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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

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§. 14. Die Pflichten der Reichsangehörigen.
c) Feindliche Handlungen gegen befreundete, nicht zum Reiche
gehörende Staaten und Beleidigungen ihrer Landesherren,
deren Stafbarkeit unter der Bedingung der Reciprozität
steht.

Diese dreifache Gliederung hat das Reichsstrafgesetzbuch in der
That durchgeführt bei dem hochverrätherischen Mordversuch (§ 80.
81. 102.) und der Fürsten-Beleidigung. In dem zweiten Theile
des R.-Str.-G.-B.'-s behandelt der 2. Abschnitt gleichmäßig die
Beleidigung des Kaisers und des eigenen Landesherrn, der
3. Abschnitt die Beleidigung anderer Bundesfürsten, der 4. Ab-
schnit § 103 die Beleidigung von Landesherren nicht zum deutschen
Reiche gehörender Staaten, welche strafbar ist, wofern dem deut-
schen Reiche die Gegenseitigkeit verbürgt ist 1).

In diesen Bestimmungen spiegelt sich das staatsrechtliche Ver-
hältniß getreu wieder. Das Unterthanenverhältniß besteht zum
eigenen Staate und zum Reiche und deshalb sind in jedem Staate
der eigene Landesherr und der Kaiser (als Oberhaupt des Reiches 2)
mit einem höheren strafrechtlichen Schutze gegen Thätlichkeiten und
Beleidigungen ausgestattet wie die anderen deutschen Landesherren,
während andererseits die staatliche Zusammengehörigkeit der deutschen
Staaten in der Unterscheidung zwischen Bundesfürsten und fremden
Landesherren einen Ausdruck gefunden hat.

Was diejenigen Handlungen anlangt, welche den objectiven
Thatbestand des Hoch- und Landesverrathes bilden, so ergibt sich
zunächst aus dem staatlichen Charakter des Reiches ein bemerkens-
werther Unterschied gegen das zur Zeit des deutschen Bundes gültig

1) Hinsichtlich der Abstufung des Strafmaaßes bestimmt beispielsweise
§. 95 für die Beleidigung des Kaisers oder des eigenen Landesherren Gefäng-
niß oder Festungshaft von 2 Monaten bis zu 5 Jahren, §. 99 für die Be-
leidigung eines Landesfürsten Gefängiß oder Festungshaft von 1 Monat bis
zu 3 Jahren, §. 103 für die Beleidigung des Landesherrn eines fremden
Staates Gefängniß oder Festungshaft von 1 Monat bis zu 2 Jahren.
2) Der Kaiser ist zwar nicht der Souverän des Reiches, hat aber in der
Reichsverfassung eine so hervorragende Stellung, daß er als Oberhaupt des
Reiches denselben strafrechtlichen Schutz genießt, als wäre er der Souverän.
Der Deutsche, der nicht zugleich Preuße ist, ist zwar nicht Unterthan des Kai-
sers, aber Unterthan des Reichs. Vollständig verkennt dies Knitschky
a. a. O. S. 125 u. 129 fg.
§. 14. Die Pflichten der Reichsangehörigen.
c) Feindliche Handlungen gegen befreundete, nicht zum Reiche
gehörende Staaten und Beleidigungen ihrer Landesherren,
deren Stafbarkeit unter der Bedingung der Reciprozität
ſteht.

Dieſe dreifache Gliederung hat das Reichsſtrafgeſetzbuch in der
That durchgeführt bei dem hochverrätheriſchen Mordverſuch (§ 80.
81. 102.) und der Fürſten-Beleidigung. In dem zweiten Theile
des R.-Str.-G.-B.’-s behandelt der 2. Abſchnitt gleichmäßig die
Beleidigung des Kaiſers und des eigenen Landesherrn, der
3. Abſchnitt die Beleidigung anderer Bundesfürſten, der 4. Ab-
ſchnit § 103 die Beleidigung von Landesherren nicht zum deutſchen
Reiche gehörender Staaten, welche ſtrafbar iſt, wofern dem deut-
ſchen Reiche die Gegenſeitigkeit verbürgt iſt 1).

In dieſen Beſtimmungen ſpiegelt ſich das ſtaatsrechtliche Ver-
hältniß getreu wieder. Das Unterthanenverhältniß beſteht zum
eigenen Staate und zum Reiche und deshalb ſind in jedem Staate
der eigene Landesherr und der Kaiſer (als Oberhaupt des Reiches 2)
mit einem höheren ſtrafrechtlichen Schutze gegen Thätlichkeiten und
Beleidigungen ausgeſtattet wie die anderen deutſchen Landesherren,
während andererſeits die ſtaatliche Zuſammengehörigkeit der deutſchen
Staaten in der Unterſcheidung zwiſchen Bundesfürſten und fremden
Landesherren einen Ausdruck gefunden hat.

Was diejenigen Handlungen anlangt, welche den objectiven
Thatbeſtand des Hoch- und Landesverrathes bilden, ſo ergibt ſich
zunächſt aus dem ſtaatlichen Charakter des Reiches ein bemerkens-
werther Unterſchied gegen das zur Zeit des deutſchen Bundes gültig

1) Hinſichtlich der Abſtufung des Strafmaaßes beſtimmt beiſpielsweiſe
§. 95 für die Beleidigung des Kaiſers oder des eigenen Landesherren Gefäng-
niß oder Feſtungshaft von 2 Monaten bis zu 5 Jahren, §. 99 für die Be-
leidigung eines Landesfürſten Gefängiß oder Feſtungshaft von 1 Monat bis
zu 3 Jahren, §. 103 für die Beleidigung des Landesherrn eines fremden
Staates Gefängniß oder Feſtungshaft von 1 Monat bis zu 2 Jahren.
2) Der Kaiſer iſt zwar nicht der Souverän des Reiches, hat aber in der
Reichsverfaſſung eine ſo hervorragende Stellung, daß er als Oberhaupt des
Reiches denſelben ſtrafrechtlichen Schutz genießt, als wäre er der Souverän.
Der Deutſche, der nicht zugleich Preuße iſt, iſt zwar nicht Unterthan des Kai-
ſers, aber Unterthan des Reichs. Vollſtändig verkennt dies Knitſchky
a. a. O. S. 125 u. 129 fg.
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[142/0162] §. 14. Die Pflichten der Reichsangehörigen. c) Feindliche Handlungen gegen befreundete, nicht zum Reiche gehörende Staaten und Beleidigungen ihrer Landesherren, deren Stafbarkeit unter der Bedingung der Reciprozität ſteht. Dieſe dreifache Gliederung hat das Reichsſtrafgeſetzbuch in der That durchgeführt bei dem hochverrätheriſchen Mordverſuch (§ 80. 81. 102.) und der Fürſten-Beleidigung. In dem zweiten Theile des R.-Str.-G.-B.’-s behandelt der 2. Abſchnitt gleichmäßig die Beleidigung des Kaiſers und des eigenen Landesherrn, der 3. Abſchnitt die Beleidigung anderer Bundesfürſten, der 4. Ab- ſchnit § 103 die Beleidigung von Landesherren nicht zum deutſchen Reiche gehörender Staaten, welche ſtrafbar iſt, wofern dem deut- ſchen Reiche die Gegenſeitigkeit verbürgt iſt 1). In dieſen Beſtimmungen ſpiegelt ſich das ſtaatsrechtliche Ver- hältniß getreu wieder. Das Unterthanenverhältniß beſteht zum eigenen Staate und zum Reiche und deshalb ſind in jedem Staate der eigene Landesherr und der Kaiſer (als Oberhaupt des Reiches 2) mit einem höheren ſtrafrechtlichen Schutze gegen Thätlichkeiten und Beleidigungen ausgeſtattet wie die anderen deutſchen Landesherren, während andererſeits die ſtaatliche Zuſammengehörigkeit der deutſchen Staaten in der Unterſcheidung zwiſchen Bundesfürſten und fremden Landesherren einen Ausdruck gefunden hat. Was diejenigen Handlungen anlangt, welche den objectiven Thatbeſtand des Hoch- und Landesverrathes bilden, ſo ergibt ſich zunächſt aus dem ſtaatlichen Charakter des Reiches ein bemerkens- werther Unterſchied gegen das zur Zeit des deutſchen Bundes gültig 1) Hinſichtlich der Abſtufung des Strafmaaßes beſtimmt beiſpielsweiſe §. 95 für die Beleidigung des Kaiſers oder des eigenen Landesherren Gefäng- niß oder Feſtungshaft von 2 Monaten bis zu 5 Jahren, §. 99 für die Be- leidigung eines Landesfürſten Gefängiß oder Feſtungshaft von 1 Monat bis zu 3 Jahren, §. 103 für die Beleidigung des Landesherrn eines fremden Staates Gefängniß oder Feſtungshaft von 1 Monat bis zu 2 Jahren. 2) Der Kaiſer iſt zwar nicht der Souverän des Reiches, hat aber in der Reichsverfaſſung eine ſo hervorragende Stellung, daß er als Oberhaupt des Reiches denſelben ſtrafrechtlichen Schutz genießt, als wäre er der Souverän. Der Deutſche, der nicht zugleich Preuße iſt, iſt zwar nicht Unterthan des Kai- ſers, aber Unterthan des Reichs. Vollſtändig verkennt dies Knitſchky a. a. O. S. 125 u. 129 fg.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/162>, abgerufen am 24.11.2024.