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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877.

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§. 68. Die Formen der Verwaltung.
hier beschränken sich die Gesetze meistens auf allgemeine und weit-
reichende Ermächtigungen, so daß im einzelnen Falle nach Zweck-
mäßigkeits-Rücksichten zu befinden ist, ob und in welcher Art von
der gesetzlichen Befugniß Gebrauch gemacht werden soll.

b) Die Form der Verfügung. Die Verfügung ist eine
obrigkeitliche Willenserklärung, welche einen Befehl enthält. Dar-
aus ergiebt sich ein dreifaches Erforderniß. Sie muß von dem-
jenigen ausgehen, dem die Befugniß zusteht, Namens des Staates
zu befehlen; sie muß ferner in deutlich erkennbarer und zuver-
lässiger Weise enthalten, was der Inhalt des Befehles ist; sie
muß endlich demjenigen, dem der Befehl ertheilt wird, gehörig
bekannt gemacht werden.

a) Die Verfügung muß von demjenigen erlassen werden,
welcher dazu befugt ist; d. h. sie ist nur dann rechtsverbindlich,
wenn sie von einer Behörde innerhalb ihrer gesetzlichen Kompetenz
ergangen ist. Die Kompetenz der Behörden aber ist sowohl räum-
lich als sachlich begränzt und überdies nach der Rangordnung der
Behörden abgestuft. Nur in dem hierdurch bestimmten Umfange
ist jede Behörde mit dem obrigkeitlichen imperium ausgestattet.
Jede Verfügung, welche eine Behörde mit Ueberschreitung der ihr
zustehenden Kompetenz erläßt, entbehrt des Grundes, auf welchem
ihre Rechtswirkung beruht, nämlich der mit einem gewissen Amte
verbundenen Staatsgewalt. Es kann in dem Erlaß einer solchen
Verfügung möglicherweise der Thatbestand eines Amtsdelictes ge-
geben sein; in keinem Falle aber hat der von einer inkompetenten
Behörde ertheilte Befehl verbindliche Kraft und deshalb kann
auch die Nichtbefolgung desselben keine Rechtsnachtheile begründen.

b) Die Verfügung muß, wie jede Willenserklärung in deut-
licher und zuverlässiger Weise erkennbar machen, worauf der Wille,
also in diesem Falle der obrigkeitliche Befehl, gerichtet ist. An
sich ist jedes Mittel der Erklärung zulässig, nicht blos die Schrift.
Mündliche Verfügungen sind durchaus nicht selten; der Polizei-
beamte, welcher eine Versammlung auflöst, welcher einem Händler
einen bestimmten Platz am Markte anweist, welcher einen Haus-
besitzer zur Reinigung des Straßenpflasters auffordert u. s. w.,
ertheilt diese Befehle mündlich. Ebenso der Zollbeamte, welcher
dem Reisenden die Oeffnung seiner Koffer oder die Bezahlung
eines gewissen Zollbetrages anbefiehlt. Selbst durch Zeichen kann

§. 68. Die Formen der Verwaltung.
hier beſchränken ſich die Geſetze meiſtens auf allgemeine und weit-
reichende Ermächtigungen, ſo daß im einzelnen Falle nach Zweck-
mäßigkeits-Rückſichten zu befinden iſt, ob und in welcher Art von
der geſetzlichen Befugniß Gebrauch gemacht werden ſoll.

b) Die Form der Verfügung. Die Verfügung iſt eine
obrigkeitliche Willenserklärung, welche einen Befehl enthält. Dar-
aus ergiebt ſich ein dreifaches Erforderniß. Sie muß von dem-
jenigen ausgehen, dem die Befugniß zuſteht, Namens des Staates
zu befehlen; ſie muß ferner in deutlich erkennbarer und zuver-
läſſiger Weiſe enthalten, was der Inhalt des Befehles iſt; ſie
muß endlich demjenigen, dem der Befehl ertheilt wird, gehörig
bekannt gemacht werden.

α) Die Verfügung muß von demjenigen erlaſſen werden,
welcher dazu befugt iſt; d. h. ſie iſt nur dann rechtsverbindlich,
wenn ſie von einer Behörde innerhalb ihrer geſetzlichen Kompetenz
ergangen iſt. Die Kompetenz der Behörden aber iſt ſowohl räum-
lich als ſachlich begränzt und überdies nach der Rangordnung der
Behörden abgeſtuft. Nur in dem hierdurch beſtimmten Umfange
iſt jede Behörde mit dem obrigkeitlichen imperium ausgeſtattet.
Jede Verfügung, welche eine Behörde mit Ueberſchreitung der ihr
zuſtehenden Kompetenz erläßt, entbehrt des Grundes, auf welchem
ihre Rechtswirkung beruht, nämlich der mit einem gewiſſen Amte
verbundenen Staatsgewalt. Es kann in dem Erlaß einer ſolchen
Verfügung möglicherweiſe der Thatbeſtand eines Amtsdelictes ge-
geben ſein; in keinem Falle aber hat der von einer inkompetenten
Behörde ertheilte Befehl verbindliche Kraft und deshalb kann
auch die Nichtbefolgung deſſelben keine Rechtsnachtheile begründen.

β) Die Verfügung muß, wie jede Willenserklärung in deut-
licher und zuverläſſiger Weiſe erkennbar machen, worauf der Wille,
alſo in dieſem Falle der obrigkeitliche Befehl, gerichtet iſt. An
ſich iſt jedes Mittel der Erklärung zuläſſig, nicht blos die Schrift.
Mündliche Verfügungen ſind durchaus nicht ſelten; der Polizei-
beamte, welcher eine Verſammlung auflöſt, welcher einem Händler
einen beſtimmten Platz am Markte anweiſt, welcher einen Haus-
beſitzer zur Reinigung des Straßenpflaſters auffordert u. ſ. w.,
ertheilt dieſe Befehle mündlich. Ebenſo der Zollbeamte, welcher
dem Reiſenden die Oeffnung ſeiner Koffer oder die Bezahlung
eines gewiſſen Zollbetrages anbefiehlt. Selbſt durch Zeichen kann

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[220/0234] §. 68. Die Formen der Verwaltung. hier beſchränken ſich die Geſetze meiſtens auf allgemeine und weit- reichende Ermächtigungen, ſo daß im einzelnen Falle nach Zweck- mäßigkeits-Rückſichten zu befinden iſt, ob und in welcher Art von der geſetzlichen Befugniß Gebrauch gemacht werden ſoll. b) Die Form der Verfügung. Die Verfügung iſt eine obrigkeitliche Willenserklärung, welche einen Befehl enthält. Dar- aus ergiebt ſich ein dreifaches Erforderniß. Sie muß von dem- jenigen ausgehen, dem die Befugniß zuſteht, Namens des Staates zu befehlen; ſie muß ferner in deutlich erkennbarer und zuver- läſſiger Weiſe enthalten, was der Inhalt des Befehles iſt; ſie muß endlich demjenigen, dem der Befehl ertheilt wird, gehörig bekannt gemacht werden. α) Die Verfügung muß von demjenigen erlaſſen werden, welcher dazu befugt iſt; d. h. ſie iſt nur dann rechtsverbindlich, wenn ſie von einer Behörde innerhalb ihrer geſetzlichen Kompetenz ergangen iſt. Die Kompetenz der Behörden aber iſt ſowohl räum- lich als ſachlich begränzt und überdies nach der Rangordnung der Behörden abgeſtuft. Nur in dem hierdurch beſtimmten Umfange iſt jede Behörde mit dem obrigkeitlichen imperium ausgeſtattet. Jede Verfügung, welche eine Behörde mit Ueberſchreitung der ihr zuſtehenden Kompetenz erläßt, entbehrt des Grundes, auf welchem ihre Rechtswirkung beruht, nämlich der mit einem gewiſſen Amte verbundenen Staatsgewalt. Es kann in dem Erlaß einer ſolchen Verfügung möglicherweiſe der Thatbeſtand eines Amtsdelictes ge- geben ſein; in keinem Falle aber hat der von einer inkompetenten Behörde ertheilte Befehl verbindliche Kraft und deshalb kann auch die Nichtbefolgung deſſelben keine Rechtsnachtheile begründen. β) Die Verfügung muß, wie jede Willenserklärung in deut- licher und zuverläſſiger Weiſe erkennbar machen, worauf der Wille, alſo in dieſem Falle der obrigkeitliche Befehl, gerichtet iſt. An ſich iſt jedes Mittel der Erklärung zuläſſig, nicht blos die Schrift. Mündliche Verfügungen ſind durchaus nicht ſelten; der Polizei- beamte, welcher eine Verſammlung auflöſt, welcher einem Händler einen beſtimmten Platz am Markte anweiſt, welcher einen Haus- beſitzer zur Reinigung des Straßenpflaſters auffordert u. ſ. w., ertheilt dieſe Befehle mündlich. Ebenſo der Zollbeamte, welcher dem Reiſenden die Oeffnung ſeiner Koffer oder die Bezahlung eines gewiſſen Zollbetrages anbefiehlt. Selbſt durch Zeichen kann

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht02_1878/234>, abgerufen am 27.11.2024.