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Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855.

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Dann hast du gesagt, dein Mann?

Durch solche Reden hätt' ich sie nur noch mehr wider mich in
Harnisch bracht, und 's ist mir so schon schlecht gnug gangen. Mein
Jerg, das muß ich ihm nachsagen, hat wie ein Vater an mir gehan¬
delt; er hat immer gegen mein' Mutter gesagt, wenn du da wärst,
so wär's dein' Sach', für mich zu sorgen, aber wenn einer lebendig
begraben sei, so könn' man ihm nichts mehr zumuthen. Das Wasser
ist ihm aber selber oft bis an Hals gangen, und dann ist er oft fort
gewesen, um sein Brod auswärts zu suchen. Ich hab' vor Kirchen¬
convent kaum stehen können, so schwach ist mir's gewesen. Der Schütz
hat mich nachher mitgenommen, und er und sein Weib haben mir
ein bisle zu essen geben; ich hab's auch angenommen, denn ich hab'
vielmals denkt, ich werd' das Kind nicht lebig zur Welt bringen.

Er ist ein versoffener Lump, sagte Friedrich, aber er ist doch besser
als Mancher, der in der Tugend und in der Wolle sitzt. Wie's dem
Armen zu Muth ist, das begreift doch nur wieder der Arme, aber
eben darum können sie einander nicht viel helfen. Ich glaub', der
Schlucker hat ein paar unerzogene Kinder.

Viere! sagte Christine. Er hat aber gesagt, du habest ihm hie
und da einen Schoppen eingeschenkt, und das werd' er dir gedenken.
Die Herren haben mir nichts geben als böse Wort'. Sie haben mir
bedeutet, ich dürf' mich nicht aus dem Flecken entfernen, weil die Sach'
an's löbliche Oberamt berichtet werden müss', von wegen deines bösen
Lebens. Dort sind sie auch bald mit mir fertig gewesen. Ich hab'
mein Kind vor dürfen zur Welt bringen und ein paar Wochen pflegen,
und dann hab' ich eben in's Zuchthaus wandern müssen.

Auf zwei Jahr'!

Nein, denk' nur, auf unbestimmte Zeit, bis die Aufseherin mir
das Zeugniß geben hat, ich sei jetzt so, daß man mich entlassen könn',
und das ist bloß daher kommen, daß ich gehört hab', du seiest von
Hohentwiel ausgeflogen, denn unartig bin ich zwar nie gegen sie ge¬
wesen, aber immer still, bis die Freud' über mich 'reinbrochen ist, und
dann hab' ich ihr Alles gethan, was ich ihr an den Augen abgesehen
hab', und zuletzt ist sie für mich gut gestanden, daß man mich hat
springen lassen, weil ich jetzt ganz 'bessert sei.

Die Art gefällt mir erst noch, bemerkte er. Würd' im Zuchthaus

Dann haſt du geſagt, dein Mann?

Durch ſolche Reden hätt' ich ſie nur noch mehr wider mich in
Harniſch bracht, und 's iſt mir ſo ſchon ſchlecht gnug gangen. Mein
Jerg, das muß ich ihm nachſagen, hat wie ein Vater an mir gehan¬
delt; er hat immer gegen mein' Mutter geſagt, wenn du da wärſt,
ſo wär's dein' Sach', für mich zu ſorgen, aber wenn einer lebendig
begraben ſei, ſo könn' man ihm nichts mehr zumuthen. Das Waſſer
iſt ihm aber ſelber oft bis an Hals gangen, und dann iſt er oft fort
geweſen, um ſein Brod auswärts zu ſuchen. Ich hab' vor Kirchen¬
convent kaum ſtehen können, ſo ſchwach iſt mir's geweſen. Der Schütz
hat mich nachher mitgenommen, und er und ſein Weib haben mir
ein bisle zu eſſen geben; ich hab's auch angenommen, denn ich hab'
vielmals denkt, ich werd' das Kind nicht lebig zur Welt bringen.

Er iſt ein verſoffener Lump, ſagte Friedrich, aber er iſt doch beſſer
als Mancher, der in der Tugend und in der Wolle ſitzt. Wie's dem
Armen zu Muth iſt, das begreift doch nur wieder der Arme, aber
eben darum können ſie einander nicht viel helfen. Ich glaub', der
Schlucker hat ein paar unerzogene Kinder.

Viere! ſagte Chriſtine. Er hat aber geſagt, du habeſt ihm hie
und da einen Schoppen eingeſchenkt, und das werd' er dir gedenken.
Die Herren haben mir nichts geben als böſe Wort'. Sie haben mir
bedeutet, ich dürf' mich nicht aus dem Flecken entfernen, weil die Sach'
an's löbliche Oberamt berichtet werden müſſ', von wegen deines böſen
Lebens. Dort ſind ſie auch bald mit mir fertig geweſen. Ich hab'
mein Kind vor dürfen zur Welt bringen und ein paar Wochen pflegen,
und dann hab' ich eben in's Zuchthaus wandern müſſen.

Auf zwei Jahr'!

Nein, denk' nur, auf unbeſtimmte Zeit, bis die Aufſeherin mir
das Zeugniß geben hat, ich ſei jetzt ſo, daß man mich entlaſſen könn',
und das iſt bloß daher kommen, daß ich gehört hab', du ſeieſt von
Hohentwiel ausgeflogen, denn unartig bin ich zwar nie gegen ſie ge¬
weſen, aber immer ſtill, bis die Freud' über mich 'reinbrochen iſt, und
dann hab' ich ihr Alles gethan, was ich ihr an den Augen abgeſehen
hab', und zuletzt iſt ſie für mich gut geſtanden, daß man mich hat
ſpringen laſſen, weil ich jetzt ganz 'beſſert ſei.

Die Art gefällt mir erſt noch, bemerkte er. Würd' im Zuchthaus

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[314/0330] Dann haſt du geſagt, dein Mann? Durch ſolche Reden hätt' ich ſie nur noch mehr wider mich in Harniſch bracht, und 's iſt mir ſo ſchon ſchlecht gnug gangen. Mein Jerg, das muß ich ihm nachſagen, hat wie ein Vater an mir gehan¬ delt; er hat immer gegen mein' Mutter geſagt, wenn du da wärſt, ſo wär's dein' Sach', für mich zu ſorgen, aber wenn einer lebendig begraben ſei, ſo könn' man ihm nichts mehr zumuthen. Das Waſſer iſt ihm aber ſelber oft bis an Hals gangen, und dann iſt er oft fort geweſen, um ſein Brod auswärts zu ſuchen. Ich hab' vor Kirchen¬ convent kaum ſtehen können, ſo ſchwach iſt mir's geweſen. Der Schütz hat mich nachher mitgenommen, und er und ſein Weib haben mir ein bisle zu eſſen geben; ich hab's auch angenommen, denn ich hab' vielmals denkt, ich werd' das Kind nicht lebig zur Welt bringen. Er iſt ein verſoffener Lump, ſagte Friedrich, aber er iſt doch beſſer als Mancher, der in der Tugend und in der Wolle ſitzt. Wie's dem Armen zu Muth iſt, das begreift doch nur wieder der Arme, aber eben darum können ſie einander nicht viel helfen. Ich glaub', der Schlucker hat ein paar unerzogene Kinder. Viere! ſagte Chriſtine. Er hat aber geſagt, du habeſt ihm hie und da einen Schoppen eingeſchenkt, und das werd' er dir gedenken. Die Herren haben mir nichts geben als böſe Wort'. Sie haben mir bedeutet, ich dürf' mich nicht aus dem Flecken entfernen, weil die Sach' an's löbliche Oberamt berichtet werden müſſ', von wegen deines böſen Lebens. Dort ſind ſie auch bald mit mir fertig geweſen. Ich hab' mein Kind vor dürfen zur Welt bringen und ein paar Wochen pflegen, und dann hab' ich eben in's Zuchthaus wandern müſſen. Auf zwei Jahr'! Nein, denk' nur, auf unbeſtimmte Zeit, bis die Aufſeherin mir das Zeugniß geben hat, ich ſei jetzt ſo, daß man mich entlaſſen könn', und das iſt bloß daher kommen, daß ich gehört hab', du ſeieſt von Hohentwiel ausgeflogen, denn unartig bin ich zwar nie gegen ſie ge¬ weſen, aber immer ſtill, bis die Freud' über mich 'reinbrochen iſt, und dann hab' ich ihr Alles gethan, was ich ihr an den Augen abgeſehen hab', und zuletzt iſt ſie für mich gut geſtanden, daß man mich hat ſpringen laſſen, weil ich jetzt ganz 'beſſert ſei. Die Art gefällt mir erſt noch, bemerkte er. Würd' im Zuchthaus

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Zitationshilfe: Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/330>, abgerufen am 22.11.2024.