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Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855.

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sehr hart sei. Man wird ihm nicht zu nahe treten, wenn man ver¬
muthet, er habe von seiner so wirksam ausgedrückten Reue wo nicht
Begnadigung, doch wenigstens Milderung der Todesart gehofft. Ob
und was er über die Verurtheilung seiner Mitangeklagten bemerkte,
ist nicht aufgezeichnet; wenn er aber das Urtheil über die Magd in's
Auge faßte, so konnte er sich sagen, daß er aus einer Zeit von hin¬
nen gehe, die des Christenthums und Rechtsbewußtseins, dessen Mangel
sie an ihren armen Sündern bestrafte, sich selbst nicht hoch berühmen
durfte.

Indessen fuhr er mit unveränderter Gesinnung in seinen Denk¬
würdigkeiten fort, die er an jenem Tage noch nicht beendigt hatte.
Bald auch, sagt sein Geschichtschreiber, habe er sich selbst wegen seiner
Zaghaftigkeit bestraft und seine vorige Stärke wieder erlangt, und den
folgenden Tag habe er dem ihn gleich Morgens besuchenden Geist¬
lichen zugerufen: "Nur noch einen einzigen Tag bis zur Ewigkeit,
und Gottlob zur frohen Ewigkeit! Lange habe ich nicht so sanft ge¬
schlafen als in dieser Nacht."

An diesem Tage erfolgte zwischen ihm und der schwarzen Christine
ein Versöhnungsauftritt, den ihr gemeinschaftlicher Geschichtschreiber
sehr rührend nennt. "Lange schon," erzählt er in seiner Geschichte
des Räubers, "waren Schwan und sein zweites Weib sehr gegen
einander erbittert, lange schon hatte die letztere ihn der Lieblosigkeit,
der Lügen und der Verrätherei beschuldigt, jetzt brannten sie Beide
vor Begierde, sich zu versöhnen und dann auf ewig von einander
Abschied zu nehmen. Es ward gestattet und sie wurden zusammen¬
geführt. Voll innigster Bewegung fielen sie sich nun in die Arme,
gaben sich dann die Hände mit gegenseitigem Versprechen, alle Mi߬
helligkeiten, die bisher unter ihnen entstanden, wechselsweise zu vergessen,
und trösteten sich, daß sie morgen in dem Ort der Seligkeit wieder zusammen¬
kommen würden. So freudig sich Schwan bezeugte, so versicherte doch
sein Weib, daß sie ihn an Freudigkeit im Sterben noch übertreffen
wolle, und so schieden sie, sich Glück wünschend zum Kampf und
Sieg, vergnügt von einander."

Aber die Wahrheit des Sprichworts, daß nicht Alles Gold ist, was
glänzt, bewährte sich auch hier wieder an der Frage, ob Christine ihm
in seinen Himmel folgen würde, wie er mit ihr in die Hölle gegangen

ſehr hart ſei. Man wird ihm nicht zu nahe treten, wenn man ver¬
muthet, er habe von ſeiner ſo wirkſam ausgedrückten Reue wo nicht
Begnadigung, doch wenigſtens Milderung der Todesart gehofft. Ob
und was er über die Verurtheilung ſeiner Mitangeklagten bemerkte,
iſt nicht aufgezeichnet; wenn er aber das Urtheil über die Magd in's
Auge faßte, ſo konnte er ſich ſagen, daß er aus einer Zeit von hin¬
nen gehe, die des Chriſtenthums und Rechtsbewußtſeins, deſſen Mangel
ſie an ihren armen Sündern beſtrafte, ſich ſelbſt nicht hoch berühmen
durfte.

Indeſſen fuhr er mit unveränderter Geſinnung in ſeinen Denk¬
würdigkeiten fort, die er an jenem Tage noch nicht beendigt hatte.
Bald auch, ſagt ſein Geſchichtſchreiber, habe er ſich ſelbſt wegen ſeiner
Zaghaftigkeit beſtraft und ſeine vorige Stärke wieder erlangt, und den
folgenden Tag habe er dem ihn gleich Morgens beſuchenden Geiſt¬
lichen zugerufen: „Nur noch einen einzigen Tag bis zur Ewigkeit,
und Gottlob zur frohen Ewigkeit! Lange habe ich nicht ſo ſanft ge¬
ſchlafen als in dieſer Nacht.“

An dieſem Tage erfolgte zwiſchen ihm und der ſchwarzen Chriſtine
ein Verſöhnungsauftritt, den ihr gemeinſchaftlicher Geſchichtſchreiber
ſehr rührend nennt. „Lange ſchon,“ erzählt er in ſeiner Geſchichte
des Räubers, „waren Schwan und ſein zweites Weib ſehr gegen
einander erbittert, lange ſchon hatte die letztere ihn der Liebloſigkeit,
der Lügen und der Verrätherei beſchuldigt, jetzt brannten ſie Beide
vor Begierde, ſich zu verſöhnen und dann auf ewig von einander
Abſchied zu nehmen. Es ward geſtattet und ſie wurden zuſammen¬
geführt. Voll innigſter Bewegung fielen ſie ſich nun in die Arme,
gaben ſich dann die Hände mit gegenſeitigem Verſprechen, alle Mi߬
helligkeiten, die bisher unter ihnen entſtanden, wechſelsweiſe zu vergeſſen,
und tröſteten ſich, daß ſie morgen in dem Ort der Seligkeit wieder zuſammen¬
kommen würden. So freudig ſich Schwan bezeugte, ſo verſicherte doch
ſein Weib, daß ſie ihn an Freudigkeit im Sterben noch übertreffen
wolle, und ſo ſchieden ſie, ſich Glück wünſchend zum Kampf und
Sieg, vergnügt von einander.“

Aber die Wahrheit des Sprichworts, daß nicht Alles Gold iſt, was
glänzt, bewährte ſich auch hier wieder an der Frage, ob Chriſtine ihm
in ſeinen Himmel folgen würde, wie er mit ihr in die Hölle gegangen

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[493/0509] ſehr hart ſei. Man wird ihm nicht zu nahe treten, wenn man ver¬ muthet, er habe von ſeiner ſo wirkſam ausgedrückten Reue wo nicht Begnadigung, doch wenigſtens Milderung der Todesart gehofft. Ob und was er über die Verurtheilung ſeiner Mitangeklagten bemerkte, iſt nicht aufgezeichnet; wenn er aber das Urtheil über die Magd in's Auge faßte, ſo konnte er ſich ſagen, daß er aus einer Zeit von hin¬ nen gehe, die des Chriſtenthums und Rechtsbewußtſeins, deſſen Mangel ſie an ihren armen Sündern beſtrafte, ſich ſelbſt nicht hoch berühmen durfte. Indeſſen fuhr er mit unveränderter Geſinnung in ſeinen Denk¬ würdigkeiten fort, die er an jenem Tage noch nicht beendigt hatte. Bald auch, ſagt ſein Geſchichtſchreiber, habe er ſich ſelbſt wegen ſeiner Zaghaftigkeit beſtraft und ſeine vorige Stärke wieder erlangt, und den folgenden Tag habe er dem ihn gleich Morgens beſuchenden Geiſt¬ lichen zugerufen: „Nur noch einen einzigen Tag bis zur Ewigkeit, und Gottlob zur frohen Ewigkeit! Lange habe ich nicht ſo ſanft ge¬ ſchlafen als in dieſer Nacht.“ An dieſem Tage erfolgte zwiſchen ihm und der ſchwarzen Chriſtine ein Verſöhnungsauftritt, den ihr gemeinſchaftlicher Geſchichtſchreiber ſehr rührend nennt. „Lange ſchon,“ erzählt er in ſeiner Geſchichte des Räubers, „waren Schwan und ſein zweites Weib ſehr gegen einander erbittert, lange ſchon hatte die letztere ihn der Liebloſigkeit, der Lügen und der Verrätherei beſchuldigt, jetzt brannten ſie Beide vor Begierde, ſich zu verſöhnen und dann auf ewig von einander Abſchied zu nehmen. Es ward geſtattet und ſie wurden zuſammen¬ geführt. Voll innigſter Bewegung fielen ſie ſich nun in die Arme, gaben ſich dann die Hände mit gegenſeitigem Verſprechen, alle Mi߬ helligkeiten, die bisher unter ihnen entſtanden, wechſelsweiſe zu vergeſſen, und tröſteten ſich, daß ſie morgen in dem Ort der Seligkeit wieder zuſammen¬ kommen würden. So freudig ſich Schwan bezeugte, ſo verſicherte doch ſein Weib, daß ſie ihn an Freudigkeit im Sterben noch übertreffen wolle, und ſo ſchieden ſie, ſich Glück wünſchend zum Kampf und Sieg, vergnügt von einander.“ Aber die Wahrheit des Sprichworts, daß nicht Alles Gold iſt, was glänzt, bewährte ſich auch hier wieder an der Frage, ob Chriſtine ihm in ſeinen Himmel folgen würde, wie er mit ihr in die Hölle gegangen

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Zitationshilfe: Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 493. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/509>, abgerufen am 23.11.2024.