Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kurz, Hermann: Die beiden Tubus. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 149–277. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

mit ihren Liebhabern und so weiter und so weiter, vor Allem aber den theologischen Tractat. Von Arbeiten letzterer Art war unser Pfarrer nun ganz und gar kein Freund, und schon bei der Wahl seiner magern Pfarrstelle hatte ihn neben dem Wunsche, die Erkorne seines Herzens schnell heirathen zu können, der weitere Lebensplan bestimmt, auf dem ersten besten Anfangsdienste das Ziel seiner Tage heranzusitzen und jedem Beförderungsanspruche zu entsagen, der ihn nur genöthigt haben würde, seine dogmatischen Bücher abzustäuben und sich als alter Knabe noch einmal zur Prüfung zu melden.

Dieser Lebensplan beruhte auf der breiten Grundlage eines ganz stattlichen Vermögens, das beide Eheleute zusammengebracht hatten, und das ihnen ihr Gericht Kraut nicht bloß mit Liebe, sondern mit jedem beliebigen Genuß des Lebens zu würzen gestattete. Und zu all dem Behagen kam noch, daß der gefürchtete Oekonomiebeamte des Bezirks, der die Aufsicht über die öffentlichen Gebäude zu führen hatte, mit dem Pfarrer im dritten und mit der Pfarrerin sogar im zweiten Grade verwandt war, welches Verhältniß die angenehme Folge hatte, daß das Pfarrhaus von A. . . berg mit Recht unter den Pfarrhäusern des Landes als eines der schönsten gepriesen wurde -- in der dürftigsten Umgebung ein allerliebster und comfortabelster Felsensitz für ein wohlhäbiges Paar, das Hände genug zur Verfügung hatte, um sich die Nütz-

mit ihren Liebhabern und so weiter und so weiter, vor Allem aber den theologischen Tractat. Von Arbeiten letzterer Art war unser Pfarrer nun ganz und gar kein Freund, und schon bei der Wahl seiner magern Pfarrstelle hatte ihn neben dem Wunsche, die Erkorne seines Herzens schnell heirathen zu können, der weitere Lebensplan bestimmt, auf dem ersten besten Anfangsdienste das Ziel seiner Tage heranzusitzen und jedem Beförderungsanspruche zu entsagen, der ihn nur genöthigt haben würde, seine dogmatischen Bücher abzustäuben und sich als alter Knabe noch einmal zur Prüfung zu melden.

Dieser Lebensplan beruhte auf der breiten Grundlage eines ganz stattlichen Vermögens, das beide Eheleute zusammengebracht hatten, und das ihnen ihr Gericht Kraut nicht bloß mit Liebe, sondern mit jedem beliebigen Genuß des Lebens zu würzen gestattete. Und zu all dem Behagen kam noch, daß der gefürchtete Oekonomiebeamte des Bezirks, der die Aufsicht über die öffentlichen Gebäude zu führen hatte, mit dem Pfarrer im dritten und mit der Pfarrerin sogar im zweiten Grade verwandt war, welches Verhältniß die angenehme Folge hatte, daß das Pfarrhaus von A. . . berg mit Recht unter den Pfarrhäusern des Landes als eines der schönsten gepriesen wurde — in der dürftigsten Umgebung ein allerliebster und comfortabelster Felsensitz für ein wohlhäbiges Paar, das Hände genug zur Verfügung hatte, um sich die Nütz-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="1">
        <p><pb facs="#f0017"/>
mit ihren Liebhabern und so weiter und so weiter, vor Allem aber den theologischen                Tractat. Von Arbeiten letzterer Art war unser Pfarrer nun ganz und gar kein Freund,                und schon bei der Wahl seiner magern Pfarrstelle hatte ihn neben dem Wunsche, die                Erkorne seines Herzens schnell heirathen zu können, der weitere Lebensplan bestimmt,                auf dem ersten besten Anfangsdienste das Ziel seiner Tage heranzusitzen und jedem                Beförderungsanspruche zu entsagen, der ihn nur genöthigt haben würde, seine                dogmatischen Bücher abzustäuben und sich als alter Knabe noch einmal zur Prüfung zu                melden.</p><lb/>
        <p>Dieser Lebensplan beruhte auf der breiten Grundlage eines ganz stattlichen Vermögens,                das beide Eheleute zusammengebracht hatten, und das ihnen ihr Gericht Kraut nicht                bloß mit Liebe, sondern mit jedem beliebigen Genuß des Lebens zu würzen gestattete.                Und zu all dem Behagen kam noch, daß der gefürchtete Oekonomiebeamte des Bezirks, der                die Aufsicht über die öffentlichen Gebäude zu führen hatte, mit dem Pfarrer im                dritten und mit der Pfarrerin sogar im zweiten Grade verwandt war, welches Verhältniß                die angenehme Folge hatte, daß das Pfarrhaus von A. . . berg mit Recht unter den                Pfarrhäusern des Landes als eines der schönsten gepriesen wurde &#x2014; in der dürftigsten                Umgebung ein allerliebster und comfortabelster Felsensitz für ein wohlhäbiges Paar,                das Hände genug zur Verfügung hatte, um sich die Nütz-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0017] mit ihren Liebhabern und so weiter und so weiter, vor Allem aber den theologischen Tractat. Von Arbeiten letzterer Art war unser Pfarrer nun ganz und gar kein Freund, und schon bei der Wahl seiner magern Pfarrstelle hatte ihn neben dem Wunsche, die Erkorne seines Herzens schnell heirathen zu können, der weitere Lebensplan bestimmt, auf dem ersten besten Anfangsdienste das Ziel seiner Tage heranzusitzen und jedem Beförderungsanspruche zu entsagen, der ihn nur genöthigt haben würde, seine dogmatischen Bücher abzustäuben und sich als alter Knabe noch einmal zur Prüfung zu melden. Dieser Lebensplan beruhte auf der breiten Grundlage eines ganz stattlichen Vermögens, das beide Eheleute zusammengebracht hatten, und das ihnen ihr Gericht Kraut nicht bloß mit Liebe, sondern mit jedem beliebigen Genuß des Lebens zu würzen gestattete. Und zu all dem Behagen kam noch, daß der gefürchtete Oekonomiebeamte des Bezirks, der die Aufsicht über die öffentlichen Gebäude zu führen hatte, mit dem Pfarrer im dritten und mit der Pfarrerin sogar im zweiten Grade verwandt war, welches Verhältniß die angenehme Folge hatte, daß das Pfarrhaus von A. . . berg mit Recht unter den Pfarrhäusern des Landes als eines der schönsten gepriesen wurde — in der dürftigsten Umgebung ein allerliebster und comfortabelster Felsensitz für ein wohlhäbiges Paar, das Hände genug zur Verfügung hatte, um sich die Nütz-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:08:57Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:08:57Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_tubus_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_tubus_1910/17
Zitationshilfe: Kurz, Hermann: Die beiden Tubus. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 149–277. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_tubus_1910/17>, abgerufen am 21.11.2024.