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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

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§. 54. Bundesglied und Reichsland.
Herkunft nach angehörig 1); im Art. 6 a. E. ist ausdrücklich die
Rede von "Angehörigen der abgetretenen Gebiete, welche deutsche
Unterthanen
geworden sind" 2). Die Angehörigen des Reichs-
landes waren sonach zunächst unmittelbare Unterthanen des Reiches,
nicht wie die Angehörigen der anderen Staaten Unterthanen des
Heimathsstaates und mit und durch diesen Reichsunterthanen. Erst
durch die Einführung des Ges. v. 1. Juni 1870 in Elsaß-Lothr.
durch Ges. v. 8. Januar 1873 hat die Annahme einer Staats-
angehörigkeit im Gegensatz zur Reichsangehörigkeit in Elsaß-Lothr.
eine scheinbare gesetzliche Rechtfertigung gewonnen. Dieses Gesetz
erklärt aber im §. 3, daß durch die Geburt eheliche Kinder
eines Deutschen die Staatsangehörigkeit des Vaters, uneheliche Kinder
einer Deutschen die Staatsangehörigkeit der Mutter erwerben;
es verleiht also Niemandem, der zur Zeit des Erlasses dieses Ge-
setzes bereits geboren war, eine Staatsangehörigkeit, die er nicht
bis dahin schon hatte. Ebenso setzen die §§. 4 u. 5 voraus, daß
der Vater, welcher ein uneheliches Kind legitimirt, oder der Mann,
welcher sich verheirathet, eine Staatsangehörigkeit bereits hat.
Keine Bestimmung des Gesetzes aber sagt, daß alle Personen,
welche bereits vor Einführung desselben von Bewohnern Elsaß-
Lothringens erzeugt oder legitimirt worden sind, resp. einen Be-
wohner des Reichslandes geheirathet haben, die elsaß-lothringische
Staatsangehörigkeit erhalten. Die §§. 3 bis 5 sind daher in
Elsaß-Lothringen überhaupt nur anwendbar, abgesehen von den in
Elsaß-Lothringen eingewanderten Angehörigen der übrigen Bundes-
staaten, wenn man "Staatsangehörigkeit" durch Reichsangehörig-
keit ersetzt. Deutsche, Reichsangehörige, sind die Einwohner des
Reichslandes durch den Versailler oder Frankfurter Frieden gewor-
den, nicht durch irgend einen der im Gesetz v. 1. Juni 1870 auf-
geführten Erwerbsgründe und diese deutsche Reichsangehörigkeit
übertragen sie gemäß §. 3--5 des erwähnten Gesetzes auf Kin-
der und Ehefrauen. Es könnte daher von einem Erwerbe der
elsaß-lothringischen Staatsangehörigkeit nach Maaßgabe des Ges.

1) An der Mehrzahl der Stellen spricht auch der deutsche Text von "Per-
sonen, welche aus den abgetretenen Landestheilen herstammen". Z. B. Art. 2
Abs. 3. Art. 4. Art. 10. Schlußprotok. Ziff. 1.
2) Französ. Text: individus originaires des territeires cedes qui seront
devenus sujets allemands.
Aehnlich Art. 15.

§. 54. Bundesglied und Reichsland.
Herkunft nach angehörig 1); im Art. 6 a. E. iſt ausdrücklich die
Rede von „Angehörigen der abgetretenen Gebiete, welche deutſche
Unterthanen
geworden ſind“ 2). Die Angehörigen des Reichs-
landes waren ſonach zunächſt unmittelbare Unterthanen des Reiches,
nicht wie die Angehörigen der anderen Staaten Unterthanen des
Heimathsſtaates und mit und durch dieſen Reichsunterthanen. Erſt
durch die Einführung des Geſ. v. 1. Juni 1870 in Elſaß-Lothr.
durch Geſ. v. 8. Januar 1873 hat die Annahme einer Staats-
angehörigkeit im Gegenſatz zur Reichsangehörigkeit in Elſaß-Lothr.
eine ſcheinbare geſetzliche Rechtfertigung gewonnen. Dieſes Geſetz
erklärt aber im §. 3, daß durch die Geburt eheliche Kinder
eines Deutſchen die Staatsangehörigkeit des Vaters, uneheliche Kinder
einer Deutſchen die Staatsangehörigkeit der Mutter erwerben;
es verleiht alſo Niemandem, der zur Zeit des Erlaſſes dieſes Ge-
ſetzes bereits geboren war, eine Staatsangehörigkeit, die er nicht
bis dahin ſchon hatte. Ebenſo ſetzen die §§. 4 u. 5 voraus, daß
der Vater, welcher ein uneheliches Kind legitimirt, oder der Mann,
welcher ſich verheirathet, eine Staatsangehörigkeit bereits hat.
Keine Beſtimmung des Geſetzes aber ſagt, daß alle Perſonen,
welche bereits vor Einführung deſſelben von Bewohnern Elſaß-
Lothringens erzeugt oder legitimirt worden ſind, reſp. einen Be-
wohner des Reichslandes geheirathet haben, die elſaß-lothringiſche
Staatsangehörigkeit erhalten. Die §§. 3 bis 5 ſind daher in
Elſaß-Lothringen überhaupt nur anwendbar, abgeſehen von den in
Elſaß-Lothringen eingewanderten Angehörigen der übrigen Bundes-
ſtaaten, wenn man „Staatsangehörigkeit“ durch Reichsangehörig-
keit erſetzt. Deutſche, Reichsangehörige, ſind die Einwohner des
Reichslandes durch den Verſailler oder Frankfurter Frieden gewor-
den, nicht durch irgend einen der im Geſetz v. 1. Juni 1870 auf-
geführten Erwerbsgründe und dieſe deutſche Reichsangehörigkeit
übertragen ſie gemäß §. 3—5 des erwähnten Geſetzes auf Kin-
der und Ehefrauen. Es könnte daher von einem Erwerbe der
elſaß-lothringiſchen Staatsangehörigkeit nach Maaßgabe des Geſ.

1) An der Mehrzahl der Stellen ſpricht auch der deutſche Text von „Per-
ſonen, welche aus den abgetretenen Landestheilen herſtammen“. Z. B. Art. 2
Abſ. 3. Art. 4. Art. 10. Schlußprotok. Ziff. 1.
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devenus sujets allemands.
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[597/0617] §. 54. Bundesglied und Reichsland. Herkunft nach angehörig 1); im Art. 6 a. E. iſt ausdrücklich die Rede von „Angehörigen der abgetretenen Gebiete, welche deutſche Unterthanen geworden ſind“ 2). Die Angehörigen des Reichs- landes waren ſonach zunächſt unmittelbare Unterthanen des Reiches, nicht wie die Angehörigen der anderen Staaten Unterthanen des Heimathsſtaates und mit und durch dieſen Reichsunterthanen. Erſt durch die Einführung des Geſ. v. 1. Juni 1870 in Elſaß-Lothr. durch Geſ. v. 8. Januar 1873 hat die Annahme einer Staats- angehörigkeit im Gegenſatz zur Reichsangehörigkeit in Elſaß-Lothr. eine ſcheinbare geſetzliche Rechtfertigung gewonnen. Dieſes Geſetz erklärt aber im §. 3, daß durch die Geburt eheliche Kinder eines Deutſchen die Staatsangehörigkeit des Vaters, uneheliche Kinder einer Deutſchen die Staatsangehörigkeit der Mutter erwerben; es verleiht alſo Niemandem, der zur Zeit des Erlaſſes dieſes Ge- ſetzes bereits geboren war, eine Staatsangehörigkeit, die er nicht bis dahin ſchon hatte. Ebenſo ſetzen die §§. 4 u. 5 voraus, daß der Vater, welcher ein uneheliches Kind legitimirt, oder der Mann, welcher ſich verheirathet, eine Staatsangehörigkeit bereits hat. Keine Beſtimmung des Geſetzes aber ſagt, daß alle Perſonen, welche bereits vor Einführung deſſelben von Bewohnern Elſaß- Lothringens erzeugt oder legitimirt worden ſind, reſp. einen Be- wohner des Reichslandes geheirathet haben, die elſaß-lothringiſche Staatsangehörigkeit erhalten. Die §§. 3 bis 5 ſind daher in Elſaß-Lothringen überhaupt nur anwendbar, abgeſehen von den in Elſaß-Lothringen eingewanderten Angehörigen der übrigen Bundes- ſtaaten, wenn man „Staatsangehörigkeit“ durch Reichsangehörig- keit erſetzt. Deutſche, Reichsangehörige, ſind die Einwohner des Reichslandes durch den Verſailler oder Frankfurter Frieden gewor- den, nicht durch irgend einen der im Geſetz v. 1. Juni 1870 auf- geführten Erwerbsgründe und dieſe deutſche Reichsangehörigkeit übertragen ſie gemäß §. 3—5 des erwähnten Geſetzes auf Kin- der und Ehefrauen. Es könnte daher von einem Erwerbe der elſaß-lothringiſchen Staatsangehörigkeit nach Maaßgabe des Geſ. 1) An der Mehrzahl der Stellen ſpricht auch der deutſche Text von „Per- ſonen, welche aus den abgetretenen Landestheilen herſtammen“. Z. B. Art. 2 Abſ. 3. Art. 4. Art. 10. Schlußprotok. Ziff. 1. 2) Franzöſ. Text: individus originaires des territeires cédés qui seront devenus sujets allemands. Aehnlich Art. 15.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 597. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/617>, abgerufen am 21.11.2024.