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Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855.

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Die kamen aber nicht. Dem Amtmann ritt er vor's Haus, klopfte
auf den Schenkel, höhnte und drohte. Von da ging's vor die Sonne,
wo er's eben so machte. Kurz er trieb allen erdenklichen Uebermuth,
wie ein losgelassener Eber; denn natürlich, er war betrunken. Wie
er nun vollends seine Pistolen losschoß und niemand seines Lebens
mehr sicher war, da mußte die Bürgerschaft ein Einsehen haben. Ich
gesteh's, und es reut mich jetzt noch nicht: ich lud meine Flinte mit
Schrot, der Zeiger Frank und der Spanner Eberhard, des Chirurgen
Bruder, thaten deßgleichen -- wer ihn eigentlich getroffen hat, weiß
ich nicht. Aber er stürzte vom Gaul, wie ein Mehlsack. Das Pferd
war hin, er selbst hatte den linken Fuß voll Schrot, und also war's
leicht mit ihm fertig werden.

Das ist ja ein Mordkerl! rief der Knecht. Aber hat es Euch
und den andern Schützen keine Angelegenheit gemacht, fragte er
weiter, daß ihr der Obrigkeit so mir nichts dir nichts ins Handwerk
gegriffen habt?

Bewahr'! lachte der Müller. Obrigkeit und Bürgerschaft waren
froh, daß sie die Belagerung überstanden hatten, und der Amtmann
hat, glaub' ich, dem Vogt nichts davon berichtet, auf was Art der Sturm
abgeschlagen worden sei.

Und seitdem, fragte der Knecht, sitzt er im Zuchthaus?

Ich hab' dir's ja gesagt, erwiderte sein Herr, daß er jetzt zum
zweitenmal drin ist.

Was? Ist er seinem Vater abermals über den Geldkasten gegangen?

Nein, in dem Fach hat er ein Haar gefunden und hat ihm
abgesagt.

Man kann ihm nichts Böses nachsagen, versetzte der Fischer, bis
auf das, was man nicht weiß. In einem Wirthshaus läßt sich
Manches verschleppen, man kann da nicht so nachrechnen, wo die Sachen
hinkommen. Ich möcht' doch auch wissen, aus welchem Beutel er auf
dem Tanzboden immer so dick gethan hat.

Ich glaub', er hat dem Herzog hier und da einen Hirsch wegge¬
büxt, sagte der jüngere Müller.

Ja, ja, rief der Fischer, die Flinte, die er als Bub' von seinem
Vater kriegte, hat ihre Früchte getragen. Das ist die zweite ge¬

Die kamen aber nicht. Dem Amtmann ritt er vor's Haus, klopfte
auf den Schenkel, höhnte und drohte. Von da ging's vor die Sonne,
wo er's eben ſo machte. Kurz er trieb allen erdenklichen Uebermuth,
wie ein losgelaſſener Eber; denn natürlich, er war betrunken. Wie
er nun vollends ſeine Piſtolen losſchoß und niemand ſeines Lebens
mehr ſicher war, da mußte die Bürgerſchaft ein Einſehen haben. Ich
geſteh's, und es reut mich jetzt noch nicht: ich lud meine Flinte mit
Schrot, der Zeiger Frank und der Spanner Eberhard, des Chirurgen
Bruder, thaten deßgleichen — wer ihn eigentlich getroffen hat, weiß
ich nicht. Aber er ſtürzte vom Gaul, wie ein Mehlſack. Das Pferd
war hin, er ſelbſt hatte den linken Fuß voll Schrot, und alſo war's
leicht mit ihm fertig werden.

Das iſt ja ein Mordkerl! rief der Knecht. Aber hat es Euch
und den andern Schützen keine Angelegenheit gemacht, fragte er
weiter, daß ihr der Obrigkeit ſo mir nichts dir nichts ins Handwerk
gegriffen habt?

Bewahr'! lachte der Müller. Obrigkeit und Bürgerſchaft waren
froh, daß ſie die Belagerung überſtanden hatten, und der Amtmann
hat, glaub' ich, dem Vogt nichts davon berichtet, auf was Art der Sturm
abgeſchlagen worden ſei.

Und ſeitdem, fragte der Knecht, ſitzt er im Zuchthaus?

Ich hab' dir's ja geſagt, erwiderte ſein Herr, daß er jetzt zum
zweitenmal drin iſt.

Was? Iſt er ſeinem Vater abermals über den Geldkaſten gegangen?

Nein, in dem Fach hat er ein Haar gefunden und hat ihm
abgeſagt.

Man kann ihm nichts Böſes nachſagen, verſetzte der Fiſcher, bis
auf das, was man nicht weiß. In einem Wirthshaus läßt ſich
Manches verſchleppen, man kann da nicht ſo nachrechnen, wo die Sachen
hinkommen. Ich möcht' doch auch wiſſen, aus welchem Beutel er auf
dem Tanzboden immer ſo dick gethan hat.

Ich glaub', er hat dem Herzog hier und da einen Hirſch wegge¬
büxt, ſagte der jüngere Müller.

Ja, ja, rief der Fiſcher, die Flinte, die er als Bub' von ſeinem
Vater kriegte, hat ihre Früchte getragen. Das iſt die zweite ge¬

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[30/0046] Die kamen aber nicht. Dem Amtmann ritt er vor's Haus, klopfte auf den Schenkel, höhnte und drohte. Von da ging's vor die Sonne, wo er's eben ſo machte. Kurz er trieb allen erdenklichen Uebermuth, wie ein losgelaſſener Eber; denn natürlich, er war betrunken. Wie er nun vollends ſeine Piſtolen losſchoß und niemand ſeines Lebens mehr ſicher war, da mußte die Bürgerſchaft ein Einſehen haben. Ich geſteh's, und es reut mich jetzt noch nicht: ich lud meine Flinte mit Schrot, der Zeiger Frank und der Spanner Eberhard, des Chirurgen Bruder, thaten deßgleichen — wer ihn eigentlich getroffen hat, weiß ich nicht. Aber er ſtürzte vom Gaul, wie ein Mehlſack. Das Pferd war hin, er ſelbſt hatte den linken Fuß voll Schrot, und alſo war's leicht mit ihm fertig werden. Das iſt ja ein Mordkerl! rief der Knecht. Aber hat es Euch und den andern Schützen keine Angelegenheit gemacht, fragte er weiter, daß ihr der Obrigkeit ſo mir nichts dir nichts ins Handwerk gegriffen habt? Bewahr'! lachte der Müller. Obrigkeit und Bürgerſchaft waren froh, daß ſie die Belagerung überſtanden hatten, und der Amtmann hat, glaub' ich, dem Vogt nichts davon berichtet, auf was Art der Sturm abgeſchlagen worden ſei. Und ſeitdem, fragte der Knecht, ſitzt er im Zuchthaus? Ich hab' dir's ja geſagt, erwiderte ſein Herr, daß er jetzt zum zweitenmal drin iſt. Was? Iſt er ſeinem Vater abermals über den Geldkaſten gegangen? Nein, in dem Fach hat er ein Haar gefunden und hat ihm abgeſagt. Man kann ihm nichts Böſes nachſagen, verſetzte der Fiſcher, bis auf das, was man nicht weiß. In einem Wirthshaus läßt ſich Manches verſchleppen, man kann da nicht ſo nachrechnen, wo die Sachen hinkommen. Ich möcht' doch auch wiſſen, aus welchem Beutel er auf dem Tanzboden immer ſo dick gethan hat. Ich glaub', er hat dem Herzog hier und da einen Hirſch wegge¬ büxt, ſagte der jüngere Müller. Ja, ja, rief der Fiſcher, die Flinte, die er als Bub' von ſeinem Vater kriegte, hat ihre Früchte getragen. Das iſt die zweite ge¬

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Zitationshilfe: Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/46>, abgerufen am 21.11.2024.