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Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855.

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Wie kommst du denn auf den? fragte die Sonnenwirthin dagegen.

Mir däucht's seit einem Vierteljahr oder so etwas her, daß er
ein Aug' auf das Mädle hat. Er hat mir schon so eine Art Wink
gegeben, freilich nicht mit dem Holzschlegel, denn er hat gar einen
besonderen Stolz. Aber er ist ordentlich, bringt sein Sächle vorwärts,
und thät auch sonst besser für ein jung's Mädle passen, als so ein
alter Krachwedel.

Ei, Alterle, wie thust du doch so jung! erwiderte die Sonnen¬
wirthin. Uebrigens hab' ich ebenmäßig nichts wider den Müller, und
dem könntest du außerdem einen großen Gefallen erweisen. Ich hör',
er will bauen, und da werden ihm ein paar tausend Gulden eine
Frau erst recht werth machen.

Das geht nicht! brummte er dagegen. Von der Sonne kann ich
nichts weggeben. Die ist und bleibt der Grundstock in der Familie,
die darf nicht einen Strahl von ihrem Glanz einbüßen.

Dann wird er wenig Lust haben, sagte sie. Zum Bauen hat
er das Geld nöthig. So wacker er ist, so ist er doch noch zu
jung, als daß ihm jemand so viel leihen thät'! Also muß er's er¬
heirathen.

Soll anders wohin gehen.

Der Chirurgus dagegen sagt, es sei eine Schande für einen
Mann, wenn er beim Heirathen auf's Geld sehe. Er begehrt nichts
dazu, er sagt, deine Tochter wär' ihm lieb, und wenn sie nackt und
bloß zu ihm käme, er wolle sie schon ernähren.

Nu, wenn sich kein Anderer meldet, so kann er sie haben.

Ja sieh', aber er pressirt eben, und wird auch nicht grad warten
wollen, bis es uns gefällig ist. Mit dem Probiren ist's so eine Sach'.
Die Mannsleut' sind nicht so uninteressirt heutzutag. Wenn nun
kein Anderer käm', und der Chirurgus ging' sonst wo auf die Braut¬
schau, so blieb' eben das Mädle sitzen, und das wär' doch ein Spott
und eine Schand'.

Hm! brummte der Sonnenwirth.

Der Habich ist besser als der Hättich, fuhr die Frau fort, und
wenn man einmal etwas thun will, so thut man's besser gleich, da¬
mit's nachher nicht zu spät ist. Mir kann's zwar soweit einerlei sein;
es ist dein Kind und nicht mein's. Was geht's mich an, wenn sie

D. B. IV. Kurz, Sonnenwirth. 4

Wie kommſt du denn auf den? fragte die Sonnenwirthin dagegen.

Mir däucht's ſeit einem Vierteljahr oder ſo etwas her, daß er
ein Aug' auf das Mädle hat. Er hat mir ſchon ſo eine Art Wink
gegeben, freilich nicht mit dem Holzſchlegel, denn er hat gar einen
beſonderen Stolz. Aber er iſt ordentlich, bringt ſein Sächle vorwärts,
und thät auch ſonſt beſſer für ein jung's Mädle paſſen, als ſo ein
alter Krachwedel.

Ei, Alterle, wie thuſt du doch ſo jung! erwiderte die Sonnen¬
wirthin. Uebrigens hab' ich ebenmäßig nichts wider den Müller, und
dem könnteſt du außerdem einen großen Gefallen erweiſen. Ich hör',
er will bauen, und da werden ihm ein paar tauſend Gulden eine
Frau erſt recht werth machen.

Das geht nicht! brummte er dagegen. Von der Sonne kann ich
nichts weggeben. Die iſt und bleibt der Grundſtock in der Familie,
die darf nicht einen Strahl von ihrem Glanz einbüßen.

Dann wird er wenig Luſt haben, ſagte ſie. Zum Bauen hat
er das Geld nöthig. So wacker er iſt, ſo iſt er doch noch zu
jung, als daß ihm jemand ſo viel leihen thät'! Alſo muß er's er¬
heirathen.

Soll anders wohin gehen.

Der Chirurgus dagegen ſagt, es ſei eine Schande für einen
Mann, wenn er beim Heirathen auf's Geld ſehe. Er begehrt nichts
dazu, er ſagt, deine Tochter wär' ihm lieb, und wenn ſie nackt und
bloß zu ihm käme, er wolle ſie ſchon ernähren.

Nu, wenn ſich kein Anderer meldet, ſo kann er ſie haben.

Ja ſieh', aber er preſſirt eben, und wird auch nicht grad warten
wollen, bis es uns gefällig iſt. Mit dem Probiren iſt's ſo eine Sach'.
Die Mannsleut' ſind nicht ſo unintereſſirt heutzutag. Wenn nun
kein Anderer käm', und der Chirurgus ging' ſonſt wo auf die Braut¬
ſchau, ſo blieb' eben das Mädle ſitzen, und das wär' doch ein Spott
und eine Schand'.

Hm! brummte der Sonnenwirth.

Der Habich iſt beſſer als der Hättich, fuhr die Frau fort, und
wenn man einmal etwas thun will, ſo thut man's beſſer gleich, da¬
mit's nachher nicht zu ſpät iſt. Mir kann's zwar ſoweit einerlei ſein;
es iſt dein Kind und nicht mein's. Was geht's mich an, wenn ſie

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[49/0065] Wie kommſt du denn auf den? fragte die Sonnenwirthin dagegen. Mir däucht's ſeit einem Vierteljahr oder ſo etwas her, daß er ein Aug' auf das Mädle hat. Er hat mir ſchon ſo eine Art Wink gegeben, freilich nicht mit dem Holzſchlegel, denn er hat gar einen beſonderen Stolz. Aber er iſt ordentlich, bringt ſein Sächle vorwärts, und thät auch ſonſt beſſer für ein jung's Mädle paſſen, als ſo ein alter Krachwedel. Ei, Alterle, wie thuſt du doch ſo jung! erwiderte die Sonnen¬ wirthin. Uebrigens hab' ich ebenmäßig nichts wider den Müller, und dem könnteſt du außerdem einen großen Gefallen erweiſen. Ich hör', er will bauen, und da werden ihm ein paar tauſend Gulden eine Frau erſt recht werth machen. Das geht nicht! brummte er dagegen. Von der Sonne kann ich nichts weggeben. Die iſt und bleibt der Grundſtock in der Familie, die darf nicht einen Strahl von ihrem Glanz einbüßen. Dann wird er wenig Luſt haben, ſagte ſie. Zum Bauen hat er das Geld nöthig. So wacker er iſt, ſo iſt er doch noch zu jung, als daß ihm jemand ſo viel leihen thät'! Alſo muß er's er¬ heirathen. Soll anders wohin gehen. Der Chirurgus dagegen ſagt, es ſei eine Schande für einen Mann, wenn er beim Heirathen auf's Geld ſehe. Er begehrt nichts dazu, er ſagt, deine Tochter wär' ihm lieb, und wenn ſie nackt und bloß zu ihm käme, er wolle ſie ſchon ernähren. Nu, wenn ſich kein Anderer meldet, ſo kann er ſie haben. Ja ſieh', aber er preſſirt eben, und wird auch nicht grad warten wollen, bis es uns gefällig iſt. Mit dem Probiren iſt's ſo eine Sach'. Die Mannsleut' ſind nicht ſo unintereſſirt heutzutag. Wenn nun kein Anderer käm', und der Chirurgus ging' ſonſt wo auf die Braut¬ ſchau, ſo blieb' eben das Mädle ſitzen, und das wär' doch ein Spott und eine Schand'. Hm! brummte der Sonnenwirth. Der Habich iſt beſſer als der Hättich, fuhr die Frau fort, und wenn man einmal etwas thun will, ſo thut man's beſſer gleich, da¬ mit's nachher nicht zu ſpät iſt. Mir kann's zwar ſoweit einerlei ſein; es iſt dein Kind und nicht mein's. Was geht's mich an, wenn ſie D. B. IV. Kurz, Sonnenwirth. 4

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Zitationshilfe: Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/65>, abgerufen am 27.11.2024.