Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.§. 54. Bundesglied und Reichsland. France, pourra etre cite devant les tribunaux francais pour l'exe-cution des obligations par lui contractees en France avec un Francais; il pourra etre traduit devant les tribunaux de France pour les obligations par lui contractees en pays etranger en- vers des Francais 1). Der Art. 3 der R.-V. ändert an der Geltung dieser Be- 1) Ueber die Frage, vor welchem Gericht ein Ausländer, der in Frank- reich weder Domizil noch Aufenthalt (residence) hat, zu belangen ist, vgl. Dalloz et Verge a. a. O. zu Art. 14 Note 108--115. (Vol I. p. 54.) 2) Ein Erk. des Kaiserl. Appell-Hofes zu Colmar vom 5. Novbr.
1874 (Puchelt, Zeitschr. Bd. V. S. 717) nimmt an, daß alle Deutschen auf Grund des Art. 14 Ausländer im Reichslande belangen können, und hat die Klage eines Handlungshauses in Mannheim gegen ein Handlungshaus in Lüne- ville bei dem Handelsgericht in Straßburg für zulässig erachtet. Mit demselben Rechte könnte ein Deutscher, der in Leipzig oder Bremen wohnt und in London mit einem Engländer ein Geschäft abgeschlossen hat, den Engländer vor die elsäss.-lothr. Gerichte ziehen. Es beruht dies auf einer unrichtigen Auslegung des Art. 3 der R.-V. Dagegen hat der Königl. Appellhof zu Köln ganz richtig stets festgehalten, daß das im Art. 14 gewährte Recht nicht jedem Preußen, sondern nur dem Rheinpreußen zustehe. Vgl. die Entschei- dungen v. 17. Nov. 1842, 27. Januar 1843, 29. April 1844 und besonders v. 29. März 1853. (Archiv f. das Civil- und Criminalrecht der preuß. Rhein- prov. Bd. XXXIV. 1. 83. XXXV. 1. 62. XXXVII. 2. A. 52. XLVIII. 1. 187). Die Anwendung des Art. 14 gegen Angehörige der Deutschen Bundesstaaten war in Rheinpreußen bereits durch Ges. v. 2. Mai 1823 (G.-S. S. 106) §. 1 und 7 unter der Bedingung der Reciprocität ausgeschlossen worden; es bestand daher thatsächlich daselbst derselbe Rechtszustand wie er durch den Art. 3 der R.V. in Elsaß-Lothringen hergestellt ist. §. 54. Bundesglied und Reichsland. France, pourra être cité devant les tribunaux français pour l’exé-cution des obligations par lui contractées en France avec un Français; il pourra être traduit devant les tribunaux de France pour les obligations par lui contractées en pays etranger en- vers des Français 1). Der Art. 3 der R.-V. ändert an der Geltung dieſer Be- 1) Ueber die Frage, vor welchem Gericht ein Ausländer, der in Frank- reich weder Domizil noch Aufenthalt (résidence) hat, zu belangen iſt, vgl. Dalloz et Vergé a. a. O. zu Art. 14 Note 108—115. (Vol I. p. 54.) 2) Ein Erk. des Kaiſerl. Appell-Hofes zu Colmar vom 5. Novbr.
1874 (Puchelt, Zeitſchr. Bd. V. S. 717) nimmt an, daß alle Deutſchen auf Grund des Art. 14 Ausländer im Reichslande belangen können, und hat die Klage eines Handlungshauſes in Mannheim gegen ein Handlungshaus in Lüne- ville bei dem Handelsgericht in Straßburg für zuläſſig erachtet. Mit demſelben Rechte könnte ein Deutſcher, der in Leipzig oder Bremen wohnt und in London mit einem Engländer ein Geſchäft abgeſchloſſen hat, den Engländer vor die elſäſſ.-lothr. Gerichte ziehen. Es beruht dies auf einer unrichtigen Auslegung des Art. 3 der R.-V. Dagegen hat der Königl. Appellhof zu Köln ganz richtig ſtets feſtgehalten, daß das im Art. 14 gewährte Recht nicht jedem Preußen, ſondern nur dem Rheinpreußen zuſtehe. Vgl. die Entſchei- dungen v. 17. Nov. 1842, 27. Januar 1843, 29. April 1844 und beſonders v. 29. März 1853. (Archiv f. das Civil- und Criminalrecht der preuß. Rhein- prov. Bd. XXXIV. 1. 83. XXXV. 1. 62. XXXVII. 2. A. 52. XLVIII. 1. 187). Die Anwendung des Art. 14 gegen Angehörige der Deutſchen Bundesſtaaten war in Rheinpreußen bereits durch Geſ. v. 2. Mai 1823 (G.-S. S. 106) §. 1 und 7 unter der Bedingung der Reciprocität ausgeſchloſſen worden; es beſtand daher thatſächlich daſelbſt derſelbe Rechtszuſtand wie er durch den Art. 3 der R.V. in Elſaß-Lothringen hergeſtellt iſt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0621" n="601"/><fw place="top" type="header">§. 54. Bundesglied und Reichsland.</fw><lb/><hi rendition="#aq">France, pourra être cité devant les tribunaux français pour l’exé-<lb/> cution des obligations par lui contractées en France <hi rendition="#g">avec un<lb/> Français</hi>; il pourra être traduit devant les tribunaux de France<lb/> pour les obligations par lui contractées en pays etranger <hi rendition="#g">en-<lb/> vers des Français</hi></hi><note place="foot" n="1)">Ueber die Frage, vor welchem Gericht ein Ausländer, der in Frank-<lb/> reich <hi rendition="#g">weder</hi> Domizil <hi rendition="#g">noch</hi> Aufenthalt (<hi rendition="#aq">résidence</hi>) hat, zu belangen iſt, vgl.<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Dalloz</hi> et <hi rendition="#g">Vergé</hi></hi> a. a. O. zu Art. 14 Note 108—115. (<hi rendition="#aq">Vol I. p.</hi> 54.)</note>.</p><lb/> <p>Der Art. 3 der R.-V. ändert an der Geltung dieſer Be-<lb/> ſtimmung, ſoweit ſie den Gerichtsſtand von <hi rendition="#g">Nichtdeutſchen</hi> be-<lb/> trifft, Nichts. Ein Angehöriger eines Deutſchen Bundesſtaates,<lb/> der nicht in Elſaß-Lothringen wohnt, kann auf Grund des Art. 14<lb/> nicht im Reichsland <hi rendition="#g">belangt</hi> werden, denn er iſt kein <hi rendition="#aq">»étranger«;</hi><lb/> er kann aber ebenſo wenig auf Grund des Art. 14 gegen einen<lb/> Ausländer eine Klage vor einem elſaß-lothringiſchen Gerichte an-<lb/> ſtellen; denn der Art. 14 ſtellt die poſitive Bedingung auf, daß<lb/> der Ausländer die Verbindlichkeit gegen einen Inländer (<hi rendition="#aq">Français</hi>),<lb/> d. h. alſo im Reichslande gegen einen Elſaß-Lothringer übernom-<lb/> men hat <note place="foot" n="2)">Ein Erk. des Kaiſerl. <hi rendition="#g">Appell-Hofes zu Colmar</hi> vom 5. Novbr.<lb/> 1874 (Puchelt, Zeitſchr. Bd. <hi rendition="#aq">V.</hi> S. 717) nimmt an, daß <hi rendition="#g">alle</hi> Deutſchen auf<lb/> Grund des Art. 14 Ausländer im Reichslande belangen können, und hat die<lb/> Klage eines Handlungshauſes in Mannheim gegen ein Handlungshaus in Lüne-<lb/> ville bei dem Handelsgericht in Straßburg für zuläſſig erachtet. Mit demſelben<lb/> Rechte könnte ein Deutſcher, der in Leipzig oder Bremen wohnt und in London<lb/> mit einem Engländer ein Geſchäft abgeſchloſſen hat, den Engländer vor die<lb/> elſäſſ.-lothr. Gerichte ziehen. Es beruht dies auf einer unrichtigen Auslegung<lb/> des Art. 3 der R.-V. Dagegen hat der <hi rendition="#g">Königl. Appellhof zu Köln</hi><lb/> ganz richtig ſtets feſtgehalten, daß das im Art. 14 gewährte Recht nicht <hi rendition="#g">jedem<lb/> Preußen</hi>, ſondern nur dem <hi rendition="#g">Rheinpreußen</hi> zuſtehe. Vgl. die Entſchei-<lb/> dungen v. 17. Nov. 1842, 27. Januar 1843, 29. April 1844 und beſonders<lb/> v. 29. März 1853. (Archiv f. das Civil- und Criminalrecht der preuß. Rhein-<lb/> prov. Bd. <hi rendition="#aq">XXXIV. 1. 83. XXXV. 1. 62. XXXVII. 2. A. 52. XLVIII.</hi> 1. 187).<lb/> Die Anwendung des Art. 14 gegen Angehörige der Deutſchen Bundesſtaaten<lb/> war in Rheinpreußen bereits durch Geſ. v. 2. Mai 1823 (G.-S. S. 106) §. 1<lb/> und 7 unter der Bedingung der Reciprocität ausgeſchloſſen worden; es beſtand<lb/> daher thatſächlich daſelbſt derſelbe Rechtszuſtand wie er durch den Art. 3 der<lb/> R.V. in Elſaß-Lothringen hergeſtellt iſt.</note>. Jeder in Elſaß-Lothringen wohnende Deutſche iſt<lb/> berechtigt, den Gerichtsſtand auf Grund des Art. 14 in Anſpruch<lb/> zu nehmen; keineswegs iſt es erforderlich, daß er nach den Regeln<lb/> des Geſetzes vom 1. Juni 1870 die „elſaß-lothringiſche Staatsan-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [601/0621]
§. 54. Bundesglied und Reichsland.
France, pourra être cité devant les tribunaux français pour l’exé-
cution des obligations par lui contractées en France avec un
Français; il pourra être traduit devant les tribunaux de France
pour les obligations par lui contractées en pays etranger en-
vers des Français 1).
Der Art. 3 der R.-V. ändert an der Geltung dieſer Be-
ſtimmung, ſoweit ſie den Gerichtsſtand von Nichtdeutſchen be-
trifft, Nichts. Ein Angehöriger eines Deutſchen Bundesſtaates,
der nicht in Elſaß-Lothringen wohnt, kann auf Grund des Art. 14
nicht im Reichsland belangt werden, denn er iſt kein »étranger«;
er kann aber ebenſo wenig auf Grund des Art. 14 gegen einen
Ausländer eine Klage vor einem elſaß-lothringiſchen Gerichte an-
ſtellen; denn der Art. 14 ſtellt die poſitive Bedingung auf, daß
der Ausländer die Verbindlichkeit gegen einen Inländer (Français),
d. h. alſo im Reichslande gegen einen Elſaß-Lothringer übernom-
men hat 2). Jeder in Elſaß-Lothringen wohnende Deutſche iſt
berechtigt, den Gerichtsſtand auf Grund des Art. 14 in Anſpruch
zu nehmen; keineswegs iſt es erforderlich, daß er nach den Regeln
des Geſetzes vom 1. Juni 1870 die „elſaß-lothringiſche Staatsan-
1) Ueber die Frage, vor welchem Gericht ein Ausländer, der in Frank-
reich weder Domizil noch Aufenthalt (résidence) hat, zu belangen iſt, vgl.
Dalloz et Vergé a. a. O. zu Art. 14 Note 108—115. (Vol I. p. 54.)
2) Ein Erk. des Kaiſerl. Appell-Hofes zu Colmar vom 5. Novbr.
1874 (Puchelt, Zeitſchr. Bd. V. S. 717) nimmt an, daß alle Deutſchen auf
Grund des Art. 14 Ausländer im Reichslande belangen können, und hat die
Klage eines Handlungshauſes in Mannheim gegen ein Handlungshaus in Lüne-
ville bei dem Handelsgericht in Straßburg für zuläſſig erachtet. Mit demſelben
Rechte könnte ein Deutſcher, der in Leipzig oder Bremen wohnt und in London
mit einem Engländer ein Geſchäft abgeſchloſſen hat, den Engländer vor die
elſäſſ.-lothr. Gerichte ziehen. Es beruht dies auf einer unrichtigen Auslegung
des Art. 3 der R.-V. Dagegen hat der Königl. Appellhof zu Köln
ganz richtig ſtets feſtgehalten, daß das im Art. 14 gewährte Recht nicht jedem
Preußen, ſondern nur dem Rheinpreußen zuſtehe. Vgl. die Entſchei-
dungen v. 17. Nov. 1842, 27. Januar 1843, 29. April 1844 und beſonders
v. 29. März 1853. (Archiv f. das Civil- und Criminalrecht der preuß. Rhein-
prov. Bd. XXXIV. 1. 83. XXXV. 1. 62. XXXVII. 2. A. 52. XLVIII. 1. 187).
Die Anwendung des Art. 14 gegen Angehörige der Deutſchen Bundesſtaaten
war in Rheinpreußen bereits durch Geſ. v. 2. Mai 1823 (G.-S. S. 106) §. 1
und 7 unter der Bedingung der Reciprocität ausgeſchloſſen worden; es beſtand
daher thatſächlich daſelbſt derſelbe Rechtszuſtand wie er durch den Art. 3 der
R.V. in Elſaß-Lothringen hergeſtellt iſt.
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