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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

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§. 49. Die Bildung des Reichstages. Das Wahlrecht.
erfordert; andererseits genügt bloßer Aufenthalt nicht um die Aus-
übung des Wahlrechts zu begründen, auch wenn er von längerer
Dauer ist.

c) für Personen, welche nicht in die Wahllisten aufgenommen
sind 1).

2) Von der Berechtigung zum Wählen sind nicht blos quoad
exercitium,
sondern quaod ius ausgeschlossen folgende 4 Kategorien 2).

a) "Personen, welche unter Vormundschaft oder Kuratel
stehen", also, da Minderjährige ohnehin nicht wahlberechtigt sind,
gerichtlich erklärte Verschwender, Geisteskranke und Gebrechliche,
welche unter Kuratel gestellt sind. Unter welchen Voraussetzungen
dies eintritt, bestimmt sich nach den Partikularrechten.

b) "Personen, über deren Vermögen Konkurs- oder Fallit-
zustand gerichtlich eröffnet worden ist und zwar während der Dauer
des Konkurs- oder Fallit-Verfahrens." Da der Ausschluß der
Wahlberechtigung abhängig ist von der Dauer des Verfahrens,
so ergiebt sich, daß die Wahlberechtigung wieder auflebt nicht blos
in dem Falle, daß der Konkurs durch Befriedigung der Gläubiger
oder durch Akkord beendigt wird, sondern auch dann, wenn das
Verfahren wegen gänzlichen Mangels einer Aktiv-Masse eingestellt
wird oder das vorhandene Aktiv-Vermögen vollständig zur Ver-
theilung gebracht ist 3). Auch eine Verurtheilung wegen Banke-
rutts ändert hieran Nichts, wenn durch dieselbe nicht zugleich die
bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt sind, was jedoch in den Fällen
des §. 283 des R.-St.-G.-B.'s nicht zulässig ist.

c) "Personen, welche eine Armen-Unterstützung aus öffentlichen
oder Gemeinde-Mitteln beziehen, oder im letzten der Wahl vorher-
gegangenen Jahre bezogen haben 4)."


1) Wahlges. §. 8 Abs. 2. "Nur diejenigen sind zur Theilnahme an der
Wahl berechtigt, welche in die Liste aufgenommen sind." Vrgl. unten.
2) Wahlges. §. 3.
3) Unter Umständen ist der Gemeinschuldner, der gar keine Aktiva besitzt,
in dieser Hinsicht daher besser daran, wie derjenige, dessen Gläubiger fast volle
Befriedigung erhalten, jedoch erst nach Beendigung einer langwierigen Liqui-
dation. Gegen die Bestimmung überhaupt spricht sich v. Mohl a. a. O.
S. 20 aus.
4) Ueber die Bedenken, zu welchen diese Fassung Veranlassung giebt, und
über die Zweifel, welche Mittel als öffentliche auzusehen seien, vrgl. v. Mohl
a. a. O. und Reichsstaatsr. S. 346 fg. Darüber, daß die Gewährung unent-

§. 49. Die Bildung des Reichstages. Das Wahlrecht.
erfordert; andererſeits genügt bloßer Aufenthalt nicht um die Aus-
übung des Wahlrechts zu begründen, auch wenn er von längerer
Dauer iſt.

c) für Perſonen, welche nicht in die Wahlliſten aufgenommen
ſind 1).

2) Von der Berechtigung zum Wählen ſind nicht blos quoad
exercitium,
ſondern quaod ius ausgeſchloſſen folgende 4 Kategorien 2).

a) „Perſonen, welche unter Vormundſchaft oder Kuratel
ſtehen“, alſo, da Minderjährige ohnehin nicht wahlberechtigt ſind,
gerichtlich erklärte Verſchwender, Geiſteskranke und Gebrechliche,
welche unter Kuratel geſtellt ſind. Unter welchen Vorausſetzungen
dies eintritt, beſtimmt ſich nach den Partikularrechten.

b) „Perſonen, über deren Vermögen Konkurs- oder Fallit-
zuſtand gerichtlich eröffnet worden iſt und zwar während der Dauer
des Konkurs- oder Fallit-Verfahrens.“ Da der Ausſchluß der
Wahlberechtigung abhängig iſt von der Dauer des Verfahrens,
ſo ergiebt ſich, daß die Wahlberechtigung wieder auflebt nicht blos
in dem Falle, daß der Konkurs durch Befriedigung der Gläubiger
oder durch Akkord beendigt wird, ſondern auch dann, wenn das
Verfahren wegen gänzlichen Mangels einer Aktiv-Maſſe eingeſtellt
wird oder das vorhandene Aktiv-Vermögen vollſtändig zur Ver-
theilung gebracht iſt 3). Auch eine Verurtheilung wegen Banke-
rutts ändert hieran Nichts, wenn durch dieſelbe nicht zugleich die
bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt ſind, was jedoch in den Fällen
des §. 283 des R.-St.-G.-B.’s nicht zuläſſig iſt.

c) „Perſonen, welche eine Armen-Unterſtützung aus öffentlichen
oder Gemeinde-Mitteln beziehen, oder im letzten der Wahl vorher-
gegangenen Jahre bezogen haben 4).“


1) Wahlgeſ. §. 8 Abſ. 2. „Nur diejenigen ſind zur Theilnahme an der
Wahl berechtigt, welche in die Liſte aufgenommen ſind.“ Vrgl. unten.
2) Wahlgeſ. §. 3.
3) Unter Umſtänden iſt der Gemeinſchuldner, der gar keine Aktiva beſitzt,
in dieſer Hinſicht daher beſſer daran, wie derjenige, deſſen Gläubiger faſt volle
Befriedigung erhalten, jedoch erſt nach Beendigung einer langwierigen Liqui-
dation. Gegen die Beſtimmung überhaupt ſpricht ſich v. Mohl a. a. O.
S. 20 aus.
4) Ueber die Bedenken, zu welchen dieſe Faſſung Veranlaſſung giebt, und
über die Zweifel, welche Mittel als öffentliche auzuſehen ſeien, vrgl. v. Mohl
a. a. O. und Reichsſtaatsr. S. 346 fg. Darüber, daß die Gewährung unent-
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[526/0546] §. 49. Die Bildung des Reichstages. Das Wahlrecht. erfordert; andererſeits genügt bloßer Aufenthalt nicht um die Aus- übung des Wahlrechts zu begründen, auch wenn er von längerer Dauer iſt. c) für Perſonen, welche nicht in die Wahlliſten aufgenommen ſind 1). 2) Von der Berechtigung zum Wählen ſind nicht blos quoad exercitium, ſondern quaod ius ausgeſchloſſen folgende 4 Kategorien 2). a) „Perſonen, welche unter Vormundſchaft oder Kuratel ſtehen“, alſo, da Minderjährige ohnehin nicht wahlberechtigt ſind, gerichtlich erklärte Verſchwender, Geiſteskranke und Gebrechliche, welche unter Kuratel geſtellt ſind. Unter welchen Vorausſetzungen dies eintritt, beſtimmt ſich nach den Partikularrechten. b) „Perſonen, über deren Vermögen Konkurs- oder Fallit- zuſtand gerichtlich eröffnet worden iſt und zwar während der Dauer des Konkurs- oder Fallit-Verfahrens.“ Da der Ausſchluß der Wahlberechtigung abhängig iſt von der Dauer des Verfahrens, ſo ergiebt ſich, daß die Wahlberechtigung wieder auflebt nicht blos in dem Falle, daß der Konkurs durch Befriedigung der Gläubiger oder durch Akkord beendigt wird, ſondern auch dann, wenn das Verfahren wegen gänzlichen Mangels einer Aktiv-Maſſe eingeſtellt wird oder das vorhandene Aktiv-Vermögen vollſtändig zur Ver- theilung gebracht iſt 3). Auch eine Verurtheilung wegen Banke- rutts ändert hieran Nichts, wenn durch dieſelbe nicht zugleich die bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt ſind, was jedoch in den Fällen des §. 283 des R.-St.-G.-B.’s nicht zuläſſig iſt. c) „Perſonen, welche eine Armen-Unterſtützung aus öffentlichen oder Gemeinde-Mitteln beziehen, oder im letzten der Wahl vorher- gegangenen Jahre bezogen haben 4).“ 1) Wahlgeſ. §. 8 Abſ. 2. „Nur diejenigen ſind zur Theilnahme an der Wahl berechtigt, welche in die Liſte aufgenommen ſind.“ Vrgl. unten. 2) Wahlgeſ. §. 3. 3) Unter Umſtänden iſt der Gemeinſchuldner, der gar keine Aktiva beſitzt, in dieſer Hinſicht daher beſſer daran, wie derjenige, deſſen Gläubiger faſt volle Befriedigung erhalten, jedoch erſt nach Beendigung einer langwierigen Liqui- dation. Gegen die Beſtimmung überhaupt ſpricht ſich v. Mohl a. a. O. S. 20 aus. 4) Ueber die Bedenken, zu welchen dieſe Faſſung Veranlaſſung giebt, und über die Zweifel, welche Mittel als öffentliche auzuſehen ſeien, vrgl. v. Mohl a. a. O. und Reichsſtaatsr. S. 346 fg. Darüber, daß die Gewährung unent-

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 526. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/546>, abgerufen am 22.11.2024.