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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

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§. 49. Die Bildung des Reichstages. Das Wahlrecht.
und Elsaß-Lothringen die Zahl der in diesen Gebieten zu wählenden
Abgeordneten fixirt worden; für die süddeutschen Staaten im Art.
20 Abs. 2 der R.-V. auf zusammen 85 1), für Elsaß-Lothringen
in dem R.-G. v. 25. Juni 1873 §. 3 auf 15.

Demnach beträgt die Gesammtzahl der Reichstags-Abgeordne-
ten 397 2).

4) In der Reichsverfassung selbst ist das Princip, nach welchem
sich die Gesammtzahl der Abgeordneten und ihre Vertheilung auf
die Einzelstaaten ergiebt, nicht sanktionirt worden; es ist formell
kein Verfassungsrecht, sondern einfaches Gesetzesrecht und kann daher
ohne die erschwerenden Vorschriften des Art. 78 Abs. 1 verändert
werden. Das Wahlgesetz selbst macht im §. 5. Abs. 3 den Vor-
behalt, daß eine Vermehrung der Zahl der Abgeordneten in Folge
der steigenden Bevölkerung durch das Gesetz bestimmt wird. Diese
Befugniß ist selbstverständlich und bedurfte keines Vorbehaltes; es
sollte dadurch nur hervorgehoben werden, daß die Vermehrung der
Bevölkerung nicht ipso iure, also ohne Gesetz, eine Steigerung der
in den Einzelstaaten zu wählenden Abgeordneten mit sich bringt.
Aber nicht nur eine Vermehrung, sondern auch eine Herabsetzung
oder anderweitige Vertheilung der Anzahl der Abgeordneten kann
durch ein (einfaches) Reichsgesetz angeordnet werden. Hieran hat
sich auch durch den Art. 20 Abs. 2 der Reichsverfassung, der ledig-
lich eine Ergänzung des §. 15 Abs. 2 des Wahlgesetzes ist,
Nichts geändert; denn derselbe enthält ausdrücklich die Klausel:
"Bis zu der gesetzlichen Regelung, welche im §. 5
des Wahlgesetzes vom 31. Mai 1869 vorbehalten ist" 3), erklärt
sonach für seine Abänderung die Voraussetzungen der Verfassungs-
Aenderung für nicht erforderlich.

5) Die auf die einzelnen Staaten entfallenden Zahlen von

1) Es werden in Bayern 48, in Württemberg 17, in Baden 14, in Hessen
südlich des Main 6 Abgeordnete gewählt.
2) Die mißlungene Fassung des Art. 20 Abs. 2, welcher nur die Zahlen
der in den süddeutschen Staaten zu wählenden Abgeordneten anführt und
trotzdem hinzufügt: "und beträgt demnach die Gesammtzahl der Abgeordneten
382" und seine thatsächliche Unrichtigkeit seit der Ausdehnung der R.-V. auf
Elsaß-Lothringen ist von mir schon bei anderer Gelegenheit hervorgehoben
worden. Hirth's Annalen 1874 S. 1512 Note 1.
3) Einen ähnlichen Vorbehalt enthält das Ges. v. 25. Juni 1873 §. 3
hinsichtlich der auf Elsaß-Lothringen kommenden Anzahl.

§. 49. Die Bildung des Reichstages. Das Wahlrecht.
und Elſaß-Lothringen die Zahl der in dieſen Gebieten zu wählenden
Abgeordneten fixirt worden; für die ſüddeutſchen Staaten im Art.
20 Abſ. 2 der R.-V. auf zuſammen 85 1), für Elſaß-Lothringen
in dem R.-G. v. 25. Juni 1873 §. 3 auf 15.

Demnach beträgt die Geſammtzahl der Reichstags-Abgeordne-
ten 397 2).

4) In der Reichsverfaſſung ſelbſt iſt das Princip, nach welchem
ſich die Geſammtzahl der Abgeordneten und ihre Vertheilung auf
die Einzelſtaaten ergiebt, nicht ſanktionirt worden; es iſt formell
kein Verfaſſungsrecht, ſondern einfaches Geſetzesrecht und kann daher
ohne die erſchwerenden Vorſchriften des Art. 78 Abſ. 1 verändert
werden. Das Wahlgeſetz ſelbſt macht im §. 5. Abſ. 3 den Vor-
behalt, daß eine Vermehrung der Zahl der Abgeordneten in Folge
der ſteigenden Bevölkerung durch das Geſetz beſtimmt wird. Dieſe
Befugniß iſt ſelbſtverſtändlich und bedurfte keines Vorbehaltes; es
ſollte dadurch nur hervorgehoben werden, daß die Vermehrung der
Bevölkerung nicht ipso iure, alſo ohne Geſetz, eine Steigerung der
in den Einzelſtaaten zu wählenden Abgeordneten mit ſich bringt.
Aber nicht nur eine Vermehrung, ſondern auch eine Herabſetzung
oder anderweitige Vertheilung der Anzahl der Abgeordneten kann
durch ein (einfaches) Reichsgeſetz angeordnet werden. Hieran hat
ſich auch durch den Art. 20 Abſ. 2 der Reichsverfaſſung, der ledig-
lich eine Ergänzung des §. 15 Abſ. 2 des Wahlgeſetzes iſt,
Nichts geändert; denn derſelbe enthält ausdrücklich die Klauſel:
Bis zu der geſetzlichen Regelung, welche im §. 5
des Wahlgeſetzes vom 31. Mai 1869 vorbehalten iſt“ 3), erklärt
ſonach für ſeine Abänderung die Vorausſetzungen der Verfaſſungs-
Aenderung für nicht erforderlich.

5) Die auf die einzelnen Staaten entfallenden Zahlen von

1) Es werden in Bayern 48, in Württemberg 17, in Baden 14, in Heſſen
ſüdlich des Main 6 Abgeordnete gewählt.
2) Die mißlungene Faſſung des Art. 20 Abſ. 2, welcher nur die Zahlen
der in den ſüddeutſchen Staaten zu wählenden Abgeordneten anführt und
trotzdem hinzufügt: „und beträgt demnach die Geſammtzahl der Abgeordneten
382“ und ſeine thatſächliche Unrichtigkeit ſeit der Ausdehnung der R.-V. auf
Elſaß-Lothringen iſt von mir ſchon bei anderer Gelegenheit hervorgehoben
worden. Hirth’s Annalen 1874 S. 1512 Note 1.
3) Einen ähnlichen Vorbehalt enthält das Geſ. v. 25. Juni 1873 §. 3
hinſichtlich der auf Elſaß-Lothringen kommenden Anzahl.
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[532/0552] §. 49. Die Bildung des Reichstages. Das Wahlrecht. und Elſaß-Lothringen die Zahl der in dieſen Gebieten zu wählenden Abgeordneten fixirt worden; für die ſüddeutſchen Staaten im Art. 20 Abſ. 2 der R.-V. auf zuſammen 85 1), für Elſaß-Lothringen in dem R.-G. v. 25. Juni 1873 §. 3 auf 15. Demnach beträgt die Geſammtzahl der Reichstags-Abgeordne- ten 397 2). 4) In der Reichsverfaſſung ſelbſt iſt das Princip, nach welchem ſich die Geſammtzahl der Abgeordneten und ihre Vertheilung auf die Einzelſtaaten ergiebt, nicht ſanktionirt worden; es iſt formell kein Verfaſſungsrecht, ſondern einfaches Geſetzesrecht und kann daher ohne die erſchwerenden Vorſchriften des Art. 78 Abſ. 1 verändert werden. Das Wahlgeſetz ſelbſt macht im §. 5. Abſ. 3 den Vor- behalt, daß eine Vermehrung der Zahl der Abgeordneten in Folge der ſteigenden Bevölkerung durch das Geſetz beſtimmt wird. Dieſe Befugniß iſt ſelbſtverſtändlich und bedurfte keines Vorbehaltes; es ſollte dadurch nur hervorgehoben werden, daß die Vermehrung der Bevölkerung nicht ipso iure, alſo ohne Geſetz, eine Steigerung der in den Einzelſtaaten zu wählenden Abgeordneten mit ſich bringt. Aber nicht nur eine Vermehrung, ſondern auch eine Herabſetzung oder anderweitige Vertheilung der Anzahl der Abgeordneten kann durch ein (einfaches) Reichsgeſetz angeordnet werden. Hieran hat ſich auch durch den Art. 20 Abſ. 2 der Reichsverfaſſung, der ledig- lich eine Ergänzung des §. 15 Abſ. 2 des Wahlgeſetzes iſt, Nichts geändert; denn derſelbe enthält ausdrücklich die Klauſel: „Bis zu der geſetzlichen Regelung, welche im §. 5 des Wahlgeſetzes vom 31. Mai 1869 vorbehalten iſt“ 3), erklärt ſonach für ſeine Abänderung die Vorausſetzungen der Verfaſſungs- Aenderung für nicht erforderlich. 5) Die auf die einzelnen Staaten entfallenden Zahlen von 1) Es werden in Bayern 48, in Württemberg 17, in Baden 14, in Heſſen ſüdlich des Main 6 Abgeordnete gewählt. 2) Die mißlungene Faſſung des Art. 20 Abſ. 2, welcher nur die Zahlen der in den ſüddeutſchen Staaten zu wählenden Abgeordneten anführt und trotzdem hinzufügt: „und beträgt demnach die Geſammtzahl der Abgeordneten 382“ und ſeine thatſächliche Unrichtigkeit ſeit der Ausdehnung der R.-V. auf Elſaß-Lothringen iſt von mir ſchon bei anderer Gelegenheit hervorgehoben worden. Hirth’s Annalen 1874 S. 1512 Note 1. 3) Einen ähnlichen Vorbehalt enthält das Geſ. v. 25. Juni 1873 §. 3 hinſichtlich der auf Elſaß-Lothringen kommenden Anzahl.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 532. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/552>, abgerufen am 22.11.2024.