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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

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§. 54. Bundesglied und Reichsland.
ländischen Bieres bleibt der inneren Gesetzgebung bis auf
Weiteres vorbehalten."

Was "innere Gesetzgebung" bedeutet, ist zwar nicht gesagt,
in jedem Fall soll der Ausdruck aber einen Gegensatz zur Reichs-
gesetzgebung bezeichnen. Dasselbe Gesetz ermächtigt im §. 8 den
Kaiser, unter Zustimmung des Bundesrathes, während der Reichs-
tag nicht versammelt ist, Vorordnungen mit interimistischer, gesetz-
licher Kraft zu erlassen, welche nichts bestimmen dürfen, was der
Verfassung oder den in Elsaß-Lothringen geltenden Reichsgesetzen
zuwider ist.

Der Ausdruck "Reichsgesetz" steht hier im Gegensatz zu den
für Elsaß-Lothringen erlassenen Partikular-Gesetzen, also zu der
"inneren Gesetzgebung" des §. 4.

Der Allerhöchste Erlaß v. 29. Oktob. 1874 (G.-Bl. S. 37)
verfügt die Einrichtung eines Landes-Ausschusses für Elsaß-Loth-
ringen, "um die Verwaltung bei der Vorbereitung der Landes-
gesetze
durch die Erfahrung und Sachkunde von Männern be-
rathen zu sehen, welche durch das Vertrauen ihrer Mitbürger aus-
gezeichnet sind." Diesem Ausschusse sind Entwürfe von Gesetzen
für Elsaß-Lothringen über solche Angelegenheiten, welche der Reichs-
gesetzgebung durch die Verfassung nicht vorbehalten sind, einschließ-
lich des Landeshaushalts-Etats, vorzulegen.

Auch gegenwärtig ist daher für Elsaß-Lothringen die innere
oder Landesgesetzgebung von der Reichsgesetzgebung zu unterschei-
den 1) und bei fortschreitender Verschmelzung des Reichslandes
mit Deutschland wird es gewiß möglich sein, bei dieser Landesge-
setzgebung an Stelle des Reichstages eine Vertretung der Bevölke-
rung des Reichslandes zur Mitwirkung zu berufen. Aber auch
dann wird diese Landesgesetzgebung, wenn Elsaß-Lothringen Reichs-
land bleibt, keine Autonomie in dem oben S. 108 entwickelten
Sinne, sondern -- wie gegenwärtig -- eine Provinzial-Gesetzgebung
des Reiches sein.

Zu dem elsaß-lothringischen Provinzialrecht gehört ferner der
gesammte, bei der Erwerbung des Landes vorhanden gewesene Be-

1) Es ist hier nur die Rede von der Gesetzgebungs-Gewalt; das Verhält-
niß der Reichsgesetze zu den Landesgesetzen in Elsaß-Lothringen bietet noch zu
anderen Fragen Anlaß, über welche unten das Kapitel von der Gesetzgebung
des Reiches zu vergleichen ist.

§. 54. Bundesglied und Reichsland.
ländiſchen Bieres bleibt der inneren Geſetzgebung bis auf
Weiteres vorbehalten.“

Was „innere Geſetzgebung“ bedeutet, iſt zwar nicht geſagt,
in jedem Fall ſoll der Ausdruck aber einen Gegenſatz zur Reichs-
geſetzgebung bezeichnen. Daſſelbe Geſetz ermächtigt im §. 8 den
Kaiſer, unter Zuſtimmung des Bundesrathes, während der Reichs-
tag nicht verſammelt iſt, Vorordnungen mit interimiſtiſcher, geſetz-
licher Kraft zu erlaſſen, welche nichts beſtimmen dürfen, was der
Verfaſſung oder den in Elſaß-Lothringen geltenden Reichsgeſetzen
zuwider iſt.

Der Ausdruck „Reichsgeſetz“ ſteht hier im Gegenſatz zu den
für Elſaß-Lothringen erlaſſenen Partikular-Geſetzen, alſo zu der
„inneren Geſetzgebung“ des §. 4.

Der Allerhöchſte Erlaß v. 29. Oktob. 1874 (G.-Bl. S. 37)
verfügt die Einrichtung eines Landes-Ausſchuſſes für Elſaß-Loth-
ringen, „um die Verwaltung bei der Vorbereitung der Landes-
geſetze
durch die Erfahrung und Sachkunde von Männern be-
rathen zu ſehen, welche durch das Vertrauen ihrer Mitbürger aus-
gezeichnet ſind.“ Dieſem Ausſchuſſe ſind Entwürfe von Geſetzen
für Elſaß-Lothringen über ſolche Angelegenheiten, welche der Reichs-
geſetzgebung durch die Verfaſſung nicht vorbehalten ſind, einſchließ-
lich des Landeshaushalts-Etats, vorzulegen.

Auch gegenwärtig iſt daher für Elſaß-Lothringen die innere
oder Landesgeſetzgebung von der Reichsgeſetzgebung zu unterſchei-
den 1) und bei fortſchreitender Verſchmelzung des Reichslandes
mit Deutſchland wird es gewiß möglich ſein, bei dieſer Landesge-
ſetzgebung an Stelle des Reichstages eine Vertretung der Bevölke-
rung des Reichslandes zur Mitwirkung zu berufen. Aber auch
dann wird dieſe Landesgeſetzgebung, wenn Elſaß-Lothringen Reichs-
land bleibt, keine Autonomie in dem oben S. 108 entwickelten
Sinne, ſondern — wie gegenwärtig — eine Provinzial-Geſetzgebung
des Reiches ſein.

Zu dem elſaß-lothringiſchen Provinzialrecht gehört ferner der
geſammte, bei der Erwerbung des Landes vorhanden geweſene Be-

1) Es iſt hier nur die Rede von der Geſetzgebungs-Gewalt; das Verhält-
niß der Reichsgeſetze zu den Landesgeſetzen in Elſaß-Lothringen bietet noch zu
anderen Fragen Anlaß, über welche unten das Kapitel von der Geſetzgebung
des Reiches zu vergleichen iſt.
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[590/0610] §. 54. Bundesglied und Reichsland. ländiſchen Bieres bleibt der inneren Geſetzgebung bis auf Weiteres vorbehalten.“ Was „innere Geſetzgebung“ bedeutet, iſt zwar nicht geſagt, in jedem Fall ſoll der Ausdruck aber einen Gegenſatz zur Reichs- geſetzgebung bezeichnen. Daſſelbe Geſetz ermächtigt im §. 8 den Kaiſer, unter Zuſtimmung des Bundesrathes, während der Reichs- tag nicht verſammelt iſt, Vorordnungen mit interimiſtiſcher, geſetz- licher Kraft zu erlaſſen, welche nichts beſtimmen dürfen, was der Verfaſſung oder den in Elſaß-Lothringen geltenden Reichsgeſetzen zuwider iſt. Der Ausdruck „Reichsgeſetz“ ſteht hier im Gegenſatz zu den für Elſaß-Lothringen erlaſſenen Partikular-Geſetzen, alſo zu der „inneren Geſetzgebung“ des §. 4. Der Allerhöchſte Erlaß v. 29. Oktob. 1874 (G.-Bl. S. 37) verfügt die Einrichtung eines Landes-Ausſchuſſes für Elſaß-Loth- ringen, „um die Verwaltung bei der Vorbereitung der Landes- geſetze durch die Erfahrung und Sachkunde von Männern be- rathen zu ſehen, welche durch das Vertrauen ihrer Mitbürger aus- gezeichnet ſind.“ Dieſem Ausſchuſſe ſind Entwürfe von Geſetzen für Elſaß-Lothringen über ſolche Angelegenheiten, welche der Reichs- geſetzgebung durch die Verfaſſung nicht vorbehalten ſind, einſchließ- lich des Landeshaushalts-Etats, vorzulegen. Auch gegenwärtig iſt daher für Elſaß-Lothringen die innere oder Landesgeſetzgebung von der Reichsgeſetzgebung zu unterſchei- den 1) und bei fortſchreitender Verſchmelzung des Reichslandes mit Deutſchland wird es gewiß möglich ſein, bei dieſer Landesge- ſetzgebung an Stelle des Reichstages eine Vertretung der Bevölke- rung des Reichslandes zur Mitwirkung zu berufen. Aber auch dann wird dieſe Landesgeſetzgebung, wenn Elſaß-Lothringen Reichs- land bleibt, keine Autonomie in dem oben S. 108 entwickelten Sinne, ſondern — wie gegenwärtig — eine Provinzial-Geſetzgebung des Reiches ſein. Zu dem elſaß-lothringiſchen Provinzialrecht gehört ferner der geſammte, bei der Erwerbung des Landes vorhanden geweſene Be- 1) Es iſt hier nur die Rede von der Geſetzgebungs-Gewalt; das Verhält- niß der Reichsgeſetze zu den Landesgeſetzen in Elſaß-Lothringen bietet noch zu anderen Fragen Anlaß, über welche unten das Kapitel von der Geſetzgebung des Reiches zu vergleichen iſt.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 590. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/610>, abgerufen am 21.11.2024.