Was reden sie in Ebersbach von mir? fragte er, sich bequem auf den Boden streckend.
Sie haben gottsträflich Angst vor dir.
Er lachte und ließ nicht ab mit Fragen, bis ihm der Hüter die gleiche Antwort wohl sechsmal in verschiedenen Wendungen wiederholt gegeben hatte.
Aber die Börtlinger G'schicht' macht bös Blut, es wird allenthalben nach dir gestreift und es ist da herum nicht mehr gut wohnen für dich. Er lachte noch lauter und fing nun mit diesem Einbruch, den er vor wenigen Stunden mit manchem Gewissensbiß erzählt, heillos zu prah¬ len an. Dabei machte er sich mit dem Amtmann von Adelberg und andern vornehmen Personen groß, indem er so das Märchen, das vielleicht seine Genossen zu seiner eigenen Aufmunterung ersonnen hatten, weiter ver¬ breitete. Indessen erreichte er seine Absicht, denn der Hüter bemerkte, wenn solche Leute mit in der Verschwörung seien, so werde der Schrecken in der ganzen Gegend um so größer werden. Hierauf befahl er ihm, den Amtmann von ihm zu grüßen, er habe eine schöne Flinte, die dem Herrn Amtmann gewiß anständig wäre, sie sei recht leicht; warum er denn gar nicht mehr auf die Jagd komme? Zu diesen Hohnreden fügte er Drohungen gegen seine Verfolger, seinen Vormund und den ganzen Flecken. Nach der Ernte, wenn die Scheuern voll seien, sagte er, sei es besser die Häuser anzuzünden, es brenne leichter und gebe ein größere Freude. Der Hüter wagte bescheidentlich einzuwenden, er gehe ja selbst nach Brod und werde doch der Gottesgabe nicht so mitspielen wollen. Ei was! erwiderte er kindisch, ob ich's verbrenne oder ob's der Hagel erschlägt, das ist Alles eins.
Zuletzt kam er wieder auf den Schultheißen von Börtlingen zu sprechen und sich zu rühmen, wie er diesen für seine Heuchelei und Ungerechtigkeit bestraft habe. So muß man's machen, sagte er: ist's nicht recht so?
Unser Pfarrer, sagte der Hüter ausweichend, schimpft auch auf ihn und sagt, jetzt habe er's, daß er nicht mehr Vorsicht anwende und Alles dem Himmel überlassen wolle; er verderbe dem geistlichen und weltlichen Amt das Spiel, verschmähe allen erlaubten Prosit, hänge sein Geld an die Armen, die dadurch nur immer begehrlicher werden, und opfere sich auf eine einfältige Art für seine Gemeinde auf, so daß
Was reden ſie in Ebersbach von mir? fragte er, ſich bequem auf den Boden ſtreckend.
Sie haben gottſträflich Angſt vor dir.
Er lachte und ließ nicht ab mit Fragen, bis ihm der Hüter die gleiche Antwort wohl ſechsmal in verſchiedenen Wendungen wiederholt gegeben hatte.
Aber die Börtlinger G'ſchicht' macht bös Blut, es wird allenthalben nach dir geſtreift und es iſt da herum nicht mehr gut wohnen für dich. Er lachte noch lauter und fing nun mit dieſem Einbruch, den er vor wenigen Stunden mit manchem Gewiſſensbiß erzählt, heillos zu prah¬ len an. Dabei machte er ſich mit dem Amtmann von Adelberg und andern vornehmen Perſonen groß, indem er ſo das Märchen, das vielleicht ſeine Genoſſen zu ſeiner eigenen Aufmunterung erſonnen hatten, weiter ver¬ breitete. Indeſſen erreichte er ſeine Abſicht, denn der Hüter bemerkte, wenn ſolche Leute mit in der Verſchwörung ſeien, ſo werde der Schrecken in der ganzen Gegend um ſo größer werden. Hierauf befahl er ihm, den Amtmann von ihm zu grüßen, er habe eine ſchöne Flinte, die dem Herrn Amtmann gewiß anſtändig wäre, ſie ſei recht leicht; warum er denn gar nicht mehr auf die Jagd komme? Zu dieſen Hohnreden fügte er Drohungen gegen ſeine Verfolger, ſeinen Vormund und den ganzen Flecken. Nach der Ernte, wenn die Scheuern voll ſeien, ſagte er, ſei es beſſer die Häuſer anzuzünden, es brenne leichter und gebe ein größere Freude. Der Hüter wagte beſcheidentlich einzuwenden, er gehe ja ſelbſt nach Brod und werde doch der Gottesgabe nicht ſo mitſpielen wollen. Ei was! erwiderte er kindiſch, ob ich's verbrenne oder ob's der Hagel erſchlägt, das iſt Alles eins.
Zuletzt kam er wieder auf den Schultheißen von Börtlingen zu ſprechen und ſich zu rühmen, wie er dieſen für ſeine Heuchelei und Ungerechtigkeit beſtraft habe. So muß man's machen, ſagte er: iſt's nicht recht ſo?
Unſer Pfarrer, ſagte der Hüter ausweichend, ſchimpft auch auf ihn und ſagt, jetzt habe er's, daß er nicht mehr Vorſicht anwende und Alles dem Himmel überlaſſen wolle; er verderbe dem geiſtlichen und weltlichen Amt das Spiel, verſchmähe allen erlaubten Proſit, hänge ſein Geld an die Armen, die dadurch nur immer begehrlicher werden, und opfere ſich auf eine einfältige Art für ſeine Gemeinde auf, ſo daß
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Was reden ſie in Ebersbach von mir? fragte er, ſich bequem auf
den Boden ſtreckend.
Sie haben gottſträflich Angſt vor dir.
Er lachte und ließ nicht ab mit Fragen, bis ihm der Hüter die
gleiche Antwort wohl ſechsmal in verſchiedenen Wendungen wiederholt
gegeben hatte.
Aber die Börtlinger G'ſchicht' macht bös Blut, es wird allenthalben
nach dir geſtreift und es iſt da herum nicht mehr gut wohnen für dich.
Er lachte noch lauter und fing nun mit dieſem Einbruch, den er
vor wenigen Stunden mit manchem Gewiſſensbiß erzählt, heillos zu prah¬
len an. Dabei machte er ſich mit dem Amtmann von Adelberg und andern
vornehmen Perſonen groß, indem er ſo das Märchen, das vielleicht ſeine
Genoſſen zu ſeiner eigenen Aufmunterung erſonnen hatten, weiter ver¬
breitete. Indeſſen erreichte er ſeine Abſicht, denn der Hüter bemerkte,
wenn ſolche Leute mit in der Verſchwörung ſeien, ſo werde der Schrecken
in der ganzen Gegend um ſo größer werden. Hierauf befahl er ihm,
den Amtmann von ihm zu grüßen, er habe eine ſchöne Flinte, die
dem Herrn Amtmann gewiß anſtändig wäre, ſie ſei recht leicht; warum
er denn gar nicht mehr auf die Jagd komme? Zu dieſen Hohnreden
fügte er Drohungen gegen ſeine Verfolger, ſeinen Vormund und den
ganzen Flecken. Nach der Ernte, wenn die Scheuern voll ſeien, ſagte
er, ſei es beſſer die Häuſer anzuzünden, es brenne leichter und gebe
ein größere Freude. Der Hüter wagte beſcheidentlich einzuwenden,
er gehe ja ſelbſt nach Brod und werde doch der Gottesgabe nicht ſo
mitſpielen wollen. Ei was! erwiderte er kindiſch, ob ich's verbrenne
oder ob's der Hagel erſchlägt, das iſt Alles eins.
Zuletzt kam er wieder auf den Schultheißen von Börtlingen
zu ſprechen und ſich zu rühmen, wie er dieſen für ſeine Heuchelei
und Ungerechtigkeit beſtraft habe. So muß man's machen, ſagte er:
iſt's nicht recht ſo?
Unſer Pfarrer, ſagte der Hüter ausweichend, ſchimpft auch auf
ihn und ſagt, jetzt habe er's, daß er nicht mehr Vorſicht anwende
und Alles dem Himmel überlaſſen wolle; er verderbe dem geiſtlichen
und weltlichen Amt das Spiel, verſchmähe allen erlaubten Proſit, hänge
ſein Geld an die Armen, die dadurch nur immer begehrlicher werden, und
opfere ſich auf eine einfältige Art für ſeine Gemeinde auf, ſo daß
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Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 430. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/446>, abgerufen am 22.11.2024.
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