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Kurz, Hermann: Die beiden Tubus. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 149–277. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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im Hause aufgefunden hatte, und das Spitzbubengespräche im Reiche der Todten enthielt, Unterredungen nämlich, worin Cartouche, Nickel List, die vom Schwert zum Rade begnadigten Schloßdiebe Friedrich Wilhelm's I. und andere Celebritäten ihres Jahrhunderts ihre Confessionen gegen einander austauschten.

Den folgenden Tag schlug die Lage um. Eduard brachte seinem Erzeuger aus dem Examen die Neuigkeit mit, daß er vier große A in seinem Zeugniß habe.

Woher wußte der Junge dies? Ei, sein Nebensitzer im Examen hatte es ihm unter der Arbeit zugeflüstert. Wie ein Stein, der ins Wasser gefallen, immer weitere Wellenkreise zieht, hatte sich dieses und manches andere Examinalgeheimniß aus dem Conclave der Examinatoren zu ihren vertrauteren Freunden in der Schaar der betheiligten Väter und Verwandten fortgepflanzt, von diesen war es im Wege gleicher Tradition zu den Uebrigen gekommen, die es sodann unter der Jugend selbst verbreiteten, so daß auch der Isolirteste im Laufe zweier Tage erfahren konnte, wie seine Actien standen. Die Wichtigkeit des Gegenstandes, an welchem die theuersten Interessen des Landes hingen, rechtfertigte dieses geschäftige Treiben, das der officiellen Bekanntmachung des Ergebnisses der Prüfung weit vorgriff.

Dies war vermuthlich in Verbindung mit dem compendiösen Umfange dessen, was er zu Papier hatte bringen können, der Grund gewesen, der Eduarden

im Hause aufgefunden hatte, und das Spitzbubengespräche im Reiche der Todten enthielt, Unterredungen nämlich, worin Cartouche, Nickel List, die vom Schwert zum Rade begnadigten Schloßdiebe Friedrich Wilhelm's I. und andere Celebritäten ihres Jahrhunderts ihre Confessionen gegen einander austauschten.

Den folgenden Tag schlug die Lage um. Eduard brachte seinem Erzeuger aus dem Examen die Neuigkeit mit, daß er vier große A in seinem Zeugniß habe.

Woher wußte der Junge dies? Ei, sein Nebensitzer im Examen hatte es ihm unter der Arbeit zugeflüstert. Wie ein Stein, der ins Wasser gefallen, immer weitere Wellenkreise zieht, hatte sich dieses und manches andere Examinalgeheimniß aus dem Conclave der Examinatoren zu ihren vertrauteren Freunden in der Schaar der betheiligten Väter und Verwandten fortgepflanzt, von diesen war es im Wege gleicher Tradition zu den Uebrigen gekommen, die es sodann unter der Jugend selbst verbreiteten, so daß auch der Isolirteste im Laufe zweier Tage erfahren konnte, wie seine Actien standen. Die Wichtigkeit des Gegenstandes, an welchem die theuersten Interessen des Landes hingen, rechtfertigte dieses geschäftige Treiben, das der officiellen Bekanntmachung des Ergebnisses der Prüfung weit vorgriff.

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[0085] im Hause aufgefunden hatte, und das Spitzbubengespräche im Reiche der Todten enthielt, Unterredungen nämlich, worin Cartouche, Nickel List, die vom Schwert zum Rade begnadigten Schloßdiebe Friedrich Wilhelm's I. und andere Celebritäten ihres Jahrhunderts ihre Confessionen gegen einander austauschten. Den folgenden Tag schlug die Lage um. Eduard brachte seinem Erzeuger aus dem Examen die Neuigkeit mit, daß er vier große A in seinem Zeugniß habe. Woher wußte der Junge dies? Ei, sein Nebensitzer im Examen hatte es ihm unter der Arbeit zugeflüstert. Wie ein Stein, der ins Wasser gefallen, immer weitere Wellenkreise zieht, hatte sich dieses und manches andere Examinalgeheimniß aus dem Conclave der Examinatoren zu ihren vertrauteren Freunden in der Schaar der betheiligten Väter und Verwandten fortgepflanzt, von diesen war es im Wege gleicher Tradition zu den Uebrigen gekommen, die es sodann unter der Jugend selbst verbreiteten, so daß auch der Isolirteste im Laufe zweier Tage erfahren konnte, wie seine Actien standen. Die Wichtigkeit des Gegenstandes, an welchem die theuersten Interessen des Landes hingen, rechtfertigte dieses geschäftige Treiben, das der officiellen Bekanntmachung des Ergebnisses der Prüfung weit vorgriff. Dies war vermuthlich in Verbindung mit dem compendiösen Umfange dessen, was er zu Papier hatte bringen können, der Grund gewesen, der Eduarden

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:08:57Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:08:57Z)

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Zitationshilfe: Kurz, Hermann: Die beiden Tubus. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 149–277. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_tubus_1910/85>, abgerufen am 20.05.2024.