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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877.

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§. 71. Die Verwaltung der Post und Telegraphie.
des Transportes entstanden ist. Die über diese Verpflichtung im
H.-G.-B. Art. 395--399 aufgestellten Rechtsregeln sind jedoch durch
Abschnitt II. des Postgesetzes v. 28. Oktober 1871 beseitigt und
durch ein Spezialrecht ersetzt worden 1). Die Ersatzpflicht der Post
ist theils ganz ausgeschlossen, theils ihrem Umfange nach sehr be-
schränkt, theils an andere Voraussetzungen geknüpft.

a) Die Haftpflicht der Postanstalt ist ganz ausgeschlossen für
alle Gegenstände, für welche sie im Gesetz nicht ausdrücklich aner-
kannt ist, so daß formell die Haftung die Ausnahme, die Befreiung
von der Haftpflicht die Regel ist 2). Insbesondere ist die Post be-
freit von jeder Schadensersatzleistung im Falle eines Verlustes,
einer Beschädigung oder verzögerten Beförderung oder Bestellung
von gewöhnlichen Briefen, Postkarten, Kreuzband-, Muster- und
Proben-Sendungen, Zeitungen u. s. w. 3).

b) Für eine rekommandirte Sendung, der eine zur Beför-
derung durch Estafette eingelieferte Sendung gleichsteht, wird dem Ab-
sender im Falle des Verlustes ohne Rücksicht auf den Werth der Sen-
dung ein Ersatz von 42 Mark gezahlt 4). Im Falle der Beschädigung
oder Verzögerung ist die Postanstalt von jeder Ersatzleistung frei 5).

c) Für Packete ohne Werthangabe vergütet die Post-
verwaltung im Falle eines Verlustes oder einer Beschädigung den
wirklich erlittenen Schaden, jedoch nur unter der Beschränkung, daß
sie niemals mehr als drei Mark für jedes Pfund (500 Gramm)
der ganzen Sendung bezahlt 6).


1) Der Abschnitt II. führt die nicht passende Ueberschrift "Garantie". Es
handelt sich hier nicht um eine Gewährleistung, sondern um Erfüllung resp.
um Schadensersatz für Nichterfüllung oder nicht ordnungsmäßige Erfüllung
des Vertrages. Besser wäre die Ueberschrift "Haftpflicht".
2) Postges. §. 12.
3) Postges. §. 6 Abs. 5.
4) Postges. §. 10.
5) Vrgl. Dambach S. 41.
6) Postges. §. 9. Ist die Sendung theilweise verloren oder beschädigt, so
berechnet sich die Maximalgrenze der Entschädigung nach dem Gesammtgewicht
des ganzen Packets. Dambach S. 39 Note 3. Packete von weniger als
einem Pfund und überschießende Pfundtheile des Gewichts werden für ein
Pfund gerechnet. Postges. §. 9 a. E. Für Packete ohne Werthangabe, die
recommandirt sind, beträgt die Entschädigung gemäß §. 10 des Postges. min-
destens
42 Mark, während die Maximalgränze sich nach §. 9 berechnet.
Dambach S. 42.

§. 71. Die Verwaltung der Poſt und Telegraphie.
des Transportes entſtanden iſt. Die über dieſe Verpflichtung im
H.-G.-B. Art. 395—399 aufgeſtellten Rechtsregeln ſind jedoch durch
Abſchnitt II. des Poſtgeſetzes v. 28. Oktober 1871 beſeitigt und
durch ein Spezialrecht erſetzt worden 1). Die Erſatzpflicht der Poſt
iſt theils ganz ausgeſchloſſen, theils ihrem Umfange nach ſehr be-
ſchränkt, theils an andere Vorausſetzungen geknüpft.

a) Die Haftpflicht der Poſtanſtalt iſt ganz ausgeſchloſſen für
alle Gegenſtände, für welche ſie im Geſetz nicht ausdrücklich aner-
kannt iſt, ſo daß formell die Haftung die Ausnahme, die Befreiung
von der Haftpflicht die Regel iſt 2). Insbeſondere iſt die Poſt be-
freit von jeder Schadenserſatzleiſtung im Falle eines Verluſtes,
einer Beſchädigung oder verzögerten Beförderung oder Beſtellung
von gewöhnlichen Briefen, Poſtkarten, Kreuzband-, Muſter- und
Proben-Sendungen, Zeitungen u. ſ. w. 3).

b) Für eine rekommandirte Sendung, der eine zur Beför-
derung durch Eſtafette eingelieferte Sendung gleichſteht, wird dem Ab-
ſender im Falle des Verluſtes ohne Rückſicht auf den Werth der Sen-
dung ein Erſatz von 42 Mark gezahlt 4). Im Falle der Beſchädigung
oder Verzögerung iſt die Poſtanſtalt von jeder Erſatzleiſtung frei 5).

c) Für Packete ohne Werthangabe vergütet die Poſt-
verwaltung im Falle eines Verluſtes oder einer Beſchädigung den
wirklich erlittenen Schaden, jedoch nur unter der Beſchränkung, daß
ſie niemals mehr als drei Mark für jedes Pfund (500 Gramm)
der ganzen Sendung bezahlt 6).


1) Der Abſchnitt II. führt die nicht paſſende Ueberſchrift „Garantie“. Es
handelt ſich hier nicht um eine Gewährleiſtung, ſondern um Erfüllung reſp.
um Schadenserſatz für Nichterfüllung oder nicht ordnungsmäßige Erfüllung
des Vertrages. Beſſer wäre die Ueberſchrift „Haftpflicht“.
2) Poſtgeſ. §. 12.
3) Poſtgeſ. §. 6 Abſ. 5.
4) Poſtgeſ. §. 10.
5) Vrgl. Dambach S. 41.
6) Poſtgeſ. §. 9. Iſt die Sendung theilweiſe verloren oder beſchädigt, ſo
berechnet ſich die Maximalgrenze der Entſchädigung nach dem Geſammtgewicht
des ganzen Packets. Dambach S. 39 Note 3. Packete von weniger als
einem Pfund und überſchießende Pfundtheile des Gewichts werden für ein
Pfund gerechnet. Poſtgeſ. §. 9 a. E. Für Packete ohne Werthangabe, die
recommandirt ſind, beträgt die Entſchädigung gemäß §. 10 des Poſtgeſ. min-
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42 Mark, während die Maximalgränze ſich nach §. 9 berechnet.
Dambach S. 42.
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[334/0348] §. 71. Die Verwaltung der Poſt und Telegraphie. des Transportes entſtanden iſt. Die über dieſe Verpflichtung im H.-G.-B. Art. 395—399 aufgeſtellten Rechtsregeln ſind jedoch durch Abſchnitt II. des Poſtgeſetzes v. 28. Oktober 1871 beſeitigt und durch ein Spezialrecht erſetzt worden 1). Die Erſatzpflicht der Poſt iſt theils ganz ausgeſchloſſen, theils ihrem Umfange nach ſehr be- ſchränkt, theils an andere Vorausſetzungen geknüpft. a) Die Haftpflicht der Poſtanſtalt iſt ganz ausgeſchloſſen für alle Gegenſtände, für welche ſie im Geſetz nicht ausdrücklich aner- kannt iſt, ſo daß formell die Haftung die Ausnahme, die Befreiung von der Haftpflicht die Regel iſt 2). Insbeſondere iſt die Poſt be- freit von jeder Schadenserſatzleiſtung im Falle eines Verluſtes, einer Beſchädigung oder verzögerten Beförderung oder Beſtellung von gewöhnlichen Briefen, Poſtkarten, Kreuzband-, Muſter- und Proben-Sendungen, Zeitungen u. ſ. w. 3). b) Für eine rekommandirte Sendung, der eine zur Beför- derung durch Eſtafette eingelieferte Sendung gleichſteht, wird dem Ab- ſender im Falle des Verluſtes ohne Rückſicht auf den Werth der Sen- dung ein Erſatz von 42 Mark gezahlt 4). Im Falle der Beſchädigung oder Verzögerung iſt die Poſtanſtalt von jeder Erſatzleiſtung frei 5). c) Für Packete ohne Werthangabe vergütet die Poſt- verwaltung im Falle eines Verluſtes oder einer Beſchädigung den wirklich erlittenen Schaden, jedoch nur unter der Beſchränkung, daß ſie niemals mehr als drei Mark für jedes Pfund (500 Gramm) der ganzen Sendung bezahlt 6). 1) Der Abſchnitt II. führt die nicht paſſende Ueberſchrift „Garantie“. Es handelt ſich hier nicht um eine Gewährleiſtung, ſondern um Erfüllung reſp. um Schadenserſatz für Nichterfüllung oder nicht ordnungsmäßige Erfüllung des Vertrages. Beſſer wäre die Ueberſchrift „Haftpflicht“. 2) Poſtgeſ. §. 12. 3) Poſtgeſ. §. 6 Abſ. 5. 4) Poſtgeſ. §. 10. 5) Vrgl. Dambach S. 41. 6) Poſtgeſ. §. 9. Iſt die Sendung theilweiſe verloren oder beſchädigt, ſo berechnet ſich die Maximalgrenze der Entſchädigung nach dem Geſammtgewicht des ganzen Packets. Dambach S. 39 Note 3. Packete von weniger als einem Pfund und überſchießende Pfundtheile des Gewichts werden für ein Pfund gerechnet. Poſtgeſ. §. 9 a. E. Für Packete ohne Werthangabe, die recommandirt ſind, beträgt die Entſchädigung gemäß §. 10 des Poſtgeſ. min- deſtens 42 Mark, während die Maximalgränze ſich nach §. 9 berechnet. Dambach S. 42.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht02_1878/348>, abgerufen am 23.11.2024.