Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855.hat ihnen das Stadtthor in der Nacht fortgetragen und Füchs' in ihre Du gibst ja recht Acht, sagte der Vater freundlich. Möchtest Der Knabe sah ihn verwundert an. Gelt, das verstehst du nicht? Was möchtest denn werden? Ich möcht' werden, was mein Vater ist. Was ist denn dein Vater? Der Knabe sah ihn starr an und antwortete auf wiederholtes Fra¬ Warum sagst du denn, du möchtest werden was dein Vater ist, Ha, so sagt jeder Bub', wenn man ihn fragt was er werden wöll'. So! Wie heißen sie denn deinen Vater? Er sei söllig stark, so daß Alles Angst vor ihm haben müss'. So? und was sagen sie sonst von ihm? Der Knabe schwieg. Wie gehen denn deine Kameraden in der Schule mit dir um? Sie lassen mich nicht in's Buch 'neingucken, so daß mir der Schul¬ Für was? Der Knabe schwieg. Ich befehl' dir's, ich will wissen, was sie von deinem Vater ge¬ Er mußte seinen Willen im gebietendsten Tone geltend machen, Und wenn das wahr ist, so willst du dennoch werden, was dein Ja. Was ist Einer, der stiehlt? hat ihnen das Stadtthor in der Nacht fortgetragen und Füchſ' in ihre Du gibſt ja recht Acht, ſagte der Vater freundlich. Möchteſt Der Knabe ſah ihn verwundert an. Gelt, das verſtehſt du nicht? Was möchteſt denn werden? Ich möcht' werden, was mein Vater iſt. Was iſt denn dein Vater? Der Knabe ſah ihn ſtarr an und antwortete auf wiederholtes Fra¬ Warum ſagſt du denn, du möchteſt werden was dein Vater iſt, Ha, ſo ſagt jeder Bub', wenn man ihn fragt was er werden wöll'. So! Wie heißen ſie denn deinen Vater? Er ſei ſöllig ſtark, ſo daß Alles Angſt vor ihm haben müſſ'. So? und was ſagen ſie ſonſt von ihm? Der Knabe ſchwieg. Wie gehen denn deine Kameraden in der Schule mit dir um? Sie laſſen mich nicht in's Buch 'neingucken, ſo daß mir der Schul¬ Für was? Der Knabe ſchwieg. Ich befehl' dir's, ich will wiſſen, was ſie von deinem Vater ge¬ Er mußte ſeinen Willen im gebietendſten Tone geltend machen, Und wenn das wahr iſt, ſo willſt du dennoch werden, was dein Ja. Was iſt Einer, der ſtiehlt? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0354" n="338"/> hat ihnen das Stadtthor in der Nacht fortgetragen und Füchſ' in ihre<lb/> Felder trieben mit brennende Schwänz', und wie er zuletzt das Haus<lb/> eingeriſſen hat, daß es auf ihn und alle Philiſter zuſammengefallen iſt.</p><lb/> <p>Du gibſt ja recht Acht, ſagte der Vater freundlich. Möchteſt<lb/> vielleicht auch ein Simſon werden?</p><lb/> <p>Der Knabe ſah ihn verwundert an.</p><lb/> <p>Gelt, das verſtehſt du nicht? Was möchteſt denn werden?</p><lb/> <p>Ich möcht' werden, was mein Vater iſt.</p><lb/> <p>Was iſt denn dein Vater?</p><lb/> <p>Der Knabe ſah ihn ſtarr an und antwortete auf wiederholtes Fra¬<lb/> gen: Ich weiß nicht.</p><lb/> <p>Warum ſagſt du denn, du möchteſt werden was dein Vater iſt,<lb/> und weißt es nicht?</p><lb/> <p>Ha, ſo ſagt jeder Bub', wenn man ihn fragt was er werden wöll'.</p><lb/> <p>So! Wie heißen ſie denn deinen Vater?</p><lb/> <p>Er ſei ſöllig ſtark, ſo daß Alles Angſt vor ihm haben müſſ'.</p><lb/> <p>So? und was ſagen ſie ſonſt von ihm?</p><lb/> <p>Der Knabe ſchwieg.</p><lb/> <p>Wie gehen denn deine Kameraden in der Schule mit dir um?<lb/> Sag's, ich will's wiſſen.</p><lb/> <p>Sie laſſen mich nicht in's Buch 'neingucken, ſo daß mir der Schul¬<lb/> meiſter ſchon oft eine beſondere Bibel geben hat, und einmal, wo ſie<lb/> wüſt gegen mich geweſen ſind, hat der Schulmeiſter zu ihnen geſagt,<lb/> ſie ſollen mich gehen laſſen, ich ſei ein unglücklich's Kind, ich könn'<lb/> nichts dafür.</p><lb/> <p>Für was?</p><lb/> <p>Der Knabe ſchwieg.</p><lb/> <p>Ich befehl' dir's, ich will wiſſen, was ſie von deinem Vater ge¬<lb/> ſagt haben.</p><lb/> <p>Er mußte ſeinen Willen im gebietendſten Tone geltend machen,<lb/> bis der Knabe endlich ſchüchtern und zögernd antwortete: Sie ſagen —<lb/> Er hab' — geſtohlen.</p><lb/> <p>Und wenn das wahr iſt, ſo willſt du dennoch werden, was dein<lb/> Vater iſt?</p><lb/> <p>Ja.</p><lb/> <p>Was iſt Einer, der ſtiehlt?</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [338/0354]
hat ihnen das Stadtthor in der Nacht fortgetragen und Füchſ' in ihre
Felder trieben mit brennende Schwänz', und wie er zuletzt das Haus
eingeriſſen hat, daß es auf ihn und alle Philiſter zuſammengefallen iſt.
Du gibſt ja recht Acht, ſagte der Vater freundlich. Möchteſt
vielleicht auch ein Simſon werden?
Der Knabe ſah ihn verwundert an.
Gelt, das verſtehſt du nicht? Was möchteſt denn werden?
Ich möcht' werden, was mein Vater iſt.
Was iſt denn dein Vater?
Der Knabe ſah ihn ſtarr an und antwortete auf wiederholtes Fra¬
gen: Ich weiß nicht.
Warum ſagſt du denn, du möchteſt werden was dein Vater iſt,
und weißt es nicht?
Ha, ſo ſagt jeder Bub', wenn man ihn fragt was er werden wöll'.
So! Wie heißen ſie denn deinen Vater?
Er ſei ſöllig ſtark, ſo daß Alles Angſt vor ihm haben müſſ'.
So? und was ſagen ſie ſonſt von ihm?
Der Knabe ſchwieg.
Wie gehen denn deine Kameraden in der Schule mit dir um?
Sag's, ich will's wiſſen.
Sie laſſen mich nicht in's Buch 'neingucken, ſo daß mir der Schul¬
meiſter ſchon oft eine beſondere Bibel geben hat, und einmal, wo ſie
wüſt gegen mich geweſen ſind, hat der Schulmeiſter zu ihnen geſagt,
ſie ſollen mich gehen laſſen, ich ſei ein unglücklich's Kind, ich könn'
nichts dafür.
Für was?
Der Knabe ſchwieg.
Ich befehl' dir's, ich will wiſſen, was ſie von deinem Vater ge¬
ſagt haben.
Er mußte ſeinen Willen im gebietendſten Tone geltend machen,
bis der Knabe endlich ſchüchtern und zögernd antwortete: Sie ſagen —
Er hab' — geſtohlen.
Und wenn das wahr iſt, ſo willſt du dennoch werden, was dein
Vater iſt?
Ja.
Was iſt Einer, der ſtiehlt?
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