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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

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§. 28. Die Staatenrechte im Bundesrathe.
auf dem prinzipiellen Grunde, daß Elsaß-Lothringen nicht Mitglied
des Reiches, sondern Reichsland ist 1).

3. Der Bundesrath bietet keinen Raum für die Aufnahme
von Vertretern einzelner Bevölkerungsklassen oder von Individuen
von hervorragender Stellung oder ausgezeichneten Verdiensten,
sondern einzig und allein von Vertretern von Staaten des Bun-
des. Darum ist z. B. der Anspruch der ehemals reichsunmittel-
baren Landesherren (der sogen. Mediatisirten oder Standesherren)
auf eine Theilnahme am Bundesrath mit dem Wesen des letzteren
gänzlich unvereinbar 2).

4. Die Stimmen der einzelnen Staaten im Bundesrathe sind
nach demselben Verhältniß vertheilt wie im ehemaligen Plenum
des Bundestages 3), mit der alleinigen Ausnahme, daß Bayern
statt vier Stimmen sechs Stimmen erhalten hat 4).

Für Preußen nebst Lauenburg ergeben sich daraus 17 Stim-
men, indem es die "ehemaligen" Stimmen von Preußen (4),
Hannover (4), Kurhessen (3), Holstein-Lauenburg (3) 5), Nassau (2)

1) Vgl. unten §. 54.
2) Dies ist verkannt von Prof. Bischof. Denkschrift betreffend das fürstl.
und gräfl. Gesammthaus Schönburg und dessen Anrecht auf Einräumung
von Sitz und Stimme im hohen Bundesrathe des Norddeutschen Bundes.
Gießen 1871.
3) Vgl. oben S. 128.
4) Dies ist also ein Sonderrecht (ius singulare) zu Gunsten Bayerns.
Siehe oben S. 117 und Laband in Hirth's Annalen 1874 S. 1510 fg.
Wenn Löning ebendas. 1875 S. 369 die Stimmrechte sämmtlicher
Staaten als Sonderrechte erklärt, so beruht dies auf einem Verkennen des
Begriffes "Sonderrecht." Ein solches muß immer einer Regel als Aus-
nahme gegenüber stehen. Andererseits kann ich aber auch der von v. Mohl
S. 234 aufgestellten Ansicht nicht beitreten, daß einzelnen Staaten ohne deren
Zustimmung durch ein verfassungsänderndes Gesetz ihre Stimmrechte entzogen
oder daß sie zu Kurien vereinigt werden können. Denn aus der prinzipiellen
Gleichheit der Mitgliedschaftsrechte folgt, daß, so lange das dem Art. 6
zu Grunde liegende Prinzip verfassungsmäßig besteht, es auf alle Staaten
gleichmäßig Anwendung finden muß. Vgl. Laband a. a. O. S. 1511.
5) Das Holstein im ehemaligen Bundestage zukommende Stimmrecht be-
ruhte gemäß dem Protokoll der Bundesvers. vom 5. November 1816 §. 3 pro
indiviso
auch auf Lauenburg. Dies ist der Grund, warum für Lauenburg,
trotzdem es mit dem Preuß. Staate nicht vereinigt ist, im Bundesrathe keine
besondere Stimme geführt wird. Vgl. über abweichende Auffassungen oben
S. 90 Note 1.

§. 28. Die Staatenrechte im Bundesrathe.
auf dem prinzipiellen Grunde, daß Elſaß-Lothringen nicht Mitglied
des Reiches, ſondern Reichsland iſt 1).

3. Der Bundesrath bietet keinen Raum für die Aufnahme
von Vertretern einzelner Bevölkerungsklaſſen oder von Individuen
von hervorragender Stellung oder ausgezeichneten Verdienſten,
ſondern einzig und allein von Vertretern von Staaten des Bun-
des. Darum iſt z. B. der Anſpruch der ehemals reichsunmittel-
baren Landesherren (der ſogen. Mediatiſirten oder Standesherren)
auf eine Theilnahme am Bundesrath mit dem Weſen des letzteren
gänzlich unvereinbar 2).

4. Die Stimmen der einzelnen Staaten im Bundesrathe ſind
nach demſelben Verhältniß vertheilt wie im ehemaligen Plenum
des Bundestages 3), mit der alleinigen Ausnahme, daß Bayern
ſtatt vier Stimmen ſechs Stimmen erhalten hat 4).

Für Preußen nebſt Lauenburg ergeben ſich daraus 17 Stim-
men, indem es die „ehemaligen“ Stimmen von Preußen (4),
Hannover (4), Kurheſſen (3), Holſtein-Lauenburg (3) 5), Naſſau (2)

1) Vgl. unten §. 54.
2) Dies iſt verkannt von Prof. Biſchof. Denkſchrift betreffend das fürſtl.
und gräfl. Geſammthaus Schönburg und deſſen Anrecht auf Einräumung
von Sitz und Stimme im hohen Bundesrathe des Norddeutſchen Bundes.
Gießen 1871.
3) Vgl. oben S. 128.
4) Dies iſt alſo ein Sonderrecht (ius singulare) zu Gunſten Bayerns.
Siehe oben S. 117 und Laband in Hirth’s Annalen 1874 S. 1510 fg.
Wenn Löning ebendaſ. 1875 S. 369 die Stimmrechte ſämmtlicher
Staaten als Sonderrechte erklärt, ſo beruht dies auf einem Verkennen des
Begriffes „Sonderrecht.“ Ein ſolches muß immer einer Regel als Aus-
nahme gegenüber ſtehen. Andererſeits kann ich aber auch der von v. Mohl
S. 234 aufgeſtellten Anſicht nicht beitreten, daß einzelnen Staaten ohne deren
Zuſtimmung durch ein verfaſſungsänderndes Geſetz ihre Stimmrechte entzogen
oder daß ſie zu Kurien vereinigt werden können. Denn aus der prinzipiellen
Gleichheit der Mitgliedſchaftsrechte folgt, daß, ſo lange das dem Art. 6
zu Grunde liegende Prinzip verfaſſungsmäßig beſteht, es auf alle Staaten
gleichmäßig Anwendung finden muß. Vgl. Laband a. a. O. S. 1511.
5) Das Holſtein im ehemaligen Bundestage zukommende Stimmrecht be-
ruhte gemäß dem Protokoll der Bundesverſ. vom 5. November 1816 §. 3 pro
indiviso
auch auf Lauenburg. Dies iſt der Grund, warum für Lauenburg,
trotzdem es mit dem Preuß. Staate nicht vereinigt iſt, im Bundesrathe keine
beſondere Stimme geführt wird. Vgl. über abweichende Auffaſſungen oben
S. 90 Note 1.
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[235/0255] §. 28. Die Staatenrechte im Bundesrathe. auf dem prinzipiellen Grunde, daß Elſaß-Lothringen nicht Mitglied des Reiches, ſondern Reichsland iſt 1). 3. Der Bundesrath bietet keinen Raum für die Aufnahme von Vertretern einzelner Bevölkerungsklaſſen oder von Individuen von hervorragender Stellung oder ausgezeichneten Verdienſten, ſondern einzig und allein von Vertretern von Staaten des Bun- des. Darum iſt z. B. der Anſpruch der ehemals reichsunmittel- baren Landesherren (der ſogen. Mediatiſirten oder Standesherren) auf eine Theilnahme am Bundesrath mit dem Weſen des letzteren gänzlich unvereinbar 2). 4. Die Stimmen der einzelnen Staaten im Bundesrathe ſind nach demſelben Verhältniß vertheilt wie im ehemaligen Plenum des Bundestages 3), mit der alleinigen Ausnahme, daß Bayern ſtatt vier Stimmen ſechs Stimmen erhalten hat 4). Für Preußen nebſt Lauenburg ergeben ſich daraus 17 Stim- men, indem es die „ehemaligen“ Stimmen von Preußen (4), Hannover (4), Kurheſſen (3), Holſtein-Lauenburg (3) 5), Naſſau (2) 1) Vgl. unten §. 54. 2) Dies iſt verkannt von Prof. Biſchof. Denkſchrift betreffend das fürſtl. und gräfl. Geſammthaus Schönburg und deſſen Anrecht auf Einräumung von Sitz und Stimme im hohen Bundesrathe des Norddeutſchen Bundes. Gießen 1871. 3) Vgl. oben S. 128. 4) Dies iſt alſo ein Sonderrecht (ius singulare) zu Gunſten Bayerns. Siehe oben S. 117 und Laband in Hirth’s Annalen 1874 S. 1510 fg. Wenn Löning ebendaſ. 1875 S. 369 die Stimmrechte ſämmtlicher Staaten als Sonderrechte erklärt, ſo beruht dies auf einem Verkennen des Begriffes „Sonderrecht.“ Ein ſolches muß immer einer Regel als Aus- nahme gegenüber ſtehen. Andererſeits kann ich aber auch der von v. Mohl S. 234 aufgeſtellten Anſicht nicht beitreten, daß einzelnen Staaten ohne deren Zuſtimmung durch ein verfaſſungsänderndes Geſetz ihre Stimmrechte entzogen oder daß ſie zu Kurien vereinigt werden können. Denn aus der prinzipiellen Gleichheit der Mitgliedſchaftsrechte folgt, daß, ſo lange das dem Art. 6 zu Grunde liegende Prinzip verfaſſungsmäßig beſteht, es auf alle Staaten gleichmäßig Anwendung finden muß. Vgl. Laband a. a. O. S. 1511. 5) Das Holſtein im ehemaligen Bundestage zukommende Stimmrecht be- ruhte gemäß dem Protokoll der Bundesverſ. vom 5. November 1816 §. 3 pro indiviso auch auf Lauenburg. Dies iſt der Grund, warum für Lauenburg, trotzdem es mit dem Preuß. Staate nicht vereinigt iſt, im Bundesrathe keine beſondere Stimme geführt wird. Vgl. über abweichende Auffaſſungen oben S. 90 Note 1.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/255>, abgerufen am 24.11.2024.