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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

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§. 55. Der Landesfiskus von Elsaß-Lothringen.
das Aversum für die Brausteuer; den Bundespflichten entsprechend
entrichtet sie an die Reichskasse die Matrikularbeiträge.

V. Endlich kömmt in finanzieller Hinsicht auch die Ange-
hörigkeit
zu Elsaß-Lothringen in Betracht und zwar in doppelter
Hinsicht.

1) Gewisse Lasten und Rechte werden nach dem Verhältniß
der Bevölkerung auf die einzelnen Bundesglieder vertheilt;
die Bevölkerung des Reichslandes ist demnach maßgebend für die
Höhe der Matrikularbeiträge und des Biersteuer-Aversums und
ebenso für die Höhe des auf Elsaß-Lothringen entfallenden Betrages
an Reichs-Kassenscheinen. Seitdem die Vertheilung der Matri-
kularbeiträge nicht mehr nach der ortsanwesenden staatsangehörigen
Bevölkerung, sondern nach der faktischen Bevölkerung erfolgt 1),
bedeutet die Angehörigkeit zu Elsaß-Lothringen in dieser Hinsicht
nicht ein staatsrechtliches Verhältniß, sondern lediglich die That-
sache des Aufenthalts im Reichsland 2).

2) Das Gesetz über den Unterstützungswohnsitz ist im Reichs-
lande nicht eingeführt worden; vielmehr ist der im §. 7 des Frei-
zügigkeits-Gesetzes in Bezug genommene Gotha'er Vertrag vom
15. Juli 1851, als Beilage zu dem Einführungsges. v. 8. Januar
1873 im Gesetzbl. f. Els.-Lothr. 1873 S. 5 verkündet worden.
Im Verhältniß zwischen Elsaß-Lothringen einerseits und Bayern

1) Vgl. Bundes raths-Protokoll 1874 §. 179.
2) Bei den Volkszählungen wird allerdings auch die staatsangehörige Be-
völkerung gezählt und auch für Elsaß-Lothringen ist bei der Volkszählung am
1. Dez. 1875 diese Ermittelung vorgenommen worden. Dieselbe ist aber völlig
unzuverlässig und werthlos. Denn die Beantwortung der Frage, welchem
Staate man angehört, setzt juristische Kenntnisse voraus, die nur ein verschwin-
dend kleiner Theil der Personen, welche darüber Auskunft geben sollen, oder
der Zähler, welche diese Auskunft fordern, besitzt. Die mit der Controle der
Zählung beauftragten Behörden sind aber nur in sehr seltenen Fällen im
Stande, die Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Angabe in den Zählkarten zu
prüfen. Uebrigens legt die Regierung selbst auf die juristisch richtige Beant-
wortung dieser Frage offenbar kein Gewicht, denn in der Instruktion für
die Zähler, welche der Oberpräsident für die Volkszählung in Elsaß-Lothringen
am 26. Sept. 1875 erlassen hat, ist im §. 8 angeordnet, daß alle Landes-
beamten
als Elsaß-Lothringer einzutragen sind, während es doch
unzweifelhaft ist, daß der Angehörige eines Deutschen Staates durch seine An-
stellung in der elsaß-lothringischen Landesverwaltung keine Aenderung seiner
Staatsangehörigkeit erfährt.

§. 55. Der Landesfiskus von Elſaß-Lothringen.
das Averſum für die Brauſteuer; den Bundespflichten entſprechend
entrichtet ſie an die Reichskaſſe die Matrikularbeiträge.

V. Endlich kömmt in finanzieller Hinſicht auch die Ange-
hörigkeit
zu Elſaß-Lothringen in Betracht und zwar in doppelter
Hinſicht.

1) Gewiſſe Laſten und Rechte werden nach dem Verhältniß
der Bevölkerung auf die einzelnen Bundesglieder vertheilt;
die Bevölkerung des Reichslandes iſt demnach maßgebend für die
Höhe der Matrikularbeiträge und des Bierſteuer-Averſums und
ebenſo für die Höhe des auf Elſaß-Lothringen entfallenden Betrages
an Reichs-Kaſſenſcheinen. Seitdem die Vertheilung der Matri-
kularbeiträge nicht mehr nach der ortsanweſenden ſtaatsangehörigen
Bevölkerung, ſondern nach der faktiſchen Bevölkerung erfolgt 1),
bedeutet die Angehörigkeit zu Elſaß-Lothringen in dieſer Hinſicht
nicht ein ſtaatsrechtliches Verhältniß, ſondern lediglich die That-
ſache des Aufenthalts im Reichsland 2).

2) Das Geſetz über den Unterſtützungswohnſitz iſt im Reichs-
lande nicht eingeführt worden; vielmehr iſt der im §. 7 des Frei-
zügigkeits-Geſetzes in Bezug genommene Gotha’er Vertrag vom
15. Juli 1851, als Beilage zu dem Einführungsgeſ. v. 8. Januar
1873 im Geſetzbl. f. Elſ.-Lothr. 1873 S. 5 verkündet worden.
Im Verhältniß zwiſchen Elſaß-Lothringen einerſeits und Bayern

1) Vgl. Bundes raths-Protokoll 1874 §. 179.
2) Bei den Volkszählungen wird allerdings auch die ſtaatsangehörige Be-
völkerung gezählt und auch für Elſaß-Lothringen iſt bei der Volkszählung am
1. Dez. 1875 dieſe Ermittelung vorgenommen worden. Dieſelbe iſt aber völlig
unzuverläſſig und werthlos. Denn die Beantwortung der Frage, welchem
Staate man angehört, ſetzt juriſtiſche Kenntniſſe voraus, die nur ein verſchwin-
dend kleiner Theil der Perſonen, welche darüber Auskunft geben ſollen, oder
der Zähler, welche dieſe Auskunft fordern, beſitzt. Die mit der Controle der
Zählung beauftragten Behörden ſind aber nur in ſehr ſeltenen Fällen im
Stande, die Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Angabe in den Zählkarten zu
prüfen. Uebrigens legt die Regierung ſelbſt auf die juriſtiſch richtige Beant-
wortung dieſer Frage offenbar kein Gewicht, denn in der Inſtruktion für
die Zähler, welche der Oberpräſident für die Volkszählung in Elſaß-Lothringen
am 26. Sept. 1875 erlaſſen hat, iſt im §. 8 angeordnet, daß alle Landes-
beamten
als Elſaß-Lothringer einzutragen ſind, während es doch
unzweifelhaft iſt, daß der Angehörige eines Deutſchen Staates durch ſeine An-
ſtellung in der elſaß-lothringiſchen Landesverwaltung keine Aenderung ſeiner
Staatsangehörigkeit erfährt.
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[610/0630] §. 55. Der Landesfiskus von Elſaß-Lothringen. das Averſum für die Brauſteuer; den Bundespflichten entſprechend entrichtet ſie an die Reichskaſſe die Matrikularbeiträge. V. Endlich kömmt in finanzieller Hinſicht auch die Ange- hörigkeit zu Elſaß-Lothringen in Betracht und zwar in doppelter Hinſicht. 1) Gewiſſe Laſten und Rechte werden nach dem Verhältniß der Bevölkerung auf die einzelnen Bundesglieder vertheilt; die Bevölkerung des Reichslandes iſt demnach maßgebend für die Höhe der Matrikularbeiträge und des Bierſteuer-Averſums und ebenſo für die Höhe des auf Elſaß-Lothringen entfallenden Betrages an Reichs-Kaſſenſcheinen. Seitdem die Vertheilung der Matri- kularbeiträge nicht mehr nach der ortsanweſenden ſtaatsangehörigen Bevölkerung, ſondern nach der faktiſchen Bevölkerung erfolgt 1), bedeutet die Angehörigkeit zu Elſaß-Lothringen in dieſer Hinſicht nicht ein ſtaatsrechtliches Verhältniß, ſondern lediglich die That- ſache des Aufenthalts im Reichsland 2). 2) Das Geſetz über den Unterſtützungswohnſitz iſt im Reichs- lande nicht eingeführt worden; vielmehr iſt der im §. 7 des Frei- zügigkeits-Geſetzes in Bezug genommene Gotha’er Vertrag vom 15. Juli 1851, als Beilage zu dem Einführungsgeſ. v. 8. Januar 1873 im Geſetzbl. f. Elſ.-Lothr. 1873 S. 5 verkündet worden. Im Verhältniß zwiſchen Elſaß-Lothringen einerſeits und Bayern 1) Vgl. Bundes raths-Protokoll 1874 §. 179. 2) Bei den Volkszählungen wird allerdings auch die ſtaatsangehörige Be- völkerung gezählt und auch für Elſaß-Lothringen iſt bei der Volkszählung am 1. Dez. 1875 dieſe Ermittelung vorgenommen worden. Dieſelbe iſt aber völlig unzuverläſſig und werthlos. Denn die Beantwortung der Frage, welchem Staate man angehört, ſetzt juriſtiſche Kenntniſſe voraus, die nur ein verſchwin- dend kleiner Theil der Perſonen, welche darüber Auskunft geben ſollen, oder der Zähler, welche dieſe Auskunft fordern, beſitzt. Die mit der Controle der Zählung beauftragten Behörden ſind aber nur in ſehr ſeltenen Fällen im Stande, die Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Angabe in den Zählkarten zu prüfen. Uebrigens legt die Regierung ſelbſt auf die juriſtiſch richtige Beant- wortung dieſer Frage offenbar kein Gewicht, denn in der Inſtruktion für die Zähler, welche der Oberpräſident für die Volkszählung in Elſaß-Lothringen am 26. Sept. 1875 erlaſſen hat, iſt im §. 8 angeordnet, daß alle Landes- beamten als Elſaß-Lothringer einzutragen ſind, während es doch unzweifelhaft iſt, daß der Angehörige eines Deutſchen Staates durch ſeine An- ſtellung in der elſaß-lothringiſchen Landesverwaltung keine Aenderung ſeiner Staatsangehörigkeit erfährt.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 610. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/630>, abgerufen am 24.11.2024.