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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

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§. 54. Bundesglied und Reichsland.
vielmehr das Deutsche Reich. Voraussetzung für die Eigenschaft
eines Inländers in Elsaß-Lothringen ist sonach nicht ein von der
Reichs-Angehörigkeit verschiedenes Unterthanen-Verhältniß, sondern
nur, daß man Unterthan des Deutschen Reiches ist.

Andererseits ist der Ausdruck "Francais", wo er sich in fran-
zösischen Gesetzen findet, für das Reichsland nicht wiederzugeben
mit "jeder Deutsche". Denn die französischen Gesetze sind für das
Reichsland im Verhältniß zu dem für ganz Deutschland geltenden
Recht Partikulargesetze und deshalb sind für die von diesem Par-
tikularrecht normirten Rechtssätze die Begriffe "Inland" und "In-
länder" nach dem Geltungsbereich dieses Partikularrechts zu be-
stimmen. Dem Geltungsbereich eines Rechts sind aber diejenigen
Personen unterworfen, welche in dem Gebiet desselben ihren Wohn-
sitz haben. Hieraus folgt, daß wo in französischen Gesetzen die
Rede ist von "Francais", darunter für Elsaß-Lothringen diejenigen
Deutschen zu verstehen sind, welche im Reichslande woh-
nen
. Durch Einführung des Art. 3 der Reichsverf. in Els.-Lothr.
ist nun zwar im Wesentlichen die völlige Gleichstellung aller
Deutschen hinsichtlich der droits civils im Reichslande hergestellt
und dadurch die Unterscheidung von elsaß-lothringischen Inländern
und anderen Deutschen in den wichtigsten Beziehungen gegenstands-
los geworden.

Immerhin aber stehen doch noch gesetzliche Bestimmungen in
Kraft, die keineswegs auf alle Deutschen, sondern nur auf elsaß-
lothringische Angehörige Anwendung finden. Die Angehörigkeit
bezieht sich in diesen Fällen nicht auf einen Staatsverband,
sondern auf ein Rechtsgebiet.

Auch innerhalb eines Einheits-Staates kann es bekanntlich
mehrere Rechtsgebiete geben und die Angehörigkeit zu einem dieser
Rechtsgebiete von rechtlicher Erheblichkeit sein. Elsaß-Lothringen
verhält sich zum Deutschen Reich in dieser Hinsicht ganz ebenso
wie die Rheinprovinz zum Preußischen Staate und gerade wie in der
Rheinprovinz Francais zu übersetzen ist mit "Rheinpreuße", d. h. ein
in der Rheinprovinz wohnender Preuße, ohne daß es deshalb eine
"rheinpreußische Staatsangehörigkeit" giebt, so ist im Reichsland Fran-
cais
auszulegen als "ein in Elsaß-Lothringen wohnender Deutscher".

Anwendungsfälle bieten folgende Gesetze:

Code civ. Art 14: L'etranger, meme non residant en

§. 54. Bundesglied und Reichsland.
vielmehr das Deutſche Reich. Vorausſetzung für die Eigenſchaft
eines Inländers in Elſaß-Lothringen iſt ſonach nicht ein von der
Reichs-Angehörigkeit verſchiedenes Unterthanen-Verhältniß, ſondern
nur, daß man Unterthan des Deutſchen Reiches iſt.

Andererſeits iſt der Ausdruck »Français«, wo er ſich in fran-
zöſiſchen Geſetzen findet, für das Reichsland nicht wiederzugeben
mit „jeder Deutſche“. Denn die franzöſiſchen Geſetze ſind für das
Reichsland im Verhältniß zu dem für ganz Deutſchland geltenden
Recht Partikulargeſetze und deshalb ſind für die von dieſem Par-
tikularrecht normirten Rechtsſätze die Begriffe „Inland“ und „In-
länder“ nach dem Geltungsbereich dieſes Partikularrechts zu be-
ſtimmen. Dem Geltungsbereich eines Rechts ſind aber diejenigen
Perſonen unterworfen, welche in dem Gebiet deſſelben ihren Wohn-
ſitz haben. Hieraus folgt, daß wo in franzöſiſchen Geſetzen die
Rede iſt von »Français«, darunter für Elſaß-Lothringen diejenigen
Deutſchen zu verſtehen ſind, welche im Reichslande woh-
nen
. Durch Einführung des Art. 3 der Reichsverf. in Elſ.-Lothr.
iſt nun zwar im Weſentlichen die völlige Gleichſtellung aller
Deutſchen hinſichtlich der droits civils im Reichslande hergeſtellt
und dadurch die Unterſcheidung von elſaß-lothringiſchen Inländern
und anderen Deutſchen in den wichtigſten Beziehungen gegenſtands-
los geworden.

Immerhin aber ſtehen doch noch geſetzliche Beſtimmungen in
Kraft, die keineswegs auf alle Deutſchen, ſondern nur auf elſaß-
lothringiſche Angehörige Anwendung finden. Die Angehörigkeit
bezieht ſich in dieſen Fällen nicht auf einen Staatsverband,
ſondern auf ein Rechtsgebiet.

Auch innerhalb eines Einheits-Staates kann es bekanntlich
mehrere Rechtsgebiete geben und die Angehörigkeit zu einem dieſer
Rechtsgebiete von rechtlicher Erheblichkeit ſein. Elſaß-Lothringen
verhält ſich zum Deutſchen Reich in dieſer Hinſicht ganz ebenſo
wie die Rheinprovinz zum Preußiſchen Staate und gerade wie in der
Rheinprovinz Français zu überſetzen iſt mit „Rheinpreuße“, d. h. ein
in der Rheinprovinz wohnender Preuße, ohne daß es deshalb eine
„rheinpreußiſche Staatsangehörigkeit“ giebt, ſo iſt im Reichsland Fran-
çais
auszulegen als „ein in Elſaß-Lothringen wohnender Deutſcher“.

Anwendungsfälle bieten folgende Geſetze:

Code civ. Art 14: L’étranger, même non résidant en

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[600/0620] §. 54. Bundesglied und Reichsland. vielmehr das Deutſche Reich. Vorausſetzung für die Eigenſchaft eines Inländers in Elſaß-Lothringen iſt ſonach nicht ein von der Reichs-Angehörigkeit verſchiedenes Unterthanen-Verhältniß, ſondern nur, daß man Unterthan des Deutſchen Reiches iſt. Andererſeits iſt der Ausdruck »Français«, wo er ſich in fran- zöſiſchen Geſetzen findet, für das Reichsland nicht wiederzugeben mit „jeder Deutſche“. Denn die franzöſiſchen Geſetze ſind für das Reichsland im Verhältniß zu dem für ganz Deutſchland geltenden Recht Partikulargeſetze und deshalb ſind für die von dieſem Par- tikularrecht normirten Rechtsſätze die Begriffe „Inland“ und „In- länder“ nach dem Geltungsbereich dieſes Partikularrechts zu be- ſtimmen. Dem Geltungsbereich eines Rechts ſind aber diejenigen Perſonen unterworfen, welche in dem Gebiet deſſelben ihren Wohn- ſitz haben. Hieraus folgt, daß wo in franzöſiſchen Geſetzen die Rede iſt von »Français«, darunter für Elſaß-Lothringen diejenigen Deutſchen zu verſtehen ſind, welche im Reichslande woh- nen. Durch Einführung des Art. 3 der Reichsverf. in Elſ.-Lothr. iſt nun zwar im Weſentlichen die völlige Gleichſtellung aller Deutſchen hinſichtlich der droits civils im Reichslande hergeſtellt und dadurch die Unterſcheidung von elſaß-lothringiſchen Inländern und anderen Deutſchen in den wichtigſten Beziehungen gegenſtands- los geworden. Immerhin aber ſtehen doch noch geſetzliche Beſtimmungen in Kraft, die keineswegs auf alle Deutſchen, ſondern nur auf elſaß- lothringiſche Angehörige Anwendung finden. Die Angehörigkeit bezieht ſich in dieſen Fällen nicht auf einen Staatsverband, ſondern auf ein Rechtsgebiet. Auch innerhalb eines Einheits-Staates kann es bekanntlich mehrere Rechtsgebiete geben und die Angehörigkeit zu einem dieſer Rechtsgebiete von rechtlicher Erheblichkeit ſein. Elſaß-Lothringen verhält ſich zum Deutſchen Reich in dieſer Hinſicht ganz ebenſo wie die Rheinprovinz zum Preußiſchen Staate und gerade wie in der Rheinprovinz Français zu überſetzen iſt mit „Rheinpreuße“, d. h. ein in der Rheinprovinz wohnender Preuße, ohne daß es deshalb eine „rheinpreußiſche Staatsangehörigkeit“ giebt, ſo iſt im Reichsland Fran- çais auszulegen als „ein in Elſaß-Lothringen wohnender Deutſcher“. Anwendungsfälle bieten folgende Geſetze: Code civ. Art 14: L’étranger, même non résidant en

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 600. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/620>, abgerufen am 21.11.2024.