Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.§. 51. Formelle Ordnung der Reichstags-Geschäfte. b) "Zur Gültigkeit der Beschlußfassung ist die Anwesenheit 3) "Dem Reichstag steht es zu, seinen Präsidenten, seine In den folgenden Sessionen einer Legislatur-Periode setzen hat, finden diese Bestimmungen keine Anwendung. Sie können nach relativer Stimmenmehrheit erfolgen, z. B. die Wahl der Schriftführer, und bei Stim- mengleichheit entscheidet das Loos. Gesch.-Ordn. §. 7. 8. Für die Wahl der Mitglieder der Reichsschulden-Komm. ist absolute Stimmenmehrheit vorgeschrie- ben im Ges. v. 19. Juni 1868 §. 5 (B.-G.-Bl. S. 340). 1) Siehe oben S. 531 fg. 2) Vrgl. v. Mohl Zeitschr. f. Staatswissensch. Bd. 31. S. 94 fg. 3) Hierzu ist demnach die Anwesenheit einer beschlußfähigen Anzahl er- forderlich, zur Wahl selbst dagegen nicht. Gesch.-Ordn. §. 7. Denn man kann eine Wahl doch kaum als einen "Beschluß" bezeichnen. Die Praxis des Reichs- tages hat sich aber dafür entschieden, nur solche Wahlen für gültig zu erachten, bei welcher eine beschlußfähige Anzahl von Stimmen abgegeben worden ist. Vrgl. namentlich Stenogr. Ber. 1874/75 I. S. 14. 36*
§. 51. Formelle Ordnung der Reichstags-Geſchäfte. b) „Zur Gültigkeit der Beſchlußfaſſung iſt die Anweſenheit 3) „Dem Reichstag ſteht es zu, ſeinen Präſidenten, ſeine In den folgenden Seſſionen einer Legislatur-Periode ſetzen hat, finden dieſe Beſtimmungen keine Anwendung. Sie können nach relativer Stimmenmehrheit erfolgen, z. B. die Wahl der Schriftführer, und bei Stim- mengleichheit entſcheidet das Loos. Geſch.-Ordn. §. 7. 8. Für die Wahl der Mitglieder der Reichsſchulden-Komm. iſt abſolute Stimmenmehrheit vorgeſchrie- ben im Geſ. v. 19. Juni 1868 §. 5 (B.-G.-Bl. S. 340). 1) Siehe oben S. 531 fg. 2) Vrgl. v. Mohl Zeitſchr. f. Staatswiſſenſch. Bd. 31. S. 94 fg. 3) Hierzu iſt demnach die Anweſenheit einer beſchlußfähigen Anzahl er- forderlich, zur Wahl ſelbſt dagegen nicht. Geſch.-Ordn. §. 7. Denn man kann eine Wahl doch kaum als einen „Beſchluß“ bezeichnen. Die Praxis des Reichs- tages hat ſich aber dafür entſchieden, nur ſolche Wahlen für gültig zu erachten, bei welcher eine beſchlußfähige Anzahl von Stimmen abgegeben worden iſt. Vrgl. namentlich Stenogr. Ber. 1874/75 I. S. 14. 36*
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§. 51. Formelle Ordnung der Reichstags-Geſchäfte.
b) „Zur Gültigkeit der Beſchlußfaſſung iſt die Anweſenheit
der Mehrheit der geſetzlichen Anzahl der Mitglieder erforderlich.“
Die „geſetzliche Anzahl“ iſt, gleichviel ob Sitze erledigt ſind oder
nicht, 397 1). Beſchlußfähig iſt der Reichstag daher nur, wenn
mindeſtens 199 Mitglieder anweſend ſind. Die Anweſenheit einer
ſo großen Anzahl von Mitgliedern braucht aber nicht bei jeder
Beſchlußfaſſung conſtatirt zu werden; die Beſchlußfähigkeit wird
in allen Fällen präſumirt, in denen nicht durch Auszählung oder
namentliche Abſtimmung das Gegentheil feſtgeſtellt wird. Nur zur
Beſchlußfaſſung, nicht zu Verhandlungen des Reichstages iſt die
Anweſenheit einer beſtimmten Anzahl von Mitgliedern erforderlich.
Debatten können daher fortgeſetzt werden, ſelbſt wenn die Beſchluß-
Unfähigkeit des Hauſes conſtatirt iſt 2).
3) „Dem Reichstag ſteht es zu, ſeinen Präſidenten, ſeine
Vicepräſidenten und Schriftführer zu wählen.“
R.-V. Art. 27. Dieſelben führen die Geſammtbezeichnung „Vor-
ſtand des Reichstages.“ Beim Eintritt einer neuen Legislatur-
Periode übernimmt zunächſt interimiſtiſch das älteſte Mitglied den
Vorſitz, es wird ſodann ein Beſchluß des Reichstages gefaßt 3),
an welchem folgenden Tage die Wahlen erfolgen ſollen. Die Wahl
der Präſidenten und von zwei Vicepräſidenten erfolgt das erſte
Mal auf 4 Wochen, dann aber für die übrige Dauer der Seſſion.
Sie geſchieht unter Namens-Aufruf durch Stimmzettel nach ab-
ſoluter Majorität.
In den folgenden Seſſionen einer Legislatur-Periode ſetzen
die Präſidenten der vorangegangenen Seſſion ihre Functionen bis
3)
1) Siehe oben S. 531 fg.
2) Vrgl. v. Mohl Zeitſchr. f. Staatswiſſenſch. Bd. 31. S. 94 fg.
3) Hierzu iſt demnach die Anweſenheit einer beſchlußfähigen Anzahl er-
forderlich, zur Wahl ſelbſt dagegen nicht. Geſch.-Ordn. §. 7. Denn man kann
eine Wahl doch kaum als einen „Beſchluß“ bezeichnen. Die Praxis des Reichs-
tages hat ſich aber dafür entſchieden, nur ſolche Wahlen für gültig zu erachten,
bei welcher eine beſchlußfähige Anzahl von Stimmen abgegeben worden iſt.
Vrgl. namentlich Stenogr. Ber. 1874/75 I. S. 14.
3) hat, finden dieſe Beſtimmungen keine Anwendung. Sie können nach relativer
Stimmenmehrheit erfolgen, z. B. die Wahl der Schriftführer, und bei Stim-
mengleichheit entſcheidet das Loos. Geſch.-Ordn. §. 7. 8. Für die Wahl der
Mitglieder der Reichsſchulden-Komm. iſt abſolute Stimmenmehrheit vorgeſchrie-
ben im Geſ. v. 19. Juni 1868 §. 5 (B.-G.-Bl. S. 340).
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