Fiskus bei vermögensrechtlichen Ansprüchen gegen den Beamten in und außerhalb des Concurses.
In allen diesen Beziehungen hat das Reichsbeamten-Gesetz §. 19 den Grundsatz aufgestellt, daß, sofern nicht durch Reichsge- setz Bestimmung getroffen ist, die aktiven und die aus dem Dienst geschiedenen Reichsbeamten nach denselben Rechtsvorschriften zu beurtheilen sind, welche an ihren Wohnorten für die aktiven, be- ziehungsweise aus dem Dienste geschiedenen Staatsbeamten gelten. In den verschiedenen Rechtsgebieten Deutschlands sind demnach die rechtl. Verhältnisse der Reichsbeamten verschieden normirt; dagegen sind Reichsbeamte und Landesbeamte in jedem einzelnen Rechtsge- biet gleichgestellt.
"Für diejenigen Reichsbeamten, deren Wohnort außerhalb der Bundesstaaten sich befindet, kommen hinsichtlich dieser Rechts- verhältnisse vor Deutschen Behörden die gesetzlichen Bestimmungen ihres Heimathsstaates und in Ermangelung eines solchen, die Vorschriften des Preußischen Rechts zur Anwendung" 1). Unter dem Heimathsstaat ist derjenige Deutsche Staat zu verstehen, in welchem der Reichsbeamte die Staatsangehörigkeit hat. Unter der "Ermangelung eines Heimathsstaates" ist daher gemeint "in Ermangelung der Reichsangehörigkeit"; so daß nicht etwa das Recht des Heimathsstaates eines im Reichsdienst angestellten Aus- länders Anwendung finden darf, was nach der Wortfassung des §. 19 allerdings bei buchstäblicher Interpretation nicht ausgeschlossen ist. Für den anderen Fall, der wohl öfter vorkommen mag 2), daß ein Reichsbeamter in mehreren Deutschen Staaten staats- angehörig ist, hat das Gesetz keine Bestimmung getroffen, welches Staates Gesetzgebung alsdann maaßgebend ist, und ebenso wenig, was unter den "Vorschriften des Preußischen Rechts" zu verstehen ist, wenn in den verschiedenen Rechtsgebieten Preußens verschiedene Vorschriften gelten 3).
1) Reichsges. §. 19 Abs. 1.
2) Siehe oben S. 137.
3) Nach Analogie des §. 12 des Kautionsges. v. 2. Juni 1869 und des §. 21 des Beamtengesetzes ist in diesem Falle unter dem Preußischen Recht wohl das in Berlin geltende Recht zu verstehen. Warum man sich bei § 19 nicht an die bessere Fassung des §. 12 des Kautionsgesetzes angeschlossen hat, ist nicht erfindlich.
§. 46. Der Einfluß des Beamten-Verhältniſſes.
Fiskus bei vermögensrechtlichen Anſprüchen gegen den Beamten in und außerhalb des Concurſes.
In allen dieſen Beziehungen hat das Reichsbeamten-Geſetz §. 19 den Grundſatz aufgeſtellt, daß, ſofern nicht durch Reichsge- ſetz Beſtimmung getroffen iſt, die aktiven und die aus dem Dienſt geſchiedenen Reichsbeamten nach denſelben Rechtsvorſchriften zu beurtheilen ſind, welche an ihren Wohnorten für die aktiven, be- ziehungsweiſe aus dem Dienſte geſchiedenen Staatsbeamten gelten. In den verſchiedenen Rechtsgebieten Deutſchlands ſind demnach die rechtl. Verhältniſſe der Reichsbeamten verſchieden normirt; dagegen ſind Reichsbeamte und Landesbeamte in jedem einzelnen Rechtsge- biet gleichgeſtellt.
„Für diejenigen Reichsbeamten, deren Wohnort außerhalb der Bundesſtaaten ſich befindet, kommen hinſichtlich dieſer Rechts- verhältniſſe vor Deutſchen Behörden die geſetzlichen Beſtimmungen ihres Heimathsſtaates und in Ermangelung eines ſolchen, die Vorſchriften des Preußiſchen Rechts zur Anwendung“ 1). Unter dem Heimathsſtaat iſt derjenige Deutſche Staat zu verſtehen, in welchem der Reichsbeamte die Staatsangehörigkeit hat. Unter der „Ermangelung eines Heimathsſtaates“ iſt daher gemeint „in Ermangelung der Reichsangehörigkeit“; ſo daß nicht etwa das Recht des Heimathsſtaates eines im Reichsdienſt angeſtellten Aus- länders Anwendung finden darf, was nach der Wortfaſſung des §. 19 allerdings bei buchſtäblicher Interpretation nicht ausgeſchloſſen iſt. Für den anderen Fall, der wohl öfter vorkommen mag 2), daß ein Reichsbeamter in mehreren Deutſchen Staaten ſtaats- angehörig iſt, hat das Geſetz keine Beſtimmung getroffen, welches Staates Geſetzgebung alsdann maaßgebend iſt, und ebenſo wenig, was unter den „Vorſchriften des Preußiſchen Rechts“ zu verſtehen iſt, wenn in den verſchiedenen Rechtsgebieten Preußens verſchiedene Vorſchriften gelten 3).
1) Reichsgeſ. §. 19 Abſ. 1.
2) Siehe oben S. 137.
3) Nach Analogie des §. 12 des Kautionsgeſ. v. 2. Juni 1869 und des §. 21 des Beamtengeſetzes iſt in dieſem Falle unter dem Preußiſchen Recht wohl das in Berlin geltende Recht zu verſtehen. Warum man ſich bei § 19 nicht an die beſſere Faſſung des §. 12 des Kautionsgeſetzes angeſchloſſen hat, iſt nicht erfindlich.
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§. 46. Der Einfluß des Beamten-Verhältniſſes.
Fiskus bei vermögensrechtlichen Anſprüchen gegen den Beamten in
und außerhalb des Concurſes.
In allen dieſen Beziehungen hat das Reichsbeamten-Geſetz
§. 19 den Grundſatz aufgeſtellt, daß, ſofern nicht durch Reichsge-
ſetz Beſtimmung getroffen iſt, die aktiven und die aus dem Dienſt
geſchiedenen Reichsbeamten nach denſelben Rechtsvorſchriften zu
beurtheilen ſind, welche an ihren Wohnorten für die aktiven, be-
ziehungsweiſe aus dem Dienſte geſchiedenen Staatsbeamten gelten.
In den verſchiedenen Rechtsgebieten Deutſchlands ſind demnach die
rechtl. Verhältniſſe der Reichsbeamten verſchieden normirt; dagegen
ſind Reichsbeamte und Landesbeamte in jedem einzelnen Rechtsge-
biet gleichgeſtellt.
„Für diejenigen Reichsbeamten, deren Wohnort außerhalb
der Bundesſtaaten ſich befindet, kommen hinſichtlich dieſer Rechts-
verhältniſſe vor Deutſchen Behörden die geſetzlichen Beſtimmungen
ihres Heimathsſtaates und in Ermangelung eines ſolchen, die
Vorſchriften des Preußiſchen Rechts zur Anwendung“ 1). Unter
dem Heimathsſtaat iſt derjenige Deutſche Staat zu verſtehen, in
welchem der Reichsbeamte die Staatsangehörigkeit hat. Unter der
„Ermangelung eines Heimathsſtaates“ iſt daher gemeint „in
Ermangelung der Reichsangehörigkeit“; ſo daß nicht etwa das
Recht des Heimathsſtaates eines im Reichsdienſt angeſtellten Aus-
länders Anwendung finden darf, was nach der Wortfaſſung des
§. 19 allerdings bei buchſtäblicher Interpretation nicht ausgeſchloſſen
iſt. Für den anderen Fall, der wohl öfter vorkommen mag 2),
daß ein Reichsbeamter in mehreren Deutſchen Staaten ſtaats-
angehörig iſt, hat das Geſetz keine Beſtimmung getroffen, welches
Staates Geſetzgebung alsdann maaßgebend iſt, und ebenſo wenig,
was unter den „Vorſchriften des Preußiſchen Rechts“ zu verſtehen
iſt, wenn in den verſchiedenen Rechtsgebieten Preußens verſchiedene
Vorſchriften gelten 3).
1) Reichsgeſ. §. 19 Abſ. 1.
2) Siehe oben S. 137.
3) Nach Analogie des §. 12 des Kautionsgeſ. v. 2. Juni 1869 und des
§. 21 des Beamtengeſetzes iſt in dieſem Falle unter dem Preußiſchen Recht
wohl das in Berlin geltende Recht zu verſtehen. Warum man ſich bei §
19 nicht an die beſſere Faſſung des §. 12 des Kautionsgeſetzes angeſchloſſen
hat, iſt nicht erfindlich.
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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 496. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/516>, abgerufen am 22.11.2024.
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