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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

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§. 17. Der Erwerb der Staatsangehörigkeit.

2) Durch Legitimation eines unehelichen Kindes Seitens
eines Deutschen erwirbt das Kind die Staatsangehörigkeit des
Vaters (§. 4) und verliert gleichzeitig seine bisherige Staatsan-
gehörigkeit (§. 13 Nr. 4.) Hat die Mutter des Kindes dieselbe
Staatsangehörigkeit wie der Vater, so kann die Legitimation diese
Folge selbstverständlich nicht haben, weil das Kind in diesem Falle
die Staatsangehörigkeit des Vaters schon von Geburt an hat. Die
Legitimation hat nur dann Wirksamkeit, wenn sie "den gesetzlichen
Bestimmungen gemäß erfolgt ist." Entscheidend sind in dieser
Hinsicht die Gesetze des Ortes, wo der Vater zur Zeit der Legi-
timation seinen Wohnsitz hat 1); und zwar gilt dies auch für die
Legitimation durch nachfolgende Ehe 2). Die Adoption bewirkt
den Erwerb der Staatsangehörigkeit nicht 3).

3) Die Verheirathung mit einem Deutschen begründet
für die Ehefrau die Staatsangehörigkeit des Mannes (§. 5.) 4).


Betreff der Frage, ob Kinder, welche während der Ehe geboren, aber vor
Eingehung derselben erzeugt worden sind, als eheliche gelten, wie nach dem
Preuß. Landr. II. 2 §. 1, oder als uneheliche, wie nach dem gemeinen Recht,
vgl. Hinschius Kommentar zum Personenstandsgesetz von 1875 S. 71 ff.,
oder endlich ob ihre Ehelichkeit von einer ausdrücklichen oder stillschweigenden
Anerkennung des Ehemannes abhängig gemacht ist, wie nach dem Königl.
Sächs. Bürgerl. Gesetzb. §. 1776, vgl. auch Code civil Art. 314, entscheidet der
Wohnort des Ehemannes (Vaters) zur Zeit der Geburt des Kindes. Das
Kind hat aber in allen Fällen die Staatsangehörigkeit des Ehemanns, da seine
Mutter seit ihrer Verheirathung die Staatsangehörigkeit des letztern theilt;
dem Kinde also, mag es als ehelich oder unehelich gelten, dieselbe Staatsan-
gehörigkeit, im einen Falle wegen des Vaters, im andern wegen der Mutter,
zu Theil wird.
1) Eine Zusammenstellung der in den verschiedenen Rechtsgebieten Deutsch-
lands geltenden Grundsätze über die Legitimation giebt Hinschius Kommen-
tar zum Personenstandsgesetz S. 82 ff.
2) Vgl. Roth Bayer. Civilr. I. S. 140 Note 47.
3) Ueber den Grund vgl. die Motive zu §. 2 des Gesetzes (S. 157).
4) Auf Kinder aus einer früheren Ehe oder auf uneheliche Kinder erstreckt
die Verheirathung der Mutter ihre Wirkung nicht. -- Da in Bayern das Bun-
desges. vom 4. Mai 1868 über die Aufhebung der polizeilichen Beschränkungen
der Eheschließung keine Geltung erlangt hat, so begründet in Bayern die Ver-
heirathung einer Nichtbayerin mit einem Bayer für die erstere nur dann die
bayerische Staatsangehörigkeit, wenn das im bayer. Ges. vom 16. April 1868
Art. 33 u. 39 vorgeschriebene Verehelichungszeugniß erholt worden ist. Siehe
Riedel S. 255 fg. Hinschius a. a. O. S. 159 fg.
§. 17. Der Erwerb der Staatsangehörigkeit.

2) Durch Legitimation eines unehelichen Kindes Seitens
eines Deutſchen erwirbt das Kind die Staatsangehörigkeit des
Vaters (§. 4) und verliert gleichzeitig ſeine bisherige Staatsan-
gehörigkeit (§. 13 Nr. 4.) Hat die Mutter des Kindes dieſelbe
Staatsangehörigkeit wie der Vater, ſo kann die Legitimation dieſe
Folge ſelbſtverſtändlich nicht haben, weil das Kind in dieſem Falle
die Staatsangehörigkeit des Vaters ſchon von Geburt an hat. Die
Legitimation hat nur dann Wirkſamkeit, wenn ſie „den geſetzlichen
Beſtimmungen gemäß erfolgt iſt.“ Entſcheidend ſind in dieſer
Hinſicht die Geſetze des Ortes, wo der Vater zur Zeit der Legi-
timation ſeinen Wohnſitz hat 1); und zwar gilt dies auch für die
Legitimation durch nachfolgende Ehe 2). Die Adoption bewirkt
den Erwerb der Staatsangehörigkeit nicht 3).

3) Die Verheirathung mit einem Deutſchen begründet
für die Ehefrau die Staatsangehörigkeit des Mannes (§. 5.) 4).


Betreff der Frage, ob Kinder, welche während der Ehe geboren, aber vor
Eingehung derſelben erzeugt worden ſind, als eheliche gelten, wie nach dem
Preuß. Landr. II. 2 §. 1, oder als uneheliche, wie nach dem gemeinen Recht,
vgl. Hinſchius Kommentar zum Perſonenſtandsgeſetz von 1875 S. 71 ff.,
oder endlich ob ihre Ehelichkeit von einer ausdrücklichen oder ſtillſchweigenden
Anerkennung des Ehemannes abhängig gemacht iſt, wie nach dem Königl.
Sächſ. Bürgerl. Geſetzb. §. 1776, vgl. auch Code civil Art. 314, entſcheidet der
Wohnort des Ehemannes (Vaters) zur Zeit der Geburt des Kindes. Das
Kind hat aber in allen Fällen die Staatsangehörigkeit des Ehemanns, da ſeine
Mutter ſeit ihrer Verheirathung die Staatsangehörigkeit des letztern theilt;
dem Kinde alſo, mag es als ehelich oder unehelich gelten, dieſelbe Staatsan-
gehörigkeit, im einen Falle wegen des Vaters, im andern wegen der Mutter,
zu Theil wird.
1) Eine Zuſammenſtellung der in den verſchiedenen Rechtsgebieten Deutſch-
lands geltenden Grundſätze über die Legitimation giebt Hinſchius Kommen-
tar zum Perſonenſtandsgeſetz S. 82 ff.
2) Vgl. Roth Bayer. Civilr. I. S. 140 Note 47.
3) Ueber den Grund vgl. die Motive zu §. 2 des Geſetzes (S. 157).
4) Auf Kinder aus einer früheren Ehe oder auf uneheliche Kinder erſtreckt
die Verheirathung der Mutter ihre Wirkung nicht. — Da in Bayern das Bun-
desgeſ. vom 4. Mai 1868 über die Aufhebung der polizeilichen Beſchränkungen
der Eheſchließung keine Geltung erlangt hat, ſo begründet in Bayern die Ver-
heirathung einer Nichtbayerin mit einem Bayer für die erſtere nur dann die
bayeriſche Staatsangehörigkeit, wenn das im bayer. Geſ. vom 16. April 1868
Art. 33 u. 39 vorgeſchriebene Verehelichungszeugniß erholt worden iſt. Siehe
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[165/0185] §. 17. Der Erwerb der Staatsangehörigkeit. 2) Durch Legitimation eines unehelichen Kindes Seitens eines Deutſchen erwirbt das Kind die Staatsangehörigkeit des Vaters (§. 4) und verliert gleichzeitig ſeine bisherige Staatsan- gehörigkeit (§. 13 Nr. 4.) Hat die Mutter des Kindes dieſelbe Staatsangehörigkeit wie der Vater, ſo kann die Legitimation dieſe Folge ſelbſtverſtändlich nicht haben, weil das Kind in dieſem Falle die Staatsangehörigkeit des Vaters ſchon von Geburt an hat. Die Legitimation hat nur dann Wirkſamkeit, wenn ſie „den geſetzlichen Beſtimmungen gemäß erfolgt iſt.“ Entſcheidend ſind in dieſer Hinſicht die Geſetze des Ortes, wo der Vater zur Zeit der Legi- timation ſeinen Wohnſitz hat 1); und zwar gilt dies auch für die Legitimation durch nachfolgende Ehe 2). Die Adoption bewirkt den Erwerb der Staatsangehörigkeit nicht 3). 3) Die Verheirathung mit einem Deutſchen begründet für die Ehefrau die Staatsangehörigkeit des Mannes (§. 5.) 4). 2) 1) Eine Zuſammenſtellung der in den verſchiedenen Rechtsgebieten Deutſch- lands geltenden Grundſätze über die Legitimation giebt Hinſchius Kommen- tar zum Perſonenſtandsgeſetz S. 82 ff. 2) Vgl. Roth Bayer. Civilr. I. S. 140 Note 47. 3) Ueber den Grund vgl. die Motive zu §. 2 des Geſetzes (S. 157). 4) Auf Kinder aus einer früheren Ehe oder auf uneheliche Kinder erſtreckt die Verheirathung der Mutter ihre Wirkung nicht. — Da in Bayern das Bun- desgeſ. vom 4. Mai 1868 über die Aufhebung der polizeilichen Beſchränkungen der Eheſchließung keine Geltung erlangt hat, ſo begründet in Bayern die Ver- heirathung einer Nichtbayerin mit einem Bayer für die erſtere nur dann die bayeriſche Staatsangehörigkeit, wenn das im bayer. Geſ. vom 16. April 1868 Art. 33 u. 39 vorgeſchriebene Verehelichungszeugniß erholt worden iſt. Siehe Riedel S. 255 fg. Hinſchius a. a. O. S. 159 fg. 2) Betreff der Frage, ob Kinder, welche während der Ehe geboren, aber vor Eingehung derſelben erzeugt worden ſind, als eheliche gelten, wie nach dem Preuß. Landr. II. 2 §. 1, oder als uneheliche, wie nach dem gemeinen Recht, vgl. Hinſchius Kommentar zum Perſonenſtandsgeſetz von 1875 S. 71 ff., oder endlich ob ihre Ehelichkeit von einer ausdrücklichen oder ſtillſchweigenden Anerkennung des Ehemannes abhängig gemacht iſt, wie nach dem Königl. Sächſ. Bürgerl. Geſetzb. §. 1776, vgl. auch Code civil Art. 314, entſcheidet der Wohnort des Ehemannes (Vaters) zur Zeit der Geburt des Kindes. Das Kind hat aber in allen Fällen die Staatsangehörigkeit des Ehemanns, da ſeine Mutter ſeit ihrer Verheirathung die Staatsangehörigkeit des letztern theilt; dem Kinde alſo, mag es als ehelich oder unehelich gelten, dieſelbe Staatsan- gehörigkeit, im einen Falle wegen des Vaters, im andern wegen der Mutter, zu Theil wird.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/185>, abgerufen am 22.05.2024.