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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

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§. 42. Die Rechte der Reichsbeamten.

In allen diesen Beziehungen erweist sich das Staatsdienst-
Verhältniß vollkommen gleichartig mit anderen Gewalt- und Dienst-
Verhältnissen und namentlich liegt die Analogie mit der Vassalität
in ihrer ursprünglichen Form vor Augen, welche ebenfalls wesent-
lich
die Verpflichtung des Herrn zum Schutz und regelmäßig,
aber nicht nothwendig, zur Gewährung des Unterhaltes (in der
Form des Beneficium) begründete.

Dagegen ist die weitverbreitete Lehre 1), daß der Beamte ein
Recht auf das Amt oder auf die mit dem Amt verbundene Gewalt
und auf die Ausübung obrigkeitlicher Befugnisse habe, völlig un-
richtig. Die obrigkeitlichen Rechte, welche der Beamte handhabt,
sind nicht seine Rechte, sondern Rechte des Staates; mit ihrer
Handhabung bethätigt er nicht ein ihm zustehendes Recht, sondern
er erfüllt eine ihm obliegende Pflicht; er ist nicht das Subjekt
dieser Rechte, sondern das Instrument, vermittelst dessen der Staat
dieselben ausübt 2).

I. Das Recht auf Schutz.

Da der heutige Staat seiner wesentlichen Aufgabe gemäß alle
seine Angehörigen vor rechtswidrigen Angriffen schützt, so bedarf
es keines hierauf gerichteten speciellen Rechtes der Beamten. So
weit aber der Staat von seinen Beamten staatliche Dienste erfor-
dert, ist er verbunden, sie in Ausübung dieser Dienste zu
schützen. Hieraus ergiebt sich ein besonderer Schutz, der mit der
dienstlichen Stellung des Beamten im engsten Zusammenhange
steht und sich von dem allgemeinen Schutz aller Staatsangehörigen
(siehe oben S. 150 fg.) unterscheidet. Es ist zwar nicht zu verkennen,
daß der Staat durch Gewährung dieses Schutzes nicht blos den
Beamten, sondern zugleich sich selbst schützt und daß man deßhalb
wohl berechtigt ist, alle Angriffe gegen die Beamten in Beziehung

1) Vgl. u. A. Seuffert Verhältn. des Staates §. 64. S. 115. Gönner
S. 219 ff. Leist Staatsr. §. 101. S. 314. Perthes S. 110 ff. Pözl
im Staatswörterb. IX. S. 701. Zachariä II. §. 139 S. 51. Grotefend
§. 690. (S. 713.) Bluntschli Allg. Staatsr. (4. Aufl.) II. S. 132. 133.
Auch Schulze Preuß. Staatsr. I. S. 334. (woselbst die Amtsbefugnisse den
"eigenen" Rechten der Beamten zwar gegenüber gestellt, aber doch als Rechte
der Beamten behandelt werden.)
2) Vgl. oben S. 293 ff.
§. 42. Die Rechte der Reichsbeamten.

In allen dieſen Beziehungen erweist ſich das Staatsdienſt-
Verhältniß vollkommen gleichartig mit anderen Gewalt- und Dienſt-
Verhältniſſen und namentlich liegt die Analogie mit der Vaſſalität
in ihrer urſprünglichen Form vor Augen, welche ebenfalls weſent-
lich
die Verpflichtung des Herrn zum Schutz und regelmäßig,
aber nicht nothwendig, zur Gewährung des Unterhaltes (in der
Form des Beneficium) begründete.

Dagegen iſt die weitverbreitete Lehre 1), daß der Beamte ein
Recht auf das Amt oder auf die mit dem Amt verbundene Gewalt
und auf die Ausübung obrigkeitlicher Befugniſſe habe, völlig un-
richtig. Die obrigkeitlichen Rechte, welche der Beamte handhabt,
ſind nicht ſeine Rechte, ſondern Rechte des Staates; mit ihrer
Handhabung bethätigt er nicht ein ihm zuſtehendes Recht, ſondern
er erfüllt eine ihm obliegende Pflicht; er iſt nicht das Subjekt
dieſer Rechte, ſondern das Inſtrument, vermittelſt deſſen der Staat
dieſelben ausübt 2).

I. Das Recht auf Schutz.

Da der heutige Staat ſeiner weſentlichen Aufgabe gemäß alle
ſeine Angehörigen vor rechtswidrigen Angriffen ſchützt, ſo bedarf
es keines hierauf gerichteten ſpeciellen Rechtes der Beamten. So
weit aber der Staat von ſeinen Beamten ſtaatliche Dienſte erfor-
dert, iſt er verbunden, ſie in Ausübung dieſer Dienſte zu
ſchützen. Hieraus ergiebt ſich ein beſonderer Schutz, der mit der
dienſtlichen Stellung des Beamten im engſten Zuſammenhange
ſteht und ſich von dem allgemeinen Schutz aller Staatsangehörigen
(ſiehe oben S. 150 fg.) unterſcheidet. Es iſt zwar nicht zu verkennen,
daß der Staat durch Gewährung dieſes Schutzes nicht blos den
Beamten, ſondern zugleich ſich ſelbſt ſchützt und daß man deßhalb
wohl berechtigt iſt, alle Angriffe gegen die Beamten in Beziehung

1) Vgl. u. A. Seuffert Verhältn. des Staates §. 64. S. 115. Gönner
S. 219 ff. Leiſt Staatsr. §. 101. S. 314. Perthes S. 110 ff. Pözl
im Staatswörterb. IX. S. 701. Zachariä II. §. 139 S. 51. Grotefend
§. 690. (S. 713.) Bluntſchli Allg. Staatsr. (4. Aufl.) II. S. 132. 133.
Auch Schulze Preuß. Staatsr. I. S. 334. (woſelbſt die Amtsbefugniſſe den
„eigenen“ Rechten der Beamten zwar gegenüber geſtellt, aber doch als Rechte
der Beamten behandelt werden.)
2) Vgl. oben S. 293 ff.
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[460/0480] §. 42. Die Rechte der Reichsbeamten. In allen dieſen Beziehungen erweist ſich das Staatsdienſt- Verhältniß vollkommen gleichartig mit anderen Gewalt- und Dienſt- Verhältniſſen und namentlich liegt die Analogie mit der Vaſſalität in ihrer urſprünglichen Form vor Augen, welche ebenfalls weſent- lich die Verpflichtung des Herrn zum Schutz und regelmäßig, aber nicht nothwendig, zur Gewährung des Unterhaltes (in der Form des Beneficium) begründete. Dagegen iſt die weitverbreitete Lehre 1), daß der Beamte ein Recht auf das Amt oder auf die mit dem Amt verbundene Gewalt und auf die Ausübung obrigkeitlicher Befugniſſe habe, völlig un- richtig. Die obrigkeitlichen Rechte, welche der Beamte handhabt, ſind nicht ſeine Rechte, ſondern Rechte des Staates; mit ihrer Handhabung bethätigt er nicht ein ihm zuſtehendes Recht, ſondern er erfüllt eine ihm obliegende Pflicht; er iſt nicht das Subjekt dieſer Rechte, ſondern das Inſtrument, vermittelſt deſſen der Staat dieſelben ausübt 2). I. Das Recht auf Schutz. Da der heutige Staat ſeiner weſentlichen Aufgabe gemäß alle ſeine Angehörigen vor rechtswidrigen Angriffen ſchützt, ſo bedarf es keines hierauf gerichteten ſpeciellen Rechtes der Beamten. So weit aber der Staat von ſeinen Beamten ſtaatliche Dienſte erfor- dert, iſt er verbunden, ſie in Ausübung dieſer Dienſte zu ſchützen. Hieraus ergiebt ſich ein beſonderer Schutz, der mit der dienſtlichen Stellung des Beamten im engſten Zuſammenhange ſteht und ſich von dem allgemeinen Schutz aller Staatsangehörigen (ſiehe oben S. 150 fg.) unterſcheidet. Es iſt zwar nicht zu verkennen, daß der Staat durch Gewährung dieſes Schutzes nicht blos den Beamten, ſondern zugleich ſich ſelbſt ſchützt und daß man deßhalb wohl berechtigt iſt, alle Angriffe gegen die Beamten in Beziehung 1) Vgl. u. A. Seuffert Verhältn. des Staates §. 64. S. 115. Gönner S. 219 ff. Leiſt Staatsr. §. 101. S. 314. Perthes S. 110 ff. Pözl im Staatswörterb. IX. S. 701. Zachariä II. §. 139 S. 51. Grotefend §. 690. (S. 713.) Bluntſchli Allg. Staatsr. (4. Aufl.) II. S. 132. 133. Auch Schulze Preuß. Staatsr. I. S. 334. (woſelbſt die Amtsbefugniſſe den „eigenen“ Rechten der Beamten zwar gegenüber geſtellt, aber doch als Rechte der Beamten behandelt werden.) 2) Vgl. oben S. 293 ff.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 460. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/480>, abgerufen am 24.11.2024.