Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kurz, Hermann: Die beiden Tubus. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 149–277. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

stehende Freudenfest voll Gift und Galle, und manchen Morgen, wenn er nach A . . . berg hinauf telegraphirte, begleitete er seine Signale mit schandbaren Reden, jenen ähnlich, die er vordem an den steinernen Nachbar des Freundes zu richten gepflegt hatte. Ahnungslos, wie seiner Zeit die Felsennase, nahm Der die Jnvectiven entgegen und schrieb ihm zum Danke dafür manch wohlgesinnten Brief. Aber auch er selbst hatte in dem Briefwechsel zu viele Unterhaltung gefunden, als daß er diese Form des Verhältnisses gar und gänzlich zu den Raben hätte wünschen können. Im Gegentheil war es ihm eine tröstliche Aussicht, nach überstandenem Martyrium der Mündlichkeit dereinst zu dem wasserdichten schriftlichen Verfahren zurückzukehren.

3.

"Die Zeit kam heran, welche niemals ausbleibt" -- sagt Cervantes gerne, wenn er eine Zwischenzeit überspringen und mit seiner Erzählung zu dem angekündigten Zeitpunkt übergehen will. Zum gleichen Zwecke bietet sich eine in Schwaben geläufige Redens-

stehende Freudenfest voll Gift und Galle, und manchen Morgen, wenn er nach A . . . berg hinauf telegraphirte, begleitete er seine Signale mit schandbaren Reden, jenen ähnlich, die er vordem an den steinernen Nachbar des Freundes zu richten gepflegt hatte. Ahnungslos, wie seiner Zeit die Felsennase, nahm Der die Jnvectiven entgegen und schrieb ihm zum Danke dafür manch wohlgesinnten Brief. Aber auch er selbst hatte in dem Briefwechsel zu viele Unterhaltung gefunden, als daß er diese Form des Verhältnisses gar und gänzlich zu den Raben hätte wünschen können. Im Gegentheil war es ihm eine tröstliche Aussicht, nach überstandenem Martyrium der Mündlichkeit dereinst zu dem wasserdichten schriftlichen Verfahren zurückzukehren.

3.

„Die Zeit kam heran, welche niemals ausbleibt“ — sagt Cervantes gerne, wenn er eine Zwischenzeit überspringen und mit seiner Erzählung zu dem angekündigten Zeitpunkt übergehen will. Zum gleichen Zwecke bietet sich eine in Schwaben geläufige Redens-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="2">
        <p><pb facs="#f0067"/>
stehende Freudenfest voll Gift                und Galle, und manchen Morgen, wenn er nach A . . . berg hinauf telegraphirte,                begleitete er seine Signale mit schandbaren Reden, jenen ähnlich, die er vordem an                den steinernen Nachbar des Freundes zu richten gepflegt hatte. Ahnungslos, wie seiner                Zeit die Felsennase, nahm Der die Jnvectiven entgegen und schrieb ihm zum Danke dafür                manch wohlgesinnten Brief. Aber auch er selbst hatte in dem Briefwechsel zu viele                Unterhaltung gefunden, als daß er diese Form des Verhältnisses gar und gänzlich zu                den Raben hätte wünschen können. Im Gegentheil war es ihm eine tröstliche Aussicht,                nach überstandenem Martyrium der Mündlichkeit dereinst zu dem wasserdichten                schriftlichen Verfahren zurückzukehren.</p><lb/>
      </div>
      <div type="chapter" n="3">
        <head>3.</head>
        <p>&#x201E;Die Zeit kam heran, welche niemals ausbleibt&#x201C; &#x2014; sagt Cervantes gerne, wenn er eine                Zwischenzeit überspringen und mit seiner Erzählung zu dem angekündigten Zeitpunkt                übergehen will. Zum gleichen Zwecke bietet sich eine in Schwaben geläufige Redens-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0067] stehende Freudenfest voll Gift und Galle, und manchen Morgen, wenn er nach A . . . berg hinauf telegraphirte, begleitete er seine Signale mit schandbaren Reden, jenen ähnlich, die er vordem an den steinernen Nachbar des Freundes zu richten gepflegt hatte. Ahnungslos, wie seiner Zeit die Felsennase, nahm Der die Jnvectiven entgegen und schrieb ihm zum Danke dafür manch wohlgesinnten Brief. Aber auch er selbst hatte in dem Briefwechsel zu viele Unterhaltung gefunden, als daß er diese Form des Verhältnisses gar und gänzlich zu den Raben hätte wünschen können. Im Gegentheil war es ihm eine tröstliche Aussicht, nach überstandenem Martyrium der Mündlichkeit dereinst zu dem wasserdichten schriftlichen Verfahren zurückzukehren. 3. „Die Zeit kam heran, welche niemals ausbleibt“ — sagt Cervantes gerne, wenn er eine Zwischenzeit überspringen und mit seiner Erzählung zu dem angekündigten Zeitpunkt übergehen will. Zum gleichen Zwecke bietet sich eine in Schwaben geläufige Redens-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:08:57Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:08:57Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_tubus_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_tubus_1910/67
Zitationshilfe: Kurz, Hermann: Die beiden Tubus. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 149–277. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_tubus_1910/67>, abgerufen am 27.11.2024.