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Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855.

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Salben hilft allenthalben. Ohne Trinkgeld richtet man in Stuttgart
nichts aus. Aber sie brauchen's auch redlich. Das ist dir ein Wohl¬
leben in den Tag hinein, daß ich dir's gar nicht beschreiben kann.
Ich möcht' nur wissen, wer das ganz' Nest verhält, ich glaub', das
Land muß sie eben verhalten, denn schaffen sieht man keinen Menschen,
als höchstens die Wirthe und die Putzmacherinnen. Schon am frühen
Vormittag liegen die Männer im Wirthshaus oder spielen in den
Kaffeehäusern, und denk' nur, die Weiber, hab' ich mir sagen lassen,
laufen des Nachmittags zu einander in die Kaffeevisit' und bleiben bis
Abends acht Uhr und drüber bei einander sitzen, und mit was meinst daß
sie sich die Zeit vertreiben? Mit Kartenspielen, und das so hoch, daß
erst vorgestern eine, wie ich gehört hab', mehr als hundert Gulden
verloren hat. Und dabei treiben sie einen Luxus, daß es nicht zum
sagen ist: Atlaskleider tragen sie und goldene Uhren, goldene Arm¬
bänder, eine Menge Ringe mit kostbaren Steinen, und Perlen um
den Hals anstatt der Granaten.

Christine seufzte.

Und der Herzog vollends, fuhr er fort, der lebt wie der Vogel
im Hanfsamen. Er ist grad so alt wie ich, hab' ich mir in Stutt¬
gart sagen lassen. 's ist doch eine confuse Welt. Ich muß bei ihm
einkommen und meine Minderjährigkeit wegsuppliciren, damit ich hei¬
rathen und ein Hauswesen führen kann: und er ist im gleichen Alter,
höchstens ein Jahr älter, und ist schon zwei Jahr' verheirathet und
regiert seit sechs Jahr' ein ganz Land, daß es blitzt und kracht.

Versteht er denn sein Handwerk? fragte Christine.

Was weiß ich? Aber herrlich und in Freuden lebt er und Andern
verbietet er was ihm selber schmeckt. Denk' nur, ich hab' auch die
Herzogin gesehen. Aber die ist schön, und noch so jung, aber mächtig
stolz. Mich wundert's nur, daß sie die ** leidet, die er neben ihr
hält, und was meinst, die baden im Burgunderwein.

Pfui, sagte Christine, da möcht' ich nicht davon trinken.

O es gibt Leut', die ihn nachher kaufen, weil man ihn natürlich
wohlfeil haben kann. Und vor acht Tagen hat er in Ludwigsburg
ein Feuerwerk geben und hat dabei für fünfmalhunderttausend Gulden
in die Luft aufgehen lassen. Man spricht noch heut' in Stuttgart

Salben hilft allenthalben. Ohne Trinkgeld richtet man in Stuttgart
nichts aus. Aber ſie brauchen's auch redlich. Das iſt dir ein Wohl¬
leben in den Tag hinein, daß ich dir's gar nicht beſchreiben kann.
Ich möcht' nur wiſſen, wer das ganz' Neſt verhält, ich glaub', das
Land muß ſie eben verhalten, denn ſchaffen ſieht man keinen Menſchen,
als höchſtens die Wirthe und die Putzmacherinnen. Schon am frühen
Vormittag liegen die Männer im Wirthshaus oder ſpielen in den
Kaffeehäuſern, und denk' nur, die Weiber, hab' ich mir ſagen laſſen,
laufen des Nachmittags zu einander in die Kaffeeviſit' und bleiben bis
Abends acht Uhr und drüber bei einander ſitzen, und mit was meinſt daß
ſie ſich die Zeit vertreiben? Mit Kartenſpielen, und das ſo hoch, daß
erſt vorgeſtern eine, wie ich gehört hab', mehr als hundert Gulden
verloren hat. Und dabei treiben ſie einen Luxus, daß es nicht zum
ſagen iſt: Atlaskleider tragen ſie und goldene Uhren, goldene Arm¬
bänder, eine Menge Ringe mit koſtbaren Steinen, und Perlen um
den Hals anſtatt der Granaten.

Chriſtine ſeufzte.

Und der Herzog vollends, fuhr er fort, der lebt wie der Vogel
im Hanfſamen. Er iſt grad ſo alt wie ich, hab' ich mir in Stutt¬
gart ſagen laſſen. 's iſt doch eine confuſe Welt. Ich muß bei ihm
einkommen und meine Minderjährigkeit wegſuppliciren, damit ich hei¬
rathen und ein Hausweſen führen kann: und er iſt im gleichen Alter,
höchſtens ein Jahr älter, und iſt ſchon zwei Jahr' verheirathet und
regiert ſeit ſechs Jahr' ein ganz Land, daß es blitzt und kracht.

Verſteht er denn ſein Handwerk? fragte Chriſtine.

Was weiß ich? Aber herrlich und in Freuden lebt er und Andern
verbietet er was ihm ſelber ſchmeckt. Denk' nur, ich hab' auch die
Herzogin geſehen. Aber die iſt ſchön, und noch ſo jung, aber mächtig
ſtolz. Mich wundert's nur, daß ſie die ** leidet, die er neben ihr
hält, und was meinſt, die baden im Burgunderwein.

Pfui, ſagte Chriſtine, da möcht' ich nicht davon trinken.

O es gibt Leut', die ihn nachher kaufen, weil man ihn natürlich
wohlfeil haben kann. Und vor acht Tagen hat er in Ludwigsburg
ein Feuerwerk geben und hat dabei für fünfmalhunderttauſend Gulden
in die Luft aufgehen laſſen. Man ſpricht noch heut' in Stuttgart

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[216/0232] Salben hilft allenthalben. Ohne Trinkgeld richtet man in Stuttgart nichts aus. Aber ſie brauchen's auch redlich. Das iſt dir ein Wohl¬ leben in den Tag hinein, daß ich dir's gar nicht beſchreiben kann. Ich möcht' nur wiſſen, wer das ganz' Neſt verhält, ich glaub', das Land muß ſie eben verhalten, denn ſchaffen ſieht man keinen Menſchen, als höchſtens die Wirthe und die Putzmacherinnen. Schon am frühen Vormittag liegen die Männer im Wirthshaus oder ſpielen in den Kaffeehäuſern, und denk' nur, die Weiber, hab' ich mir ſagen laſſen, laufen des Nachmittags zu einander in die Kaffeeviſit' und bleiben bis Abends acht Uhr und drüber bei einander ſitzen, und mit was meinſt daß ſie ſich die Zeit vertreiben? Mit Kartenſpielen, und das ſo hoch, daß erſt vorgeſtern eine, wie ich gehört hab', mehr als hundert Gulden verloren hat. Und dabei treiben ſie einen Luxus, daß es nicht zum ſagen iſt: Atlaskleider tragen ſie und goldene Uhren, goldene Arm¬ bänder, eine Menge Ringe mit koſtbaren Steinen, und Perlen um den Hals anſtatt der Granaten. Chriſtine ſeufzte. Und der Herzog vollends, fuhr er fort, der lebt wie der Vogel im Hanfſamen. Er iſt grad ſo alt wie ich, hab' ich mir in Stutt¬ gart ſagen laſſen. 's iſt doch eine confuſe Welt. Ich muß bei ihm einkommen und meine Minderjährigkeit wegſuppliciren, damit ich hei¬ rathen und ein Hausweſen führen kann: und er iſt im gleichen Alter, höchſtens ein Jahr älter, und iſt ſchon zwei Jahr' verheirathet und regiert ſeit ſechs Jahr' ein ganz Land, daß es blitzt und kracht. Verſteht er denn ſein Handwerk? fragte Chriſtine. Was weiß ich? Aber herrlich und in Freuden lebt er und Andern verbietet er was ihm ſelber ſchmeckt. Denk' nur, ich hab' auch die Herzogin geſehen. Aber die iſt ſchön, und noch ſo jung, aber mächtig ſtolz. Mich wundert's nur, daß ſie die ** leidet, die er neben ihr hält, und was meinſt, die baden im Burgunderwein. Pfui, ſagte Chriſtine, da möcht' ich nicht davon trinken. O es gibt Leut', die ihn nachher kaufen, weil man ihn natürlich wohlfeil haben kann. Und vor acht Tagen hat er in Ludwigsburg ein Feuerwerk geben und hat dabei für fünfmalhunderttauſend Gulden in die Luft aufgehen laſſen. Man ſpricht noch heut' in Stuttgart

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Zitationshilfe: Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/232>, abgerufen am 21.11.2024.