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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

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§. 51. Formelle Ordnung der Reichstags-Geschäfte.
vermittelt der Präsident; soll eine Adresse dem Kaiser durch eine
Deputation überreicht werden, so ist der Präsident der alleinige
Wortführer der Deputation 1).

Der Präsident hat endlich über die Annahme und Entlassung
des für den Reichstag erforderlichen Verwaltungs- und Dienstper-
sonals zu beschließen 2). Die Anstellung desselben erfolgt nicht auf
seinen Antrag durch den Kaiser oder den Reichskanzler, sondern sie
erfolgt durch den Reichstags-Präsidenten selbst, welcher zugleich die
vorgesetzte Behörde ist 3). Auch über die im Etat ausgeworfene
Summe für die Ausgaben zur Deckung der Bedürfnisse des Reichs-
tages steht dem Präsidenten die Verfügung zu und er ernennt für
die Dauer seiner Amtsführung zwei Reichstags-Mitglieder zu
"Quästoren" für das Kassen- und Rechnungswesen 4).

4) Die Behandlung aller dem Reichstage gemachten Vorlagen
des Bundesrathes und derjenigen von Mitgliedern gestellten An-
träge 5), welche Gesetzesentwürfe enthalten, besteht der Regel
nach in drei, durch feste Fristen von einander getrennten, und in
ihrer Bedeutung verschiedenen Berathungen.

a) Die erste Berathung erfolgt frühestens am dritten Tage,
nachdem der Gesetzesentwurf gedruckt und in die Hände der Mit-
glieder gekommen ist 6). Bei Anträgen, welche von Mitgliedern
ausgehen, wird die erste Berathung damit eröffnet, daß der Antrag-
steller das Wort zur Begründung erhält. Die erste Berathung
ist auf eine allgemeine Erörterung der Grundsätze des Entwurfs
beschränkt. Der Beschluß des Reichstages ist lediglich darauf ge-
richtet, ob eine Kommission mit der Vorberathung des Entwurfs
oder einzelner Theile desselben zu betrauen ist oder nicht 7). Mate-
rielle Beschlüsse über den Inhalt der Vorlage können in diesem
Stadium nicht gefaßt werden. Daher darf auch nicht die Ueber-
weisung an eine Kommission, mit dem Auftrage, den Gesetzentwurf

1) Gesch.-Ordn. § 63. 65--66.
2) Gesch.-Ordn. §. 12.
3) Gesetz v. 31. März 1873 §. 156. (Rg.-Bl. S. 90.)
4) Gesch.-Ordn. §. 12. 14.
5) Alle von Reichstags-Mitgliedern ausgehenden Anträge müssen von min-
destens 15 Mitgliedern unterzeichnet sein. Gesch.-Ordn. §. 20 Abs. 1.
6) Eine Abkürzung dieser Frist kann nur dann beschlossen werden, wenn
ihr nicht 15 anwesende Mitglieder widersprechen. Gesch.-Ordn. §. 19.
7) Gesch.-Ordn. §. 16. 20.

§. 51. Formelle Ordnung der Reichstags-Geſchäfte.
vermittelt der Präſident; ſoll eine Adreſſe dem Kaiſer durch eine
Deputation überreicht werden, ſo iſt der Präſident der alleinige
Wortführer der Deputation 1).

Der Präſident hat endlich über die Annahme und Entlaſſung
des für den Reichstag erforderlichen Verwaltungs- und Dienſtper-
ſonals zu beſchließen 2). Die Anſtellung deſſelben erfolgt nicht auf
ſeinen Antrag durch den Kaiſer oder den Reichskanzler, ſondern ſie
erfolgt durch den Reichstags-Präſidenten ſelbſt, welcher zugleich die
vorgeſetzte Behörde iſt 3). Auch über die im Etat ausgeworfene
Summe für die Ausgaben zur Deckung der Bedürfniſſe des Reichs-
tages ſteht dem Präſidenten die Verfügung zu und er ernennt für
die Dauer ſeiner Amtsführung zwei Reichstags-Mitglieder zu
„Quäſtoren“ für das Kaſſen- und Rechnungsweſen 4).

4) Die Behandlung aller dem Reichstage gemachten Vorlagen
des Bundesrathes und derjenigen von Mitgliedern geſtellten An-
träge 5), welche Geſetzesentwürfe enthalten, beſteht der Regel
nach in drei, durch feſte Friſten von einander getrennten, und in
ihrer Bedeutung verſchiedenen Berathungen.

a) Die erſte Berathung erfolgt früheſtens am dritten Tage,
nachdem der Geſetzesentwurf gedruckt und in die Hände der Mit-
glieder gekommen iſt 6). Bei Anträgen, welche von Mitgliedern
ausgehen, wird die erſte Berathung damit eröffnet, daß der Antrag-
ſteller das Wort zur Begründung erhält. Die erſte Berathung
iſt auf eine allgemeine Erörterung der Grundſätze des Entwurfs
beſchränkt. Der Beſchluß des Reichstages iſt lediglich darauf ge-
richtet, ob eine Kommiſſion mit der Vorberathung des Entwurfs
oder einzelner Theile deſſelben zu betrauen iſt oder nicht 7). Mate-
rielle Beſchlüſſe über den Inhalt der Vorlage können in dieſem
Stadium nicht gefaßt werden. Daher darf auch nicht die Ueber-
weiſung an eine Kommiſſion, mit dem Auftrage, den Geſetzentwurf

1) Geſch.-Ordn. § 63. 65—66.
2) Geſch.-Ordn. §. 12.
3) Geſetz v. 31. März 1873 §. 156. (Rg.-Bl. S. 90.)
4) Geſch.-Ordn. §. 12. 14.
5) Alle von Reichstags-Mitgliedern ausgehenden Anträge müſſen von min-
deſtens 15 Mitgliedern unterzeichnet ſein. Geſch.-Ordn. §. 20 Abſ. 1.
6) Eine Abkürzung dieſer Friſt kann nur dann beſchloſſen werden, wenn
ihr nicht 15 anweſende Mitglieder widerſprechen. Geſch.-Ordn. §. 19.
7) Geſch.-Ordn. §. 16. 20.
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[565/0585] §. 51. Formelle Ordnung der Reichstags-Geſchäfte. vermittelt der Präſident; ſoll eine Adreſſe dem Kaiſer durch eine Deputation überreicht werden, ſo iſt der Präſident der alleinige Wortführer der Deputation 1). Der Präſident hat endlich über die Annahme und Entlaſſung des für den Reichstag erforderlichen Verwaltungs- und Dienſtper- ſonals zu beſchließen 2). Die Anſtellung deſſelben erfolgt nicht auf ſeinen Antrag durch den Kaiſer oder den Reichskanzler, ſondern ſie erfolgt durch den Reichstags-Präſidenten ſelbſt, welcher zugleich die vorgeſetzte Behörde iſt 3). Auch über die im Etat ausgeworfene Summe für die Ausgaben zur Deckung der Bedürfniſſe des Reichs- tages ſteht dem Präſidenten die Verfügung zu und er ernennt für die Dauer ſeiner Amtsführung zwei Reichstags-Mitglieder zu „Quäſtoren“ für das Kaſſen- und Rechnungsweſen 4). 4) Die Behandlung aller dem Reichstage gemachten Vorlagen des Bundesrathes und derjenigen von Mitgliedern geſtellten An- träge 5), welche Geſetzesentwürfe enthalten, beſteht der Regel nach in drei, durch feſte Friſten von einander getrennten, und in ihrer Bedeutung verſchiedenen Berathungen. a) Die erſte Berathung erfolgt früheſtens am dritten Tage, nachdem der Geſetzesentwurf gedruckt und in die Hände der Mit- glieder gekommen iſt 6). Bei Anträgen, welche von Mitgliedern ausgehen, wird die erſte Berathung damit eröffnet, daß der Antrag- ſteller das Wort zur Begründung erhält. Die erſte Berathung iſt auf eine allgemeine Erörterung der Grundſätze des Entwurfs beſchränkt. Der Beſchluß des Reichstages iſt lediglich darauf ge- richtet, ob eine Kommiſſion mit der Vorberathung des Entwurfs oder einzelner Theile deſſelben zu betrauen iſt oder nicht 7). Mate- rielle Beſchlüſſe über den Inhalt der Vorlage können in dieſem Stadium nicht gefaßt werden. Daher darf auch nicht die Ueber- weiſung an eine Kommiſſion, mit dem Auftrage, den Geſetzentwurf 1) Geſch.-Ordn. § 63. 65—66. 2) Geſch.-Ordn. §. 12. 3) Geſetz v. 31. März 1873 §. 156. (Rg.-Bl. S. 90.) 4) Geſch.-Ordn. §. 12. 14. 5) Alle von Reichstags-Mitgliedern ausgehenden Anträge müſſen von min- deſtens 15 Mitgliedern unterzeichnet ſein. Geſch.-Ordn. §. 20 Abſ. 1. 6) Eine Abkürzung dieſer Friſt kann nur dann beſchloſſen werden, wenn ihr nicht 15 anweſende Mitglieder widerſprechen. Geſch.-Ordn. §. 19. 7) Geſch.-Ordn. §. 16. 20.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 565. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/585>, abgerufen am 22.11.2024.