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Kurz, Hermann: Die beiden Tubus. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 149–277. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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also den innern Werth seiner allerdings heroischen Mordbrennerei nicht beurtheilen.

Mordbrennerei! rief Alles mit Einem Schrei der Empörung.

An und für sich ist's nichts Anderes, behauptete er. Und obendrein am Admiral seines bis jetzt rechtmäßigen Fürsten begangen! Freilich pflegt man das Mittel nach dem Zweck zu beurtheilen, und wieder den Zweck nach dem Mittel je nachdem es gerade bequem ist.

Das ist casuistisch gesprochen! polterte der Justizbeamte, der vorhin auf Miaulis mit angestoßen hatte und nun von der Ahnung eines logischen Witterungsumschlags beunruhigt sein mochte.

Diese Ihre Casuistik, wie Sie sie zu nennen belieben, entgegnete der Pfarrer von Y . . . burg mit schneidendem Spotte, ist nicht in mir, sie ist in den Köpfen der Leute. Wo die Revolution für geheiligt gilt, da wird der Krieg als gerecht, die Brandstiftung als erlaubt, der Meuchelmord als gottgefällig angesehen: wo nicht, da verschreit man die unschuldigste Requisition als gemeinen Raub und Diebstahl. Was aber dem Einen recht ist, muß dem Andern billig sein. Haben wir da erkannt, daß eine revolutionäre Handlung mit Recht stattgefunden habe, so dürfen wir ihr auch dort das Recht oder mindestens den guten Glauben nicht so ohne alles Weitere absprechen. Wohin führt aber das? Dürfen wir bei solchen

also den innern Werth seiner allerdings heroischen Mordbrennerei nicht beurtheilen.

Mordbrennerei! rief Alles mit Einem Schrei der Empörung.

An und für sich ist's nichts Anderes, behauptete er. Und obendrein am Admiral seines bis jetzt rechtmäßigen Fürsten begangen! Freilich pflegt man das Mittel nach dem Zweck zu beurtheilen, und wieder den Zweck nach dem Mittel je nachdem es gerade bequem ist.

Das ist casuistisch gesprochen! polterte der Justizbeamte, der vorhin auf Miaulis mit angestoßen hatte und nun von der Ahnung eines logischen Witterungsumschlags beunruhigt sein mochte.

Diese Ihre Casuistik, wie Sie sie zu nennen belieben, entgegnete der Pfarrer von Y . . . burg mit schneidendem Spotte, ist nicht in mir, sie ist in den Köpfen der Leute. Wo die Revolution für geheiligt gilt, da wird der Krieg als gerecht, die Brandstiftung als erlaubt, der Meuchelmord als gottgefällig angesehen: wo nicht, da verschreit man die unschuldigste Requisition als gemeinen Raub und Diebstahl. Was aber dem Einen recht ist, muß dem Andern billig sein. Haben wir da erkannt, daß eine revolutionäre Handlung mit Recht stattgefunden habe, so dürfen wir ihr auch dort das Recht oder mindestens den guten Glauben nicht so ohne alles Weitere absprechen. Wohin führt aber das? Dürfen wir bei solchen

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[0109] also den innern Werth seiner allerdings heroischen Mordbrennerei nicht beurtheilen. Mordbrennerei! rief Alles mit Einem Schrei der Empörung. An und für sich ist's nichts Anderes, behauptete er. Und obendrein am Admiral seines bis jetzt rechtmäßigen Fürsten begangen! Freilich pflegt man das Mittel nach dem Zweck zu beurtheilen, und wieder den Zweck nach dem Mittel je nachdem es gerade bequem ist. Das ist casuistisch gesprochen! polterte der Justizbeamte, der vorhin auf Miaulis mit angestoßen hatte und nun von der Ahnung eines logischen Witterungsumschlags beunruhigt sein mochte. Diese Ihre Casuistik, wie Sie sie zu nennen belieben, entgegnete der Pfarrer von Y . . . burg mit schneidendem Spotte, ist nicht in mir, sie ist in den Köpfen der Leute. Wo die Revolution für geheiligt gilt, da wird der Krieg als gerecht, die Brandstiftung als erlaubt, der Meuchelmord als gottgefällig angesehen: wo nicht, da verschreit man die unschuldigste Requisition als gemeinen Raub und Diebstahl. Was aber dem Einen recht ist, muß dem Andern billig sein. Haben wir da erkannt, daß eine revolutionäre Handlung mit Recht stattgefunden habe, so dürfen wir ihr auch dort das Recht oder mindestens den guten Glauben nicht so ohne alles Weitere absprechen. Wohin führt aber das? Dürfen wir bei solchen

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:08:57Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:08:57Z)

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Zitationshilfe: Kurz, Hermann: Die beiden Tubus. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 149–277. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_tubus_1910/109>, abgerufen am 19.05.2024.