stets nur von Dienstvergehen der Beamten, so auch §. 72 des Reichs-Beamtengesetzes, und dasselbe Gesetz erklärt im §. 119, daß die Vorschriften der §§. 84--118 auch in Ansehung der einst- weilig in den Ruhestand versetzten Beamten gelten. Ein Dienst- vergehen kann daher auch derjenige begehen, welcher kein Amt hat, wofern er nur Beamter ist, d. h. im Staatsdienste steht.
Da es sonach Beamte gibt, welche kein Amt verwalten, und andererseits Verwalter von öffentlichen Aemtern, welche nicht Beamte sind, so folgt, daß nicht das Amt für den Begriff des Beamten ausschlaggebend ist. Charakteristisch ist vielmehr das Dienstverhältniß.
Hiermit ist der Begriff eines Staatsbeamten aber noch nicht genügend bestimmt, weil nicht jedes Dienstverhältniß zum Staate die Beamten-Eigenschaft begründet, sondern ein besonders gearte- tes Dienstverhältniß erforderlich ist. Die Pflicht zur Leistung von Diensten kann nämlich auf einem dreifachen Rechtsgrunde be- ruhen. Sie kann nach Analogie der Dienstmiethe des Privatrechts durch einen Vertrag begründet werden, bei welchem die Contra- henten gleichberechtigt und unabhängig einander gegenüber stehen. In diesem Falle besteht keine Unterordnung desjenigen, der die Dienste leistet, gegen denjenigen, dem sie geleistet werden; es wird kein weitergehendes Recht unter den Contrahenten begründet als der Anspruch auf Erfüllung der versprochenen Dienstleistung und der Gegenanspruch auf den dafür zugesicherten Lohn. Auch der Staat kann Dienstverträge dieser Art abschließen, z. B. mit Bau- Unternehmern, welche die Herstellung von Festungswerken, Eisen- bahnen, Wegen u. s. w. übernehmen, mit Lithographen, welche den Druck von Staatspapiergeld besorgen u. s. w. Der Inhalt eines solchen Vertrages braucht nicht mit Nothwendigkeit privatrecht- lich zu sein; auch die Besorgung von obrigkeitlichen Geschäften kann gegen Entgeld in der Art der privatrechtlichen Dienstmiethe über- tragen werden, z. B. die Erhebung von Abgaben oder Gebühren für die Staatskasse u. dgl., obwohl aus Gründen der Politik nur höchst selten die Führung von obrigkeitlichen Geschäften im Wege des Contrakts übertragen werden wird.
Wer ein Dienstverhältniß der angegebenen Art 1) mit dem
1) Die Art der Dienste ist nicht entscheidend; dieselben Dienste, welche
Laband, Reichsstaatsrecht. I. 25
§. 37. Der Begriff der Reichsbeamten.
ſtets nur von Dienſtvergehen der Beamten, ſo auch §. 72 des Reichs-Beamtengeſetzes, und daſſelbe Geſetz erklärt im §. 119, daß die Vorſchriften der §§. 84—118 auch in Anſehung der einſt- weilig in den Ruheſtand verſetzten Beamten gelten. Ein Dienſt- vergehen kann daher auch derjenige begehen, welcher kein Amt hat, wofern er nur Beamter iſt, d. h. im Staatsdienſte ſteht.
Da es ſonach Beamte gibt, welche kein Amt verwalten, und andererſeits Verwalter von öffentlichen Aemtern, welche nicht Beamte ſind, ſo folgt, daß nicht das Amt für den Begriff des Beamten ausſchlaggebend iſt. Charakteriſtiſch iſt vielmehr das Dienſtverhältniß.
Hiermit iſt der Begriff eines Staatsbeamten aber noch nicht genügend beſtimmt, weil nicht jedes Dienſtverhältniß zum Staate die Beamten-Eigenſchaft begründet, ſondern ein beſonders gearte- tes Dienſtverhältniß erforderlich iſt. Die Pflicht zur Leiſtung von Dienſten kann nämlich auf einem dreifachen Rechtsgrunde be- ruhen. Sie kann nach Analogie der Dienſtmiethe des Privatrechts durch einen Vertrag begründet werden, bei welchem die Contra- henten gleichberechtigt und unabhängig einander gegenüber ſtehen. In dieſem Falle beſteht keine Unterordnung desjenigen, der die Dienſte leiſtet, gegen denjenigen, dem ſie geleiſtet werden; es wird kein weitergehendes Recht unter den Contrahenten begründet als der Anſpruch auf Erfüllung der verſprochenen Dienſtleiſtung und der Gegenanſpruch auf den dafür zugeſicherten Lohn. Auch der Staat kann Dienſtverträge dieſer Art abſchließen, z. B. mit Bau- Unternehmern, welche die Herſtellung von Feſtungswerken, Eiſen- bahnen, Wegen u. ſ. w. übernehmen, mit Lithographen, welche den Druck von Staatspapiergeld beſorgen u. ſ. w. Der Inhalt eines ſolchen Vertrages braucht nicht mit Nothwendigkeit privatrecht- lich zu ſein; auch die Beſorgung von obrigkeitlichen Geſchäften kann gegen Entgeld in der Art der privatrechtlichen Dienſtmiethe über- tragen werden, z. B. die Erhebung von Abgaben oder Gebühren für die Staatskaſſe u. dgl., obwohl aus Gründen der Politik nur höchſt ſelten die Führung von obrigkeitlichen Geſchäften im Wege des Contrakts übertragen werden wird.
Wer ein Dienſtverhältniß der angegebenen Art 1) mit dem
1) Die Art der Dienſte iſt nicht entſcheidend; dieſelben Dienſte, welche
Laband, Reichsſtaatsrecht. I. 25
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§. 37. Der Begriff der Reichsbeamten.
ſtets nur von Dienſtvergehen der Beamten, ſo auch §. 72 des
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die Vorſchriften der §§. 84—118 auch in Anſehung der einſt-
weilig in den Ruheſtand verſetzten Beamten gelten. Ein Dienſt-
vergehen kann daher auch derjenige begehen, welcher kein Amt
hat, wofern er nur Beamter iſt, d. h. im Staatsdienſte ſteht.
Da es ſonach Beamte gibt, welche kein Amt verwalten, und
andererſeits Verwalter von öffentlichen Aemtern, welche nicht
Beamte ſind, ſo folgt, daß nicht das Amt für den Begriff des
Beamten ausſchlaggebend iſt. Charakteriſtiſch iſt vielmehr das
Dienſtverhältniß.
Hiermit iſt der Begriff eines Staatsbeamten aber noch nicht
genügend beſtimmt, weil nicht jedes Dienſtverhältniß zum Staate
die Beamten-Eigenſchaft begründet, ſondern ein beſonders gearte-
tes Dienſtverhältniß erforderlich iſt. Die Pflicht zur Leiſtung von
Dienſten kann nämlich auf einem dreifachen Rechtsgrunde be-
ruhen. Sie kann nach Analogie der Dienſtmiethe des Privatrechts
durch einen Vertrag begründet werden, bei welchem die Contra-
henten gleichberechtigt und unabhängig einander gegenüber ſtehen.
In dieſem Falle beſteht keine Unterordnung desjenigen, der die
Dienſte leiſtet, gegen denjenigen, dem ſie geleiſtet werden; es wird
kein weitergehendes Recht unter den Contrahenten begründet als
der Anſpruch auf Erfüllung der verſprochenen Dienſtleiſtung und
der Gegenanſpruch auf den dafür zugeſicherten Lohn. Auch der
Staat kann Dienſtverträge dieſer Art abſchließen, z. B. mit Bau-
Unternehmern, welche die Herſtellung von Feſtungswerken, Eiſen-
bahnen, Wegen u. ſ. w. übernehmen, mit Lithographen, welche den
Druck von Staatspapiergeld beſorgen u. ſ. w. Der Inhalt eines
ſolchen Vertrages braucht nicht mit Nothwendigkeit privatrecht-
lich zu ſein; auch die Beſorgung von obrigkeitlichen Geſchäften kann
gegen Entgeld in der Art der privatrechtlichen Dienſtmiethe über-
tragen werden, z. B. die Erhebung von Abgaben oder Gebühren
für die Staatskaſſe u. dgl., obwohl aus Gründen der Politik nur
höchſt ſelten die Führung von obrigkeitlichen Geſchäften im Wege
des Contrakts übertragen werden wird.
Wer ein Dienſtverhältniß der angegebenen Art 1) mit dem
1) Die Art der Dienſte iſt nicht entſcheidend; dieſelben Dienſte, welche
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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 385. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/405>, abgerufen am 22.11.2024.
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