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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

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§. 43. Die Geltendmachung vermögensrechtlicher Ansprüche.
Verwechslung von klagbaren Ansprüchen mit civilrechtlichen 1).
Wenn man aber auch der erwähnten Auffassung beistimmt, so ist
damit ein positiver Rechtssatz nicht gewonnen. Denn es ist sicher,
daß der vermögensrechtliche Anspruch der Beamten sich nicht nach
den Regeln irgend eines, im Privatrecht normirten contractlichen
oder quasicontractlichen Rechtsverhältnisses beurtheilen läßt; daß er
vielmehr seinen Rechtsgrund in dem öffentlich rechtlichen, durch den
Anstellungsvertrag begründeten Rechtsverhältniß hat und aus ihm
seinen Inhalt empfängt. Die Frage reduzirt sich im letzten Grunde
auf einen Schulstreit über die richtige Definition des Gegensatzes
von öffentlichem Recht und Privatrecht und ist praktisch nicht von
Belang.

Andererseits haben manche Deutsche Partikularrechte für die
Geltendmachung der vermögensrechtlichen Ansprüche der Staats-
diener den Rechtsweg ausgeschlossen, weil das Rechtsverhältniß
kein privatrechtliches sei. Auch dies ist nicht schlüssig; denn aus
öffentlich rechtlichen Verhältnissen können subjektive Rechte hervor-
gehen, welche im Wege des Prozesses geltend gemacht und geschützt
werden können. Daß der Staat gegen den Beamten keine Klage
auf Erfüllung der Dienstpflicht hat, ist kein Grund, dem Beamten
die Klage gegen den Staat auf Erfüllung seiner pekuniären Ver-
pflichtungen zu versagen. Denn der Staat hat zum Ersatz seiner
Klage die Disciplinargewalt, der Beamte nicht 2).

Ueber die prozeßualische Geltendmachung der vermögensrecht-
lichen Ansprüche hat das Reichsgesetz folgende Regeln aufgestellt.

1) Im §. 149 werden hervorgehoben die Ansprüche auf Be-
soldung, Wartegeld oder Pension und die gesetzlich gewährten An-
sprüche der Hinterbliebenen auf Bewilligungen. Diese Aufzählung
ist aber nicht ausschließend, sondern nur exemplifikativ, wie deut-
lich aus dem Worte "insbesondere" hervorgeht. Es ist daher der
Rechtsweg auch zulässig über die Ansprüche auf Diäten, Fuhr-

im Staatswörterb. IX. S. 689 und Verf.-R. §. 198 Nr. 3. (S. 494). Schulze
I. S. 316 u. v. a.
1) Vgl. Förster a. a. O. (§. 141 Note 66).
2) Auch bei privatrechtlichen Gewaltverhältnissen kann der Untergebene den
Anspruch auf Alimentirung im Wege der Klage geltend machen, so die Ehe-
frau und die Kinder, ebenso im älteren Recht der Lehensmann seine Ansprüche
auf das Beneficium u. s. w.

§. 43. Die Geltendmachung vermögensrechtlicher Anſprüche.
Verwechslung von klagbaren Anſprüchen mit civilrechtlichen 1).
Wenn man aber auch der erwähnten Auffaſſung beiſtimmt, ſo iſt
damit ein poſitiver Rechtsſatz nicht gewonnen. Denn es iſt ſicher,
daß der vermögensrechtliche Anſpruch der Beamten ſich nicht nach
den Regeln irgend eines, im Privatrecht normirten contractlichen
oder quaſicontractlichen Rechtsverhältniſſes beurtheilen läßt; daß er
vielmehr ſeinen Rechtsgrund in dem öffentlich rechtlichen, durch den
Anſtellungsvertrag begründeten Rechtsverhältniß hat und aus ihm
ſeinen Inhalt empfängt. Die Frage reduzirt ſich im letzten Grunde
auf einen Schulſtreit über die richtige Definition des Gegenſatzes
von öffentlichem Recht und Privatrecht und iſt praktiſch nicht von
Belang.

Andererſeits haben manche Deutſche Partikularrechte für die
Geltendmachung der vermögensrechtlichen Anſprüche der Staats-
diener den Rechtsweg ausgeſchloſſen, weil das Rechtsverhältniß
kein privatrechtliches ſei. Auch dies iſt nicht ſchlüſſig; denn aus
öffentlich rechtlichen Verhältniſſen können ſubjektive Rechte hervor-
gehen, welche im Wege des Prozeſſes geltend gemacht und geſchützt
werden können. Daß der Staat gegen den Beamten keine Klage
auf Erfüllung der Dienſtpflicht hat, iſt kein Grund, dem Beamten
die Klage gegen den Staat auf Erfüllung ſeiner pekuniären Ver-
pflichtungen zu verſagen. Denn der Staat hat zum Erſatz ſeiner
Klage die Disciplinargewalt, der Beamte nicht 2).

Ueber die prozeßualiſche Geltendmachung der vermögensrecht-
lichen Anſprüche hat das Reichsgeſetz folgende Regeln aufgeſtellt.

1) Im §. 149 werden hervorgehoben die Anſprüche auf Be-
ſoldung, Wartegeld oder Penſion und die geſetzlich gewährten An-
ſprüche der Hinterbliebenen auf Bewilligungen. Dieſe Aufzählung
iſt aber nicht ausſchließend, ſondern nur exemplifikativ, wie deut-
lich aus dem Worte „insbeſondere“ hervorgeht. Es iſt daher der
Rechtsweg auch zuläſſig über die Anſprüche auf Diäten, Fuhr-

im Staatswörterb. IX. S. 689 und Verf.-R. §. 198 Nr. 3. (S. 494). Schulze
I. S. 316 u. v. a.
1) Vgl. Förſter a. a. O. (§. 141 Note 66).
2) Auch bei privatrechtlichen Gewaltverhältniſſen kann der Untergebene den
Anſpruch auf Alimentirung im Wege der Klage geltend machen, ſo die Ehe-
frau und die Kinder, ebenſo im älteren Recht der Lehensmann ſeine Anſprüche
auf das Beneficium u. ſ. w.
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[476/0496] §. 43. Die Geltendmachung vermögensrechtlicher Anſprüche. Verwechslung von klagbaren Anſprüchen mit civilrechtlichen 1). Wenn man aber auch der erwähnten Auffaſſung beiſtimmt, ſo iſt damit ein poſitiver Rechtsſatz nicht gewonnen. Denn es iſt ſicher, daß der vermögensrechtliche Anſpruch der Beamten ſich nicht nach den Regeln irgend eines, im Privatrecht normirten contractlichen oder quaſicontractlichen Rechtsverhältniſſes beurtheilen läßt; daß er vielmehr ſeinen Rechtsgrund in dem öffentlich rechtlichen, durch den Anſtellungsvertrag begründeten Rechtsverhältniß hat und aus ihm ſeinen Inhalt empfängt. Die Frage reduzirt ſich im letzten Grunde auf einen Schulſtreit über die richtige Definition des Gegenſatzes von öffentlichem Recht und Privatrecht und iſt praktiſch nicht von Belang. Andererſeits haben manche Deutſche Partikularrechte für die Geltendmachung der vermögensrechtlichen Anſprüche der Staats- diener den Rechtsweg ausgeſchloſſen, weil das Rechtsverhältniß kein privatrechtliches ſei. Auch dies iſt nicht ſchlüſſig; denn aus öffentlich rechtlichen Verhältniſſen können ſubjektive Rechte hervor- gehen, welche im Wege des Prozeſſes geltend gemacht und geſchützt werden können. Daß der Staat gegen den Beamten keine Klage auf Erfüllung der Dienſtpflicht hat, iſt kein Grund, dem Beamten die Klage gegen den Staat auf Erfüllung ſeiner pekuniären Ver- pflichtungen zu verſagen. Denn der Staat hat zum Erſatz ſeiner Klage die Disciplinargewalt, der Beamte nicht 2). Ueber die prozeßualiſche Geltendmachung der vermögensrecht- lichen Anſprüche hat das Reichsgeſetz folgende Regeln aufgeſtellt. 1) Im §. 149 werden hervorgehoben die Anſprüche auf Be- ſoldung, Wartegeld oder Penſion und die geſetzlich gewährten An- ſprüche der Hinterbliebenen auf Bewilligungen. Dieſe Aufzählung iſt aber nicht ausſchließend, ſondern nur exemplifikativ, wie deut- lich aus dem Worte „insbeſondere“ hervorgeht. Es iſt daher der Rechtsweg auch zuläſſig über die Anſprüche auf Diäten, Fuhr- 3) 1) Vgl. Förſter a. a. O. (§. 141 Note 66). 2) Auch bei privatrechtlichen Gewaltverhältniſſen kann der Untergebene den Anſpruch auf Alimentirung im Wege der Klage geltend machen, ſo die Ehe- frau und die Kinder, ebenſo im älteren Recht der Lehensmann ſeine Anſprüche auf das Beneficium u. ſ. w. 3) im Staatswörterb. IX. S. 689 und Verf.-R. §. 198 Nr. 3. (S. 494). Schulze I. S. 316 u. v. a.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 476. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/496>, abgerufen am 23.11.2024.