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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

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§. 26. Der Inhalt der kaiserlichen Rechte.
d. h. staatliche Funktionen der Kaiser z. B. in Zollsachen, Militär-
sachen, Angelegenheiten der Post- und Telegraphie u. s. w. hat,
läßt sich nur bei der Darstellung des Zoll- Militär- Post- und
Telegraphen-Wesens u. s. w. entwickeln, wenn nicht der innere,
sachliche Zusammenhang zerstört werden soll. Dagegen ist es von
wesentlicher Bedeutung, die Stelle, welche der Kaiser im Organis-
mus des Reiches einnimmt, juristisch zu bestimmen und gerade
diese Aufgabe ist in der bisherigen Literatur des Reichsstaatsrechts
ganz vernachlässigt worden.

Den Ausgangspunkt muß auch hier die rechtliche Natur des
Reiches und das Wesen des Bundesstaates bilden. Das Reich ist
-- wie oben entwickelt worden ist -- eine Corporation des öffent-
lichen Rechts, deren Mitglieder die einzelnen Deutschen Staaten,
beziehungsweise deren Landesherren als Vertreter der Staaten
sind. In der Reichsverfassung kehren demgemäß die allgemeinen
Grundzüge der Korporationsverfassung wieder und die Organe des
Reiches haben ihr Analogon in den Organen der Privatcorporation;
nur daß ihre Stellung von den Prinzipien des öffentlichen Rechts,
nicht von denen des Privatrechts beherrscht wird, alle ihre Rechte
auf die Ausübung von Hoheits- oder Herrschaftsrechten sich beziehen
und in untrennbarem Zusammenhange mit den Pflichten zur Er-
füllung der staatlichen Aufgaben des Reiches stehen. In dieser
öffentlichrechtlichen Korporation, welche das Reich ist, ist der Kaiser
dasjenige Organ, welches man bei der Privatcorporation den Vor-
stand oder Director nennt, und seine Befugnisse und Pflichten,
seine -- sozusagen amtlichen -- Funktionen entsprechen im Wesent-
lichen den Befugnissen und Pflichten, welche der Vorstand oder
Director einer juristischen Person überhaupt hat.

Es sind dies im Wesentlichen folgende:

1. Der Kaiser ist der alleinige, ausschließliche
Vertreter des Reiches Dritten gegenüber
.

Damit ist natürlich nicht gesagt, daß der Umfang seiner
Vertretungsbefugniß, seiner Vollmacht, ein unbegrenzter,

Nordd. Bundesverf. S. 125, v. Gerber S. 246, Hauser S. 72 ff., Rie-
del
S. 29 ff., Meyer Erörter. S. 52, Westerkamp S. 145, v. Rönne
S. 157 ff. u. bes. v. Mohl S. 283 ff. Diese Aufzählungen sind unvollständig
und meistens ohne dogmatische Gesichtspunkte; sie bieten kaum den Nutzen, wie
das Wortregister des Reichsgesetzblattes von 1871 unter dem Wort: Kaiser.
Laband, Reichsstaatsrecht. I. 15

§. 26. Der Inhalt der kaiſerlichen Rechte.
d. h. ſtaatliche Funktionen der Kaiſer z. B. in Zollſachen, Militär-
ſachen, Angelegenheiten der Poſt- und Telegraphie u. ſ. w. hat,
läßt ſich nur bei der Darſtellung des Zoll- Militär- Poſt- und
Telegraphen-Weſens u. ſ. w. entwickeln, wenn nicht der innere,
ſachliche Zuſammenhang zerſtört werden ſoll. Dagegen iſt es von
weſentlicher Bedeutung, die Stelle, welche der Kaiſer im Organis-
mus des Reiches einnimmt, juriſtiſch zu beſtimmen und gerade
dieſe Aufgabe iſt in der bisherigen Literatur des Reichsſtaatsrechts
ganz vernachläſſigt worden.

Den Ausgangspunkt muß auch hier die rechtliche Natur des
Reiches und das Weſen des Bundesſtaates bilden. Das Reich iſt
— wie oben entwickelt worden iſt — eine Corporation des öffent-
lichen Rechts, deren Mitglieder die einzelnen Deutſchen Staaten,
beziehungsweiſe deren Landesherren als Vertreter der Staaten
ſind. In der Reichsverfaſſung kehren demgemäß die allgemeinen
Grundzüge der Korporationsverfaſſung wieder und die Organe des
Reiches haben ihr Analogon in den Organen der Privatcorporation;
nur daß ihre Stellung von den Prinzipien des öffentlichen Rechts,
nicht von denen des Privatrechts beherrſcht wird, alle ihre Rechte
auf die Ausübung von Hoheits- oder Herrſchaftsrechten ſich beziehen
und in untrennbarem Zuſammenhange mit den Pflichten zur Er-
füllung der ſtaatlichen Aufgaben des Reiches ſtehen. In dieſer
öffentlichrechtlichen Korporation, welche das Reich iſt, iſt der Kaiſer
dasjenige Organ, welches man bei der Privatcorporation den Vor-
ſtand oder Director nennt, und ſeine Befugniſſe und Pflichten,
ſeine — ſozuſagen amtlichen — Funktionen entſprechen im Weſent-
lichen den Befugniſſen und Pflichten, welche der Vorſtand oder
Director einer juriſtiſchen Perſon überhaupt hat.

Es ſind dies im Weſentlichen folgende:

1. Der Kaiſer iſt der alleinige, ausſchließliche
Vertreter des Reiches Dritten gegenüber
.

Damit iſt natürlich nicht geſagt, daß der Umfang ſeiner
Vertretungsbefugniß, ſeiner Vollmacht, ein unbegrenzter,

Nordd. Bundesverf. S. 125, v. Gerber S. 246, Hauſer S. 72 ff., Rie-
del
S. 29 ff., Meyer Erörter. S. 52, Weſterkamp S. 145, v. Rönne
S. 157 ff. u. beſ. v. Mohl S. 283 ff. Dieſe Aufzählungen ſind unvollſtändig
und meiſtens ohne dogmatiſche Geſichtspunkte; ſie bieten kaum den Nutzen, wie
das Wortregiſter des Reichsgeſetzblattes von 1871 unter dem Wort: Kaiſer.
Laband, Reichsſtaatsrecht. I. 15
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[225/0245] §. 26. Der Inhalt der kaiſerlichen Rechte. d. h. ſtaatliche Funktionen der Kaiſer z. B. in Zollſachen, Militär- ſachen, Angelegenheiten der Poſt- und Telegraphie u. ſ. w. hat, läßt ſich nur bei der Darſtellung des Zoll- Militär- Poſt- und Telegraphen-Weſens u. ſ. w. entwickeln, wenn nicht der innere, ſachliche Zuſammenhang zerſtört werden ſoll. Dagegen iſt es von weſentlicher Bedeutung, die Stelle, welche der Kaiſer im Organis- mus des Reiches einnimmt, juriſtiſch zu beſtimmen und gerade dieſe Aufgabe iſt in der bisherigen Literatur des Reichsſtaatsrechts ganz vernachläſſigt worden. Den Ausgangspunkt muß auch hier die rechtliche Natur des Reiches und das Weſen des Bundesſtaates bilden. Das Reich iſt — wie oben entwickelt worden iſt — eine Corporation des öffent- lichen Rechts, deren Mitglieder die einzelnen Deutſchen Staaten, beziehungsweiſe deren Landesherren als Vertreter der Staaten ſind. In der Reichsverfaſſung kehren demgemäß die allgemeinen Grundzüge der Korporationsverfaſſung wieder und die Organe des Reiches haben ihr Analogon in den Organen der Privatcorporation; nur daß ihre Stellung von den Prinzipien des öffentlichen Rechts, nicht von denen des Privatrechts beherrſcht wird, alle ihre Rechte auf die Ausübung von Hoheits- oder Herrſchaftsrechten ſich beziehen und in untrennbarem Zuſammenhange mit den Pflichten zur Er- füllung der ſtaatlichen Aufgaben des Reiches ſtehen. In dieſer öffentlichrechtlichen Korporation, welche das Reich iſt, iſt der Kaiſer dasjenige Organ, welches man bei der Privatcorporation den Vor- ſtand oder Director nennt, und ſeine Befugniſſe und Pflichten, ſeine — ſozuſagen amtlichen — Funktionen entſprechen im Weſent- lichen den Befugniſſen und Pflichten, welche der Vorſtand oder Director einer juriſtiſchen Perſon überhaupt hat. Es ſind dies im Weſentlichen folgende: 1. Der Kaiſer iſt der alleinige, ausſchließliche Vertreter des Reiches Dritten gegenüber. Damit iſt natürlich nicht geſagt, daß der Umfang ſeiner Vertretungsbefugniß, ſeiner Vollmacht, ein unbegrenzter, 4) 4) Nordd. Bundesverf. S. 125, v. Gerber S. 246, Hauſer S. 72 ff., Rie- del S. 29 ff., Meyer Erörter. S. 52, Weſterkamp S. 145, v. Rönne S. 157 ff. u. beſ. v. Mohl S. 283 ff. Dieſe Aufzählungen ſind unvollſtändig und meiſtens ohne dogmatiſche Geſichtspunkte; ſie bieten kaum den Nutzen, wie das Wortregiſter des Reichsgeſetzblattes von 1871 unter dem Wort: Kaiſer. Laband, Reichsſtaatsrecht. I. 15

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/245>, abgerufen am 24.11.2024.