hörden, deren Mitglieder nicht Beamte zu sein brauchen. Ein Schwurgericht ist zweifellos eine Behörde und die Funktionen eines Geschworenen sind ein Amt, aber ein Geschworener ist dessen un- geachtet kein Beamter. Es gehört vielmehr zum Begriff eines Staats-Beamten außer der Uebernahme eines Staats-Amtes noch ein zweites Begriffs-Moment, nämlich der Eintritt in ein Dienstverhältniß zum Staate.
Eine ausdrückliche Anerkennung hat diese Begriffs-Verschie- denheit in der Reichsgesetzgebung gefunden und zwar im Straf- Gesetzbuch.
§. 359. "Unter Beamten im Sinne dieses Strafgesetzes sind zu verstehen alle im Dienste des Reiches oder in unmittel- barem Dienste eines Bundesstaates, auf Lebenszeit, auf Zeit oder nur vorläufig angestellte Personen, ohne Unterschied, ob sie einen Diensteid geleistet haben oder nicht, ingleichen Notare, nicht aber Advokaten und Anwalte."
Dagegen lautet §. 31 Abs. 2: "Unter öffentlichen Aem- tern im Sinne dieses Strafgesetzes sind die Advokatur, die An- waltschaft ünd das Notariat, sowie der Geschworenen- und Schöf- fendienst mitbegriffen."
Das Strafgesetzbuch gibt an diesen beiden Stellen allerdings keine allgemein gültigen Begriffsbestimmungen, sondern erklärt nur "Beamte" und "Aemter" im Sinne dieses Strafge- setzes; aber es constatirt doch, daß diese Begriffe von verschiede- nem Umfange sind.
Im Einklange hiermit steht, daß die mit Uebernahme eines Amtes verbundenen Pflichten nicht identisch sind mit den Pflichten eines Beamten. Das Strafgesetzbuch behandelt im 28. Abschnitt (§. 331 ff.) die Verbrechen und Vergehen, "im Amte". Es spricht im §. 333 von der Verleitung eines Mitgliedes der be- waffneten Macht zu einer Verletzung einer Amts- oder Dienst- pflicht, im §. 334 von Amtsverletzungen der Schiedsrichter, Ge- schworenen und Schöffen, im §. 337 und 338 von Geistlichen und anderen Religionsdienern, im §. 352 und 356 von Advokaten, Anwalten und anderen Rechtsbeiständen.
Alle diese Personen-Klassen sind keine Staats-Beamten, aber sie haben ein Amt und können deßhalb Verbrechen und Vergehen "im Amte" verüben. Dagegen sprechen die Disciplinargesetze
§. 37. Der Begriff der Reichsbeamten.
hörden, deren Mitglieder nicht Beamte zu ſein brauchen. Ein Schwurgericht iſt zweifellos eine Behörde und die Funktionen eines Geſchworenen ſind ein Amt, aber ein Geſchworener iſt deſſen un- geachtet kein Beamter. Es gehört vielmehr zum Begriff eines Staats-Beamten außer der Uebernahme eines Staats-Amtes noch ein zweites Begriffs-Moment, nämlich der Eintritt in ein Dienſtverhältniß zum Staate.
Eine ausdrückliche Anerkennung hat dieſe Begriffs-Verſchie- denheit in der Reichsgeſetzgebung gefunden und zwar im Straf- Geſetzbuch.
§. 359. „Unter Beamten im Sinne dieſes Strafgeſetzes ſind zu verſtehen alle im Dienſte des Reiches oder in unmittel- barem Dienſte eines Bundesſtaates, auf Lebenszeit, auf Zeit oder nur vorläufig angeſtellte Perſonen, ohne Unterſchied, ob ſie einen Dienſteid geleiſtet haben oder nicht, ingleichen Notare, nicht aber Advokaten und Anwalte.“
Dagegen lautet §. 31 Abſ. 2: „Unter öffentlichen Aem- tern im Sinne dieſes Strafgeſetzes ſind die Advokatur, die An- waltſchaft ünd das Notariat, ſowie der Geſchworenen- und Schöf- fendienſt mitbegriffen.“
Das Strafgeſetzbuch gibt an dieſen beiden Stellen allerdings keine allgemein gültigen Begriffsbeſtimmungen, ſondern erklärt nur „Beamte“ und „Aemter“ im Sinne dieſes Strafge- ſetzes; aber es conſtatirt doch, daß dieſe Begriffe von verſchiede- nem Umfange ſind.
Im Einklange hiermit ſteht, daß die mit Uebernahme eines Amtes verbundenen Pflichten nicht identiſch ſind mit den Pflichten eines Beamten. Das Strafgeſetzbuch behandelt im 28. Abſchnitt (§. 331 ff.) die Verbrechen und Vergehen, „im Amte“. Es ſpricht im §. 333 von der Verleitung eines Mitgliedes der be- waffneten Macht zu einer Verletzung einer Amts- oder Dienſt- pflicht, im §. 334 von Amtsverletzungen der Schiedsrichter, Ge- ſchworenen und Schöffen, im §. 337 und 338 von Geiſtlichen und anderen Religionsdienern, im §. 352 und 356 von Advokaten, Anwalten und anderen Rechtsbeiſtänden.
Alle dieſe Perſonen-Klaſſen ſind keine Staats-Beamten, aber ſie haben ein Amt und können deßhalb Verbrechen und Vergehen „im Amte“ verüben. Dagegen ſprechen die Disciplinargeſetze
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Geſchworenen ſind ein Amt, aber ein Geſchworener iſt deſſen un-
geachtet kein Beamter. Es gehört vielmehr zum Begriff eines
Staats-Beamten außer der Uebernahme eines Staats-Amtes
noch ein zweites Begriffs-Moment, nämlich der Eintritt in ein
Dienſtverhältniß zum Staate.
Eine ausdrückliche Anerkennung hat dieſe Begriffs-Verſchie-
denheit in der Reichsgeſetzgebung gefunden und zwar im Straf-
Geſetzbuch.
§. 359. „Unter Beamten im Sinne dieſes Strafgeſetzes
ſind zu verſtehen alle im Dienſte des Reiches oder in unmittel-
barem Dienſte eines Bundesſtaates, auf Lebenszeit, auf Zeit oder
nur vorläufig angeſtellte Perſonen, ohne Unterſchied, ob ſie
einen Dienſteid geleiſtet haben oder nicht, ingleichen Notare, nicht
aber Advokaten und Anwalte.“
Dagegen lautet §. 31 Abſ. 2: „Unter öffentlichen Aem-
tern im Sinne dieſes Strafgeſetzes ſind die Advokatur, die An-
waltſchaft ünd das Notariat, ſowie der Geſchworenen- und Schöf-
fendienſt mitbegriffen.“
Das Strafgeſetzbuch gibt an dieſen beiden Stellen allerdings
keine allgemein gültigen Begriffsbeſtimmungen, ſondern erklärt
nur „Beamte“ und „Aemter“ im Sinne dieſes Strafge-
ſetzes; aber es conſtatirt doch, daß dieſe Begriffe von verſchiede-
nem Umfange ſind.
Im Einklange hiermit ſteht, daß die mit Uebernahme eines
Amtes verbundenen Pflichten nicht identiſch ſind mit den Pflichten
eines Beamten. Das Strafgeſetzbuch behandelt im 28. Abſchnitt
(§. 331 ff.) die Verbrechen und Vergehen, „im Amte“. Es
ſpricht im §. 333 von der Verleitung eines Mitgliedes der be-
waffneten Macht zu einer Verletzung einer Amts- oder Dienſt-
pflicht, im §. 334 von Amtsverletzungen der Schiedsrichter, Ge-
ſchworenen und Schöffen, im §. 337 und 338 von Geiſtlichen und
anderen Religionsdienern, im §. 352 und 356 von Advokaten,
Anwalten und anderen Rechtsbeiſtänden.
Alle dieſe Perſonen-Klaſſen ſind keine Staats-Beamten, aber
ſie haben ein Amt und können deßhalb Verbrechen und Vergehen
„im Amte“ verüben. Dagegen ſprechen die Disciplinargeſetze
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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/404>, abgerufen am 22.11.2024.
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