geweſen, von dieſem Begehren abzuſtehen, wenn nicht ſein ganzes Vorhaben daran ſcheitern ſollte. Friedrich erklärte ſeinem Vater, daß er morgen früh vor Tag den Stab ergreifen wolle, und ſagte ihm deshalb auf der Stelle Lebewohl. Von der Stiefmutter nahm er keinen Abſchied. Da¬ gegen verabſchiedete er ſich freundlich vom Chirurgen, welchem er bei ſeiner Bewerbung und nachher ſeine Abneigung mehr als einmal in nicht gar feiner Weiſe gezeigt hatte, und in welchem er nun einen gutgeſinnten Schwager gefunden zu haben glaubte. Derſelbe geſtand ihm zwar nicht, daß er der Urheber dieſer Trennung ſei, in welcher er das auflöſende Mittel erblickte, das er dem Sonnenwirth empfohlen hatte; doch ſagte er ihm offen, er ſei mit dem Entſchluſſe ſeines Va¬ ters einverſtanden und halte dieſe Reiſe für die beſte Art von einer Sache los zu kommen, die nun eben einmal nicht ſein könne, worauf Friedrich erwiderte, es ſei ihm zwar leid, daß ſeine Standhaftigkeit auf dieſe Probe geſetzt werde, aber es freue ihn auch wieder, weil er hoffe, daß er die Probe beſtehen werde. Der Chirurgus und ſeine Frau ſchüttelten über dieſe Erklärung den Kopf, ließen es aber hie¬ bei bewenden, weil ſie der jugendlichen Feſtigkeit in Durchführung

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Zitationshilfe: Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/159>, abgerufen am 25.11.2024.