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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877.

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§. 68. Die Formen der Verwaltung.
ein obrigkeitlicher Befehl gültig ertheilt werden, wofern dieselben
allgemein verständlich sind; so kann z. B. die Sperrung einer
Straße, also das polizeiliche Verbot, sie zu passiren, durch eine
Barriere oder durch eine mit einem Strohwisch versehene Stange
u. dergl. erklärt werden.

Der Regel nach aber erfolgt der obrigkeitliche Befehl schrift-
lich und der gemeine Sprachgebrauch bezeichnet die in dieser Form
ertheilten Befehle vorzugsweise als Verfügungen. Die urkund-
liche Form der Verfügungen ist in der überwiegenden Mehrzahl
der Fälle nicht gesetzlich näher bestimmt, sondern richtet sich nach
dem Geschäftsgebrauch der Behörden, welcher für die häu-
figer vorkommenden Fälle Formulare ausgebildet hat. Im Allge-
meinen ist zu einer urkundlichen Verfügung die Unterschrift der
Behörde oder des sie vertretenden Beamten erforderlich; dagegen
ist die Beidrückung des Amtssiegels weder nothwendig noch üblich.

g) Die Verfügung muß demjenigen, der sie befolgen soll, be-
kannt gemacht werden. Die Bekanntmachung geschieht der Regel
nach durch Behändigung (Insinuation oder Intimation). Die Lehre
von der Behändigung ist rechtlich besonders ausgebildet hinsichtlich
der gerichtlichen Verfügungen, namentlich der Vorladungen. Die
gesetzliche Regelung ist für diese Art obrigkeitlicher Verfügungen
wegen der Contumazial-Folgen, welche die Nichtbefolgung der ge-
richtlichen Ladung nach sich ziehen kann, geboten. Die Vorschriften
über die Behändigung gerichtlicher Verfügungen sind aber nicht
durch den Inhalt des gerichtlichen Befehles bedingt, sondern sie
normiren die Voraussetzungen, unter denen angenommen werden
kann, daß die gerichtliche Verfügung zur Kenntniß des Adressaten
gelangt ist.

Sie sind deshalb analog auf alle Verfügungen anwendbar.
Es gilt dies insbesondere hinsichtlich der Frage, welchen Personen
in Vertretung des Adressaten eine Verfügung behändigt werden
kann, über die Insinuation von Verfügungen, welche an juristische
Personen, Vereine, Gesellschaften u. s. w. gerichtet sind.

Ist die Verfügung nicht an individuell bestimmte Personen,
sondern an eine Mehrheit von Personen oder an unbekannte Per-
sonen gerichtet, so tritt an die Stelle der Behändigung die öffent-
liche Bekanntmachung durch Amtsblätter, Zeitungen, Mauer-An-
schläge u. dgl. Eine solche Bekanntmachung hat begrifflich keiner-

§. 68. Die Formen der Verwaltung.
ein obrigkeitlicher Befehl gültig ertheilt werden, wofern dieſelben
allgemein verſtändlich ſind; ſo kann z. B. die Sperrung einer
Straße, alſo das polizeiliche Verbot, ſie zu paſſiren, durch eine
Barrière oder durch eine mit einem Strohwiſch verſehene Stange
u. dergl. erklärt werden.

Der Regel nach aber erfolgt der obrigkeitliche Befehl ſchrift-
lich und der gemeine Sprachgebrauch bezeichnet die in dieſer Form
ertheilten Befehle vorzugsweiſe als Verfügungen. Die urkund-
liche Form der Verfügungen iſt in der überwiegenden Mehrzahl
der Fälle nicht geſetzlich näher beſtimmt, ſondern richtet ſich nach
dem Geſchäftsgebrauch der Behörden, welcher für die häu-
figer vorkommenden Fälle Formulare ausgebildet hat. Im Allge-
meinen iſt zu einer urkundlichen Verfügung die Unterſchrift der
Behörde oder des ſie vertretenden Beamten erforderlich; dagegen
iſt die Beidrückung des Amtsſiegels weder nothwendig noch üblich.

γ) Die Verfügung muß demjenigen, der ſie befolgen ſoll, be-
kannt gemacht werden. Die Bekanntmachung geſchieht der Regel
nach durch Behändigung (Inſinuation oder Intimation). Die Lehre
von der Behändigung iſt rechtlich beſonders ausgebildet hinſichtlich
der gerichtlichen Verfügungen, namentlich der Vorladungen. Die
geſetzliche Regelung iſt für dieſe Art obrigkeitlicher Verfügungen
wegen der Contumazial-Folgen, welche die Nichtbefolgung der ge-
richtlichen Ladung nach ſich ziehen kann, geboten. Die Vorſchriften
über die Behändigung gerichtlicher Verfügungen ſind aber nicht
durch den Inhalt des gerichtlichen Befehles bedingt, ſondern ſie
normiren die Vorausſetzungen, unter denen angenommen werden
kann, daß die gerichtliche Verfügung zur Kenntniß des Adreſſaten
gelangt iſt.

Sie ſind deshalb analog auf alle Verfügungen anwendbar.
Es gilt dies insbeſondere hinſichtlich der Frage, welchen Perſonen
in Vertretung des Adreſſaten eine Verfügung behändigt werden
kann, über die Inſinuation von Verfügungen, welche an juriſtiſche
Perſonen, Vereine, Geſellſchaften u. ſ. w. gerichtet ſind.

Iſt die Verfügung nicht an individuell beſtimmte Perſonen,
ſondern an eine Mehrheit von Perſonen oder an unbekannte Per-
ſonen gerichtet, ſo tritt an die Stelle der Behändigung die öffent-
liche Bekanntmachung durch Amtsblätter, Zeitungen, Mauer-An-
ſchläge u. dgl. Eine ſolche Bekanntmachung hat begrifflich keiner-

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[221/0235] §. 68. Die Formen der Verwaltung. ein obrigkeitlicher Befehl gültig ertheilt werden, wofern dieſelben allgemein verſtändlich ſind; ſo kann z. B. die Sperrung einer Straße, alſo das polizeiliche Verbot, ſie zu paſſiren, durch eine Barrière oder durch eine mit einem Strohwiſch verſehene Stange u. dergl. erklärt werden. Der Regel nach aber erfolgt der obrigkeitliche Befehl ſchrift- lich und der gemeine Sprachgebrauch bezeichnet die in dieſer Form ertheilten Befehle vorzugsweiſe als Verfügungen. Die urkund- liche Form der Verfügungen iſt in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle nicht geſetzlich näher beſtimmt, ſondern richtet ſich nach dem Geſchäftsgebrauch der Behörden, welcher für die häu- figer vorkommenden Fälle Formulare ausgebildet hat. Im Allge- meinen iſt zu einer urkundlichen Verfügung die Unterſchrift der Behörde oder des ſie vertretenden Beamten erforderlich; dagegen iſt die Beidrückung des Amtsſiegels weder nothwendig noch üblich. γ) Die Verfügung muß demjenigen, der ſie befolgen ſoll, be- kannt gemacht werden. Die Bekanntmachung geſchieht der Regel nach durch Behändigung (Inſinuation oder Intimation). Die Lehre von der Behändigung iſt rechtlich beſonders ausgebildet hinſichtlich der gerichtlichen Verfügungen, namentlich der Vorladungen. Die geſetzliche Regelung iſt für dieſe Art obrigkeitlicher Verfügungen wegen der Contumazial-Folgen, welche die Nichtbefolgung der ge- richtlichen Ladung nach ſich ziehen kann, geboten. Die Vorſchriften über die Behändigung gerichtlicher Verfügungen ſind aber nicht durch den Inhalt des gerichtlichen Befehles bedingt, ſondern ſie normiren die Vorausſetzungen, unter denen angenommen werden kann, daß die gerichtliche Verfügung zur Kenntniß des Adreſſaten gelangt iſt. Sie ſind deshalb analog auf alle Verfügungen anwendbar. Es gilt dies insbeſondere hinſichtlich der Frage, welchen Perſonen in Vertretung des Adreſſaten eine Verfügung behändigt werden kann, über die Inſinuation von Verfügungen, welche an juriſtiſche Perſonen, Vereine, Geſellſchaften u. ſ. w. gerichtet ſind. Iſt die Verfügung nicht an individuell beſtimmte Perſonen, ſondern an eine Mehrheit von Perſonen oder an unbekannte Per- ſonen gerichtet, ſo tritt an die Stelle der Behändigung die öffent- liche Bekanntmachung durch Amtsblätter, Zeitungen, Mauer-An- ſchläge u. dgl. Eine ſolche Bekanntmachung hat begrifflich keiner-

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht02_1878/235>, abgerufen am 23.11.2024.