Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kurz, Hermann: Die beiden Tubus. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 149–277. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

denselben auf sich zu beziehen, mit Einem Worte, daß er wieder, wie ehevordem, an ihnen vorüber sehe.

Wilhelm war jetzt doppelt froh, daß sein Vater nicht hingeblickt hatte. Dieser Anblick würde ihm vollends das Herz abgedrückt haben.

Sehnsuchtsvoll spähte er an allen sichtbaren Theilen des Hauses und seiner Umgebung herum, allein von Eduarden war nichts wahrzunehmen. Der mochte wohl im Walde stecken.

Während er noch mit dem Tubus am Fenster stand, trat sein Vater wieder ins Zimmer.

Du kannst ihn behalten, kannst ihn mit ins Kloster nehmen, sagte er mit weicher Stimme.

Wilhelm wußte, daß dem König von Thule jener goldene Becher nicht lieber sein konnte, als dem Vater dieses Instrument. Er nahm das Geschenk mit unaussprechlicher Wehmuth in Empfang, trug jedoch Sorgfalt, es mit guter Art sogleich aus dem Studierzimmer zu entfernen, um den geliebten Vater auf alle Fälle vor dem teleskopischen Dolchstoße zu bewahren, der ihm von Y . . . burg aus zugedacht war. Nein, Meuchelmörder du selbst! dir sollte nicht die Genugthuung werden, mit diesem Stoße getroffen zu haben.

Wilhelm begrub in seinem Herzen, was er gesehen. Nicht einmal seiner Mutter sagte er etwas davon.

Es war aber kaum eine Woche seit der Rückkehr Landexamen vergangen, als im Pfarrhause von A . . . berg ein an Wilhelm adressirter Brief eintraf,

denselben auf sich zu beziehen, mit Einem Worte, daß er wieder, wie ehevordem, an ihnen vorüber sehe.

Wilhelm war jetzt doppelt froh, daß sein Vater nicht hingeblickt hatte. Dieser Anblick würde ihm vollends das Herz abgedrückt haben.

Sehnsuchtsvoll spähte er an allen sichtbaren Theilen des Hauses und seiner Umgebung herum, allein von Eduarden war nichts wahrzunehmen. Der mochte wohl im Walde stecken.

Während er noch mit dem Tubus am Fenster stand, trat sein Vater wieder ins Zimmer.

Du kannst ihn behalten, kannst ihn mit ins Kloster nehmen, sagte er mit weicher Stimme.

Wilhelm wußte, daß dem König von Thule jener goldene Becher nicht lieber sein konnte, als dem Vater dieses Instrument. Er nahm das Geschenk mit unaussprechlicher Wehmuth in Empfang, trug jedoch Sorgfalt, es mit guter Art sogleich aus dem Studierzimmer zu entfernen, um den geliebten Vater auf alle Fälle vor dem teleskopischen Dolchstoße zu bewahren, der ihm von Y . . . burg aus zugedacht war. Nein, Meuchelmörder du selbst! dir sollte nicht die Genugthuung werden, mit diesem Stoße getroffen zu haben.

Wilhelm begrub in seinem Herzen, was er gesehen. Nicht einmal seiner Mutter sagte er etwas davon.

Es war aber kaum eine Woche seit der Rückkehr Landexamen vergangen, als im Pfarrhause von A . . . berg ein an Wilhelm adressirter Brief eintraf,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="3">
        <p><pb facs="#f0126"/>
denselben auf                sich zu beziehen, mit Einem Worte, daß er wieder, wie ehevordem, an ihnen vorüber                sehe.</p><lb/>
        <p>Wilhelm war jetzt doppelt froh, daß sein Vater nicht hingeblickt hatte. Dieser                Anblick würde ihm vollends das Herz abgedrückt haben.</p><lb/>
        <p>Sehnsuchtsvoll spähte er an allen sichtbaren Theilen des Hauses und seiner Umgebung                herum, allein von Eduarden war nichts wahrzunehmen. Der mochte wohl im Walde                stecken.</p><lb/>
        <p>Während er noch mit dem Tubus am Fenster stand, trat sein Vater wieder ins                Zimmer.</p><lb/>
        <p>Du kannst ihn behalten, kannst ihn mit ins Kloster nehmen, sagte er mit weicher                Stimme.</p><lb/>
        <p>Wilhelm wußte, daß dem König von Thule jener goldene Becher nicht lieber sein konnte,                als dem Vater dieses Instrument. Er nahm das Geschenk mit unaussprechlicher Wehmuth                in Empfang, trug jedoch Sorgfalt, es mit guter Art sogleich aus dem Studierzimmer zu                entfernen, um den geliebten Vater auf alle Fälle vor dem teleskopischen Dolchstoße zu                bewahren, der ihm von Y . . . burg aus zugedacht war. Nein, Meuchelmörder du selbst!                dir sollte nicht die Genugthuung werden, mit diesem Stoße getroffen zu haben.</p><lb/>
        <p>Wilhelm begrub in seinem Herzen, was er gesehen. Nicht einmal seiner Mutter sagte er                etwas davon.</p><lb/>
        <p>Es war aber kaum eine Woche seit der Rückkehr Landexamen vergangen, als im Pfarrhause                von A . . . berg ein an Wilhelm adressirter Brief eintraf,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0126] denselben auf sich zu beziehen, mit Einem Worte, daß er wieder, wie ehevordem, an ihnen vorüber sehe. Wilhelm war jetzt doppelt froh, daß sein Vater nicht hingeblickt hatte. Dieser Anblick würde ihm vollends das Herz abgedrückt haben. Sehnsuchtsvoll spähte er an allen sichtbaren Theilen des Hauses und seiner Umgebung herum, allein von Eduarden war nichts wahrzunehmen. Der mochte wohl im Walde stecken. Während er noch mit dem Tubus am Fenster stand, trat sein Vater wieder ins Zimmer. Du kannst ihn behalten, kannst ihn mit ins Kloster nehmen, sagte er mit weicher Stimme. Wilhelm wußte, daß dem König von Thule jener goldene Becher nicht lieber sein konnte, als dem Vater dieses Instrument. Er nahm das Geschenk mit unaussprechlicher Wehmuth in Empfang, trug jedoch Sorgfalt, es mit guter Art sogleich aus dem Studierzimmer zu entfernen, um den geliebten Vater auf alle Fälle vor dem teleskopischen Dolchstoße zu bewahren, der ihm von Y . . . burg aus zugedacht war. Nein, Meuchelmörder du selbst! dir sollte nicht die Genugthuung werden, mit diesem Stoße getroffen zu haben. Wilhelm begrub in seinem Herzen, was er gesehen. Nicht einmal seiner Mutter sagte er etwas davon. Es war aber kaum eine Woche seit der Rückkehr Landexamen vergangen, als im Pfarrhause von A . . . berg ein an Wilhelm adressirter Brief eintraf,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:08:57Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:08:57Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_tubus_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_tubus_1910/126
Zitationshilfe: Kurz, Hermann: Die beiden Tubus. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 149–277. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_tubus_1910/126>, abgerufen am 18.12.2024.