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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

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§. 3. Das Verhältniß des nordd. Bundes zu den südd. Staaten.

Das Verhältniß des Norddeutschen Bundes zu den vier süd-
deutschen Staaten war, abgesehen von der nationalen Basis, ein
rein völkerrechtliches, vertragsmäßiges, und war begründet durch
folgende Verträge:

1) Gleichzeitig mit den Friedensverträgen wurden zwischen
Preußen und den süddeutschen Staaten Schutz- und Trutz-
bündnisse
geschlossen 1), durch welche sich die Kontrahenten ge-
genseitig die Integrität des Gebietes ihrer bezüglichen Länder
garantirten und sich verpflichteten, im Falle eines Krieges ihre
volle Kriegsmacht zu diesem Zwecke einander zur Verfügung zu
stellen. Für diesen Fall wurde der Oberbefehl über die Truppen
der süddeutschen Staaten dem Könige von Preußen übertragen.
Dadurch wurde der einzige Werth, welchen der ehemalige Bund
hatte, nämlich die Kollectivgarantie aller Deutschen Staaten für
die Integrität des Bundesgebietes wieder hergestellt, zugleich aber
eine Einheitlichkeit des Oberbefehls über die Deutsche Armee für
den Kriegsfall begründet, wie sie zu den Zeiten des Deutschen
Bundes nicht einmal angestrebt werden konnte. Der französische
Krieg brachte frühzeitig die Gelegenheit, um den hohen Werth
dieser Festsetzungen zu erproben.

Um die Schutz- und Trutzbündnisse wirksam erfüllen zu kön-
nen, verabredeten die süddeutschen Staaten auf einer in Stuttgart
abgehaltenen Conferenz am 5. Februar 1867 ihre Streitkräfte
den Prinzipien der Preußischen Wehrverfassung gemäß zu orga-
nisiren 2).

Zur Ergänzung des Zusammenhanges des Defensivsystems von
Süddeutschland und dem des Norddeutschen Bundes diente ferner
die Errichtung einer süddeutschen Festungscommission durch den
Münchener Vertrag vom 10. October 1868 und die Errichtung

1) Sie tragen, mit Ausnahme des Hessischen, dasselbe Datum, wie die be-
treffenden Friedensverträge, wurden zunächst aber geheim gehalten und erst im
April 1867 veröffentlicht. Ihr Wortlaut ist gedruckt bei Hahn S. 212;
Glaser I, 3 S. 39 fg. 53. Staatsarchiv XII, 2734. Sie wurden in den
süddeutschen Staaten, außer in Bayern, den Landtagen zur Genehmigung vor-
gelegt und diese wurde ihnen überall ertheilt. Siehe die näheren Angaben
bei Thudichum S. 29. 30.
2) Die Vereinbarung ist gedruckt bei Glaser I, 3 S. 42 und im Staats-
archiv XII, 2733.
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§. 3. Das Verhältniß des nordd. Bundes zu den ſüdd. Staaten.

Das Verhältniß des Norddeutſchen Bundes zu den vier ſüd-
deutſchen Staaten war, abgeſehen von der nationalen Baſis, ein
rein völkerrechtliches, vertragsmäßiges, und war begründet durch
folgende Verträge:

1) Gleichzeitig mit den Friedensverträgen wurden zwiſchen
Preußen und den ſüddeutſchen Staaten Schutz- und Trutz-
bündniſſe
geſchloſſen 1), durch welche ſich die Kontrahenten ge-
genſeitig die Integrität des Gebietes ihrer bezüglichen Länder
garantirten und ſich verpflichteten, im Falle eines Krieges ihre
volle Kriegsmacht zu dieſem Zwecke einander zur Verfügung zu
ſtellen. Für dieſen Fall wurde der Oberbefehl über die Truppen
der ſüddeutſchen Staaten dem Könige von Preußen übertragen.
Dadurch wurde der einzige Werth, welchen der ehemalige Bund
hatte, nämlich die Kollectivgarantie aller Deutſchen Staaten für
die Integrität des Bundesgebietes wieder hergeſtellt, zugleich aber
eine Einheitlichkeit des Oberbefehls über die Deutſche Armee für
den Kriegsfall begründet, wie ſie zu den Zeiten des Deutſchen
Bundes nicht einmal angeſtrebt werden konnte. Der franzöſiſche
Krieg brachte frühzeitig die Gelegenheit, um den hohen Werth
dieſer Feſtſetzungen zu erproben.

Um die Schutz- und Trutzbündniſſe wirkſam erfüllen zu kön-
nen, verabredeten die ſüddeutſchen Staaten auf einer in Stuttgart
abgehaltenen Conferenz am 5. Februar 1867 ihre Streitkräfte
den Prinzipien der Preußiſchen Wehrverfaſſung gemäß zu orga-
niſiren 2).

Zur Ergänzung des Zuſammenhanges des Defenſivſyſtems von
Süddeutſchland und dem des Norddeutſchen Bundes diente ferner
die Errichtung einer ſüddeutſchen Feſtungscommiſſion durch den
Münchener Vertrag vom 10. October 1868 und die Errichtung

1) Sie tragen, mit Ausnahme des Heſſiſchen, daſſelbe Datum, wie die be-
treffenden Friedensverträge, wurden zunächſt aber geheim gehalten und erſt im
April 1867 veröffentlicht. Ihr Wortlaut iſt gedruckt bei Hahn S. 212;
Glaſer I, 3 S. 39 fg. 53. Staatsarchiv XII, 2734. Sie wurden in den
ſüddeutſchen Staaten, außer in Bayern, den Landtagen zur Genehmigung vor-
gelegt und dieſe wurde ihnen überall ertheilt. Siehe die näheren Angaben
bei Thudichum S. 29. 30.
2) Die Vereinbarung iſt gedruckt bei Glaſer I, 3 S. 42 und im Staats-
archiv XII, 2733.
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[35/0055] §. 3. Das Verhältniß des nordd. Bundes zu den ſüdd. Staaten. Das Verhältniß des Norddeutſchen Bundes zu den vier ſüd- deutſchen Staaten war, abgeſehen von der nationalen Baſis, ein rein völkerrechtliches, vertragsmäßiges, und war begründet durch folgende Verträge: 1) Gleichzeitig mit den Friedensverträgen wurden zwiſchen Preußen und den ſüddeutſchen Staaten Schutz- und Trutz- bündniſſe geſchloſſen 1), durch welche ſich die Kontrahenten ge- genſeitig die Integrität des Gebietes ihrer bezüglichen Länder garantirten und ſich verpflichteten, im Falle eines Krieges ihre volle Kriegsmacht zu dieſem Zwecke einander zur Verfügung zu ſtellen. Für dieſen Fall wurde der Oberbefehl über die Truppen der ſüddeutſchen Staaten dem Könige von Preußen übertragen. Dadurch wurde der einzige Werth, welchen der ehemalige Bund hatte, nämlich die Kollectivgarantie aller Deutſchen Staaten für die Integrität des Bundesgebietes wieder hergeſtellt, zugleich aber eine Einheitlichkeit des Oberbefehls über die Deutſche Armee für den Kriegsfall begründet, wie ſie zu den Zeiten des Deutſchen Bundes nicht einmal angeſtrebt werden konnte. Der franzöſiſche Krieg brachte frühzeitig die Gelegenheit, um den hohen Werth dieſer Feſtſetzungen zu erproben. Um die Schutz- und Trutzbündniſſe wirkſam erfüllen zu kön- nen, verabredeten die ſüddeutſchen Staaten auf einer in Stuttgart abgehaltenen Conferenz am 5. Februar 1867 ihre Streitkräfte den Prinzipien der Preußiſchen Wehrverfaſſung gemäß zu orga- niſiren 2). Zur Ergänzung des Zuſammenhanges des Defenſivſyſtems von Süddeutſchland und dem des Norddeutſchen Bundes diente ferner die Errichtung einer ſüddeutſchen Feſtungscommiſſion durch den Münchener Vertrag vom 10. October 1868 und die Errichtung 1) Sie tragen, mit Ausnahme des Heſſiſchen, daſſelbe Datum, wie die be- treffenden Friedensverträge, wurden zunächſt aber geheim gehalten und erſt im April 1867 veröffentlicht. Ihr Wortlaut iſt gedruckt bei Hahn S. 212; Glaſer I, 3 S. 39 fg. 53. Staatsarchiv XII, 2734. Sie wurden in den ſüddeutſchen Staaten, außer in Bayern, den Landtagen zur Genehmigung vor- gelegt und dieſe wurde ihnen überall ertheilt. Siehe die näheren Angaben bei Thudichum S. 29. 30. 2) Die Vereinbarung iſt gedruckt bei Glaſer I, 3 S. 42 und im Staats- archiv XII, 2733. 3*

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/55>, abgerufen am 21.11.2024.